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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Geräusch der platschenden Füße und Arme. Sam schwamm mit der Kamera in der Hand auf Neill zu und packte ihn an Fuß. Mit einem Ruck zog er ihn unter Wasser und spürte, wie der Junge nach ihm trat, sich wand und kämpfte. Sam schlug mit seiner Schwanzflosse auf ihn ein und schleppte ihn tiefer. Endlich Ruhe. Am Grund angekommen, ließ er den Knöchel los und Neill strampelte und schlug weiter um sich. Sam beobachtete ihn ein paar Sekunden, dann stellte er die Kamera in eine Felsspalte, wo sie nicht sofort von der Strömung erfasst werden konnte. Später konnte er sie sich zurückholen, aber jetzt hatte er Wichtigeres zu tun. Er umkreiste Neill, der die Augen zugekniffen hielt und anscheinend nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Sam erwog, ihn in den Sand zu drücken, damit das Zappeln aufhörte. Der Mensch würde dann sterben und ruhig sein. Neill würde sterben. Wieder das störende Gefühl. Er sirrte unzufrieden. Menschengedanken und Menschenstimmen in seinem Kopf, sie störten ihn, lenkten ab.
    „Du solltest sprechen, in unserer Sprache. Das wird dir helfen, wenn es dich überkommt und du angreifen willst.“
    George. Er würde es nicht verstehen, wenn er Neill in den Sand drückte. Sam fauchte. Er versuchte, den Gedanken zu verdrängen.
    „Nicht fauchen, sprechen. Was gibt es heute zum Abendessen?“
    „Kartoffelsalat“, sagte Sam und es klang unter Wasser gar nicht wie Menschensprache. Aber es fühlte sich so an.
    „Blumenbeet“, sagte Sam unter Wasser und lauschte dem Klang seiner Stimme, die nicht in diese Welt gehörte.
    „Blumenmörder.“
    Neill war der Blumenmörder und er erinnerte sich an das schlimme Gefühl, das ihn beim Anblick der abgeschnittenen Blumen erfasst hatte. Tote Blumen. Bestimmt fand George tote Menschen schlimmer, viel schlimmer. Auch George selbst konnte ertrinken, wenn man ihn in den Sand drückte. Sam sirrte und fühlte Schmerz in seiner Brust aufsteigen. Nein! Wenn es George war, der ertrank, würde er ihn retten. Aber das hier war nur Neill, der Blumenmörder. Neill regte sich kaum noch. Sam wunderte sich ein wenig, dass er nicht nach oben paddelte, wie andere Menschen es taten. Die widersprüchlichen Gefühle in ihm verstärkten sich und immer mehr menschliche Dinge drängten sich in sein Bewusstsein.
    „Lass ihn einfach, George, du kannst ihn nicht erziehen. Er ist ein wildes Ding und fertig.“
    „Gar nicht wahr!“
    Das hatte er selbst gesagt. Er war kein wildes Ding, das man nicht erziehen konnte. Sam berührte sein Sternzeichen, das um seinen Hals hing, und fasste einen Entschluss. Er packte Neill um die Taille und zog ihn der Oberfläche entgegen. Es war besser, Neill erst einmal atmen zu lassen und dann in Ruhe das weitere Vorgehen zu erwägen. Er fauchte. Dieses Hin und Her in seinem Kopf machte ihn ganz verrückt. Leben und Tod. Richtig und Falsch.
    Er dachte daran, wie er liebevoll abwechselnd die Blumen und sich selbst gewässert hatte. Die Blumen brauchten das dringend, um zu leben. Menschen, die man zu lange wässerte, starben. Blumen lebten. Jeder brauchte etwas anderes. Für Menschen war die Luft das Wichtigste. Sam hob Neill über Wasser, aber er fing nicht an zu atmen. Er hing einfach so in Sams Arm. Vielleicht war er ja schon tot? Sam schüttelte ihn probehalber. Keine Reaktion. Er schwamm mit dem reglosen Menschen in seinem Arm zu einem Felsen, der ein wenig aus dem Wasser ragte und drückte ihn dagegen. Wenn Neill doch noch lebte, konnte er sich selbst festhalten. Sam hatte noch andere Dinge zu erledigen. Und dann hustete Neill und Wasser lief aus seinem Mund. Er atmete.
    „Du musst ins Boot zurückgehen. Ich kann das nicht!“
    „Doch, du kannst das. Du hast mich gern, das weiß ich. Du willst mir nichts tun.“
    Ja, er liebte George, mehr als sein eigenes Leben, aber Neill liebte er nicht. Es fiel ihm schwer, ihm trotzdem zu helfen.
    Neill röchelte und seine Lider hoben sich ein wenig. Sam hielt ihn fest. Bestimmt würde er sonst sofort wieder untergehen. Dann fiel ihm ein, dass er sich noch im Praktikum befand. Bestimmt sah George es als seine Aufgabe an, Leben zu retten, egal, ob er die Person gern hatte.
    „Und du kannst Leben retten. Das haben wir heute gesehen.“
    Das hatte George damals wegen Laine gesagt und Sam war sich sicher, dass er sie immer wieder retten würde. Mit Laine war das etwas ganz anderes. Man konnte sie nicht mit einem unfreundlichen, anstrengenden Jungen vergleichen.
    Du bist ganz schön anstrengend. Ich glaube,

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