Unter Sternenjaegern
feuchtkalte Hand und stieß die Tür auf. Die Leere und Dunkelheit war wie eine Wand. Einen Augenblick lang brachte sie nicht die Kraft auf, sie zu durchbrechen. Dann zupfte Hodarzu an ihrer Hand. Er war müde und wollte vertraute Dinge um sich haben. Die beiden gingen in die große Halle. Ihre Schritte hallten unheimlich jagten Schauer über Kitosimes Körper. Sie riß Hodarzu hoch und eilte zur Treppe, bewegte sich schneller und schneller, als die Dunkelheit in sie hineinkroch und alte Schrecknisse aufrührte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie allein. Allein in diesem großen Haus, erbaut, um Dutzende von Familien aufzunehmen. Sie rannte blindlings auf die Stufen zu.
Auf halber Höhe der Treppe stolperte sie und fiel auf die Knie.
Hodarzu schrie, preßte voller Entsetzen sein Gesicht gegen ihre Brust, und sie richtete sich zitternd wieder auf, stand da, hielt sich am Geländer fest, bis die Schwäche aus ihren Knien verschwand und sie zu zittern aufhörte. Hodarzus Jammern verstummte, als sie wieder ein wenig ihre Ruhe zurückgewann, was sie gewaltsam daran erinnerte, daß er FÜHLTE, was sie fühlte. Sie ging weiter.
Vorbei am ersten Stockwerk, dann am zweiten. In den dritten Stock und in das gemütliche Eckzimmer, das sie Kobes Günstlingswirtschaft verdankte.
Sie stieß die Tür auf. Hodarzus kleines Bett mit den hohen Gitterstäbchen war im Mondlicht, das in Streifen durch die Fensterläden fiel, sichtbar. Der Junge schmiegte sich schwer an ihre Hüfte, atmete geräuschvoll in tiefem Schlaf. Er murmelte kurz, als sie ihn in das Bett legte und ihm seinen zerknitterten Kittel mühselig auszog, doch er wachte nicht auf. Sie strich mit einer zärtlichen Hand über seine seidigen Locken, dann zog sie eine leichte Decke über ihn.
Sie trat ans Fenster und öffnete die Läden. Später würde sie Laternen und Kerzen aufspüren und zusehen müssen, ob sie irgendwie einen Faras an die Handpumpe spannen konnte, um die Turmzisterne gefüllt zu halten. Sie starrte auf den im Schatten liegenden Garten hinunter und lächelte wehmütig. So viele Dinge zu erledigen. Und ich weiß so schrecklich wenig davon, dachte sie.
Nach einem weiteren Blick nach draußen schloß sie die Läden bis auf einen kleinen Spalt, schlenderte dann müßig im Raum umher und erinnerte sich an vergangene Zeiten, an alte Sitten. Sie schob die Schranktür zurück, ließ ihre Hände über die Kleiderstoffe gleiten, die wie Gespenster darin hingen. Sie fröstelte und schloß die Tür.
Alte Sitten. Vergangene Zeiten. Licht fiel in langen, silbrigen Streifen auf das Bett. Die alten Sitten. Ihre Blicke huschten auf dem bestickten Bettüberzug über die Leiter aus Mondlicht. Die Hasen. Mögen sie alle verflucht sein, diese Männer. Nicht ihre Sache. Keine Frauensache. Wegzugehen und die Frauen zurückzulassen, um zu warten und … und … Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
Wieder schaute sie auf die feinen Silberlinien, die quer über die Bettdecke verliefen. Wie Gitterstäbe, die mich einsperren, dachte sie. Ohne zu verstehen, warum, glitten ihre Gedanken zu dem Tag zurück, als der Alte Mann Kobe nach ihr geschickt hatte, denn schon damals war sie die Favoritin unter seinen Töchtern gewesen.
Sie ging so langsam, wie sie es nur wagen durfte, in diesen großen, dunklen, kühlen Raum, in dem ihr Vater wartete. Seit Monaten waren in den Schlafgemächern des vierten Stocks Gerüchte herumgezischelt worden. Kitosime war heiratsfähig, und eine Heirat war angeboten worden. Namen wurden geflüstert. Die anderen Mädchen neckten sie ohne Unterlaß, absurde Kandidaten wurden benannt, ein alter Mann, der drei Ehefrauen verbraucht und noch zwei andere in seinem Quartier hatte, ein anderer, der ein Jahr jünger war als sie und schwachsinnig außerdem. Sie ging die Treppe mit eleganter Anmut hinunter, verbarg ihre Furcht und ihre Erregung hinter der ersten ihrer Puppenmasken.
Kitosime schloß die Augen. Hodars wilder Sohn, hatte er ihr gesagt. Derjenige, der ins Tembeat gegangen war. Ein kaum gezähmter Wildling. Sie erinnerte sich daran, wie ihre Schwestern und Cousinen im geheimen über die Gerüchte gekichert hatten, erinnerte sich an Kobes kaum unterdrückten Haß und ihre eigene Angst. Und dieses absolute Gefühl der Wertlosigkeit. Sie war Kobes erklärte Favoritin; er hatte sie verwöhnt, sie gestreichelt, sie angebetet. Und jetzt verkaufte er sie. An diesem Tag stand sie vor Zorn bebend vor dem Alten Mann, die Blicke demütig auf die Fü
ße
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