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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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ihn merkwürdig ein. Sein Herz schlug noch, aber es war weit, weit weg. Sam war dankbar, dass er jetzt doch noch vor Angst starb, bevor der Mann ihn umbringen konnte. In seinen Beinen war plötzlich gar keine Kraft mehr und er sank in sich zusammen. Anscheinend merkte der Mann, dass Sam starb, denn er schoss nicht auf ihn, sondern legte ihn auf den Boden. Sam spürte den Teppich unter sich, den er vor nicht langer Zeit gesaugt hatte. Sehen konnte er nichts. Der schwarze Mann berührte ihn an der Schulter und Sam blieb ganz still liegen, wie ein Wildtier, das vor Angst gelähmt ist. Er wagte kaum, zu atmen. Vielleicht würde der Mann nicht auf ihn schießen, wenn er glaubte, dass Sam schon tot war.
    Dann hörte er den Mann sprechen. Sam hörte Georges Namen. Er berührte ihn wieder. Aber er tat ihm nicht weh. Er strich ihm über den Kopf und seine Stimme klang beruhigend. Das konnte ein Trick sein und Sam blieb reglos liegen.
    „Sam“, sagte der Mann. Sam wunderte sich nicht, dass er ihn kannte, denn der schwarze Mann kannte alle Geheimnisse. Man konnte sich nicht verstecken. Sam wünschte sich, in einer Höhle unter Wasser zu sein. Dort war es dunkel und friedlich. Wenn Sam aus dem Höhlenausgang sah, war das Meer tiefblau und passte auf ihn auf.
    „George wird gleich hier sein“, sagte der schwarze Mann. „Ich bin Jack, ein Freund von George, Sam. Ein Freund.“
    Sam öffnete vorsichtig die Augen ein wenig. Der Mann kniete vor ihm auf dem Boden. Sein Hemd war gar nicht schwarz, sondern dunkelblau. Fast wie das Meer, wenn er aus seiner Höhle sah.
    „Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe. Ich dachte, du wärest ein Einbrecher, weil du so schnell weggelaufen bist“, sagte der Mann. „Ich habe George angerufen. Er hat gesagt, er kommt sofort nach Hause.“
    Sam sagte nichts und regte sich auch nicht. Er war sich nicht sicher, ob die Gefahr wirklich vorbei war.
    „Warum hast du solche Angst vor mir?“, fragte der Mann mit dem dunkelblauen Hemd, das vorher noch schwarz ausgesehen hatte.
    Sam zitterte und sirrte leise. Der Mann runzelte die Stirn. Sam zitterte wieder und spürte einen wohlbekannten Schmerz in seinen Beinen. Er verwandelte sich zurück. In seiner Angst war er nicht mehr fähig, seine Beine zu erhalten. Aber der schwarzdunkelblaue Mann kannte ja alle Geheimnisse schon, also war es egal.
     
    Draußen fuhr ein Wagen mit quietschenden Reifen in die Auffahrt. Man hörte das Schlagen einer Autotür. Kurz darauf betrat George Laines Zimmer.
    Er ging zu Sam, ließ sich neben ihm nieder und hob ihn vom Boden hoch in seine Arme.
    „Schon gut, jetzt bin ich da, Sam. Alles ist gut.“
    Sam fühlte, dass George ihn im Arm hielt. Sein Kopf ruhte an Georges Brust und er konnte sein Herz hören, das kräftig schlug. Das war unendlich beruhigend. Sam war so dankbar, wie fast noch nie in seinem Leben. George würde verhindern, dass der Mann ihn tötete.
    „Es tut mir wahnsinnig leid, George“, sagte der schwarzdunkelblaue Mann. „Ich dachte, du bist zu Hause. Ich wollte dir nur die Akten vorbeibringen.“
    „Konntest du ja nicht wissen“, sagte George. „Ich musste für ein paar Stunden ins Büro. Sonst wäre ich auch hier gewesen.“
    „Ich glaube, ich hab ihn zu Tode erschreckt. Er hat sich vor mir unter dem Bett versteckt. Ich dachte, er ist bei dir eingebrochen, weil er gerannt ist, als wäre der Teufel hinter ihm her. Wo hast du ihn her, wer ist er? Ist er ein Fall?“
    „So was Ähnliches“, sagte George. „Bisher weiß nur Jerry über ihn Bescheid.“
    Sam zitterte in Georges Armen und sirrte. George wusste, was das bedeutete. Er warf einen Blick auf Sams Füße, die sich bereits silbrig verfärbten.
    Er musste sich jetzt entscheiden. Er konnte versuchen, es zu vertuschen oder seinen Freund einweihen.
    „Was macht der denn für Geräusche? So was hab ich noch nie gehört. Klingt wie ne Mischung aus kleiner Saurier und Rauchschwalbe“, sagte Jack.
    „Jack“, sagte George. „Hast du in deinem Leben schon mal etwas Unglaubliches gesehen?“
    Jack folgte George, der Sam zur Wäschekammer trug.
    „Schwöre mir, als mein Freund, dass du das hier für dich behältst, Jack.“
    „Ich soll schwören?“ Jack zog die Augenbrauen hoch.
    „Wenn du es nicht tust, muss ich dich jetzt bitten, zu gehen“, sagte George.
    „Ich schwöre es. Als dein Freund. Du hast mein Ehrenwort.“
    George stieß die Tür zur Wäschekammer auf und Jack sah das Schwimmbecken. Die Sauerstoffpumpe brummte

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