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Unter Sternenjägern

Unter Sternenjägern

Titel: Unter Sternenjägern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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können, doch er zwang sich weiter, angespannt vor Erregung und Entsetzen. Er erinnerte sich daran, wie er über Fels und Schnee in den grauen Dunst gestarrt hatte, den endlosen, trügerischen Dunst, der Augen und Geist ermüdete. Er kletterte vorsichtig auf den Steinhaufen hinauf und fügte seinen Stein zu den anderen, drehte sich dann langsam um. Ohne seine Wolff-Orientierungsgabe hätte er sich schon hundertmal verirrt, bevor er diese Stelle erreichte. Vorsichtig ging er auf den wackligen oberen Steinen des Haufens im Kreis herum und sah nichts, was den weiteren Weg, den er noch zurückzulegen hatte, markierte. Wieder hätte er ehrenvoll umkehren können. Dieses Mal zögerte er. Die Probe hatte ihn geschwächt, nur noch wenig Fett war auf seinen Knochen verblieben. Er stand auf dem Steinhaufen und schaute in den Dunst hinaus, doch die Antwort suchte er tief in seinem Innersten. Der Wille … hatte er den Willen, weiterzugehen?
    Als er den dritten Steinhaufen erreicht hatte, war er ein hagerer Schatten unter Schatten. Der Nebel hatte sich über die Wildlande gesenkt, kalt und eisig, und sich in feuchtkalter Umarmung um ihn gelegt. Die Sonne war ein bleiches Gespenst, eine Erinnerung an eine Erinnerung der Wärme. Ein Rudel Silberpelze war ihm dicht auf den Fersen. Sehen konnte man sie nicht, aber er wußte, daß sie da waren, auf seiner Spur heranhetzten, Körper, die sich in behäbiger Grazie über den Schnee bewegten. Es waren schöne Tiere, wunderbar an den Winter angepaßt. Zweischichtige Felle, ein dichter, weißer Flaum, der sich an die langen, geschmeidigen Körper schmiegte, und borstige, silbergraue Haare, die schnittig auf dem inneren Pelz wucherten. Kleine, runde Lauscher, ein silberner Flaum, der über beweglichen rosa Nüstern wuchs, doppelte Lider.
    In Rudeln von vier und fünf Tieren liefen sie – die Pfotenballen ebenfalls pelzbewachsen – über das Eis. Kleine Tiere, an den Flanken einen halben Meter hoch, unermüdlich und zäh und berunruhigend intelligent.
    Er kletterte auf den Haufen, plazierte seinen Stein und sah dann die Silberpelze aus dem Nebel kommen. Er griff nach dem Pfeilwerfer an seinem Gürtel, lächelte grimmig, als er sich an sein stummes Versprechen sich selbst gegenüber erinnerte, daß er mit vollständig geladenem Magazin zurückkehren, sich mit Messer und Schnur durchschlagen würde. Gott sei Dank habe ich diesen Blödsinn nicht ausgesprochen, dachte er. Er schnallte die Halfterklappe auf und berührte das Karomuster des Kolbens. Die Silberpelze entschwanden im Nebel. Er war verblüfft, stolperte, fing sich jedoch wieder, bevor er fallen konnte. Hier ein verzerrter Knöchel, und seine Knochen würden von den Sommerwinden über die Ebenen gewirbelt werden.
    Übertrieben stolz sprang er an der Seite des Steinhaufens hinunter, ging weiter, tauchte in den Nebel ein. Mit angespannter Erregung blickte er sich in dem grauen Dunst nach den grauen Schatten der Silberpelze um. Voller Zufriedenheit lächelte er, weil er endlich über den Namen entschieden hatte, den er aus den Wildlanden mitnehmen würde. „Grey“, murmelte er. Sein Flüstern wehte tot in die kalte, regungslose Luft hinaus. Und die Silberpelze kreisten näher. Sein Körper schmerzte unter einer Erschöpfung, die schwerer zu ertragen war als die Kälte. Aber er lächelte und ging gleichmäßig weiter.
    Der Boden stieg an. Der Schnee war tiefer, stellenweise trügerisch weich, packte die Spitzen seiner Schneeschuhe. Er kam langsam voran, die Sinne wachsam, so wachsam, wie sie nie zuvor gewesen waren – als würden seine Nervenenden über seine Haut hinausreichen und die Luft, den Nebel, den Schnee kosten. Er sah alles. Gleichzeitig war er sich eindringlich bewußt, daß er in Wolffeinen tödlichen Gegner hatte, einen Feind, der ihn beim ersten Fehler, den er beging, töten würde.
    Als sich das schwache Sonnenglühen zum Horizont hinuntersenkte, hielt er an, schnitt mit seinem Schneemesser Schnee, legte die Blöcke in einer aufsteigenden Spirale aufeinander und baute einen Unterschlupf. Nachdem er den letzten Block in das Mittelloch eingefügt hatte, schnitt er einen Eingang, rollte sich weg und kam mit einer Sprungkraft auf die Füße, die zwei näher kriechende Silberpelze völlig aus der Fassung brachte. Er verschloß den Eingang und machte sich auf, um nach Brennstoff und Nahrung zu jagen.
    Er verbrachte neun Tage dort und aß gierig das Fett seiner Beutetiere, schlang es der Energie wegen, die er brauchte, um die

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