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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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geschrieben hat? Über die strategische Bedeutung von Rohstoffen für das künftige Russland. Ist doch interessant, nicht?“
    „Es sieht so aus, als würde ein Teil von ‚Pure Energy‘ tatsächlich den Russen gehören“, murmle ich.
    „Ja. Wobei man nie weiß, ob wir uns nicht zu sehr auf die Russen konzentrieren. Da gibt es eben viele alte Ängste. Manchmal überlege ich, ob die Chinesen nicht mindestens so gefährlich sind. Wirtschaftliche Expansion ohne demokratische Hindernisse …“
    Ich nicke und meine etwas spöttisch: „Die gelbe Gefahr. Während bei uns ja alles ach-so-demokratisch ist.“ Die Aufarbeitung einer Weltverschwörung unter friedlich-fleißigen Windrädern. Gut, unter Windrädern mit Einschussstellen.
    „Ich meine das nicht so. Aber: Die Chinesen investieren nicht nur in Afrika und Südamerika, sie finanzieren auch in Europa immer mehr. Daher haben sie, ganz abseits der klassischen Politik, auch immer mehr zu sagen. Die Leute, die am Ölhahn sitzen, die am Gashahn sitzen, die Energiekonzerne betreiben, die haben Einfluss auf das politische Herrschaftssystem. Um von einer anderen Weltgegend zu reden: Fast immer hat die amerikanische Ölindustrie den amerikanischen Präsidenten bestimmt. Bei Obama hatten sie Pech. Hoffentlich bleibt das so.“
    „Und das würde sich ändern, wenn die Energieversorgung tatsächlich regionalisiert würde?“
    „Es gäbe nicht nur weniger CO 2 -Ausstoß, sondern auch die Chance auf mehr Demokratie. Glaube ich zumindest. Aber ich bin bloß ein kleiner Techniker. Ich werde mich zurückziehen. Ich habe den Verdacht, die Eigentümergenossenschaft vertraut mir ohnehin nicht mehr. Sie wollten unsere Anlagen in Ruhe ausbauen, ich habe ihnen zu der großen Kampagne geraten. Ich werde allen zuvorkommen. – Vielleicht endgültiger, als sie sich das vorstellen können.“
    Ich sehe Novak prüfend an. Mittelgroß, schlank, unscheinbar, traurig. Zerrieben zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Was meint er damit, dass er sich ‚endgültiger, als sie sich das vorstellen können‘, verabschieden werde? Wie wirkt jemand, der selbstmordgefährdet ist? Trotzdem frage ich: „Und Tina Bogner?“
    Novak lächelt. „Die gibt nie auf. Sie ist eine super Kämpferin. Beneidenswert.“
    „Und was, wenn sie in Wirklichkeit auf der anderen Seite steht?“
    Novak schüttelt wild den Kopf. „Nein, das ist auszuschließen.“
    Ich sehe den Geschäftsführer von „PRO!“ aufmerksam an. „Ein Mitarbeiter Ihrer Firma wurde bei den Internationalen Energiegesprächen in Tirol eingeschleust. Er hat das vertrauliche Galadinner gefilmt. Tina Bogner hat behauptet, sie kenne das Video, das auf YouTube war, nicht.“
    Er runzelt die Stirn. „Hat sie das gesagt? Ja, ein Umwelttechnikstudent, übrigens ein hochbegabter Bursche, war dort. Es war nicht unsere Idee, sondern seine. Er wollte uns eine Freude machen. Damals hat das noch total harmlos gewirkt. – Ich weiß nicht, warum Tina es nicht zugegeben hat.“
    „Weil es eben doch nicht ganz so harmlos ist? Weil man es auch als Bespitzelung sehen könnte? Weil wahrscheinlich das eine oder andere Gesetz gebrochen wurde?“
    „Wahrscheinlich. Ich war ohnehin nicht glücklich mit der Aktion. Was soll so etwas bringen?“
    „Das YouTube-Video wurde vor einiger Zeit gelöscht.“
    Novak nickt. „Zum Glück.“
    Soll ich ihm auch davon erzählen, dass sich Tina Bogner in Frankfurt mit Zemlinsky getroffen hat? Damit werde ich sie selbst konfrontieren. Sie soll auf keinen Fall gewarnt sein. Ich werde Novak in Ruhe lassen. Andererseits: Was bringt es ihm, wenn ich seine gute Meinung von der „PRO!“-Sprecherin schütze? Stepanovic hat mir vorgeworfen, Versuchsballons steigen zu lassen, vielleicht eine gute Idee, in diesem Fall … „Offenbar hat Tina Bogner Überwachungsdateien verschwinden lassen. Sie haben mir ja damals bei unserer Besichtigungstour selbst erklärt, dass die Bilder der Überwachungskameras vier Wochen lang aufgehoben werden. Jetzt sind gewisse Aufzeichnungen weg.“
    Novak sieht mich fassungslos an. „Woher wissen Sie …“
    Ich sehe ihn ernst an. „Ich schreibe eine Serie über Energieversorgung. Ich recherchiere. Ich will mich nicht vom schönen Schein blenden lassen. Mir ist es nicht egal, dass es immer noch Atomkraftwerke gibt und von Schiffen aus in der Arktis nach Öl gebohrt wird, obwohl allen klar ist, dass das ökologischer Wahnsinn ist. Aber ich habe auch keine Lust, mich von angeblichen oder tatsächlichen

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