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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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meinen Kollegen hinter der Absperrung und schaue dem Gas beim Brennen zu. Kameraleute filmen, einige haben die Kamera schon ausgeschaltet und von der Schulter genommen. Viel Abwechslung gibt es hier nicht. Einige Männer mit Schutzhelmen, auf denen „AE“ steht, versuchen irgendetwas zu messen. Der Boden scheint zu vibrieren.
    „Was ist, wenn mehr von der Leitung explodiert?“, brüllt eine Journalistin aus Deutschland gegen den Lärm an. Die Unruhe wächst. Ja, was ist, wenn da alles in die Luft fliegt? Stünden die Experten von „AE“, wenn so etwas möglich wäre, derart nah bei der Leitung? Vielleicht haben sie bloß keine Erfahrungswerte. Ich sollte Generalleutnant Unterberger anrufen. Womöglich ist viel schneller Realität geworden, was das Heer als theoretische Bedrohung eingeschätzt hat. Was hat er gesagt? Er würde sich freuen, wenn ich mich auch außerhalb der Dienstzeit melde. Ich kann ja überprüfen, ob er es ernst gemeint hat.
    „Ich komme gleich wieder“, schreie ich Vesna ins Ohr und renne ein Stück weg vom Inferno. Feldweg, Marterl mit dem Bildnis der Muttergottes. Hier ist es schon etwas weniger heiß. Und weniger laut. Ob die Muttergottes auch gegen geborstene Gaspipelines, gegen eine Megaexplosion der Leitung hilft? Als das Marterl aufgestellt worden ist, ging es um die Erfüllung anderer Bitten: eine gute Ernte, dass der Fuß der Altbäuerin wieder zuheilt, dass es dieses Jahr keinen Hagel gibt und die Kartoffelkäfer nicht zu viele werden. Ich habe Unterbergers Nummer eingespeichert, suche sie, drücke auf „Handy anrufen“. Nach dem zweiten Freizeichen hebt er ab.
    „Mira Valensky vom ‚Magazin‘.“
    „Ich freue mich. – Recherchieren Sie selbst am Sonntag? Ich habe Ihre erste Reportage gelesen, es soll eine Serie werden, nicht wahr? – Was ist das für ein Lärm im Hintergrund?“
    „Eine Gasdruckleitung in Niederösterreich ist explodiert“, erzähle ich. „Keiner weiß, wie es geschehen konnte. Haben sich Ihre Terrorismushinweise auch auf Pipelines bezogen?“
    „Wie bitte? Wo?“ Er klingt alarmiert.
    „Es ist nicht viel passiert. Außer dass wir hier eine Flamme von dreißig Meter Höhe oder mehr haben. Mitten in einem abgeernteten Feld.“
    „Die Warnungen, die an uns weitergeleitet wurden, waren nicht so konkret. Es ging einfach darum, dass sich Terroristen in ihren Ausbildungscamps überlegen, ob es nicht eine gute Idee wäre, die europäische Energieversorgung anzugreifen.“
    „Eine Gasleitung zu kappen, würde dazu passen, oder?“
    „Sicher.“ Generalleutnant Unterberger macht eine Pause. „Aber es ist nicht besonders effizient. Eine Gasstation zu treffen, ist deutlich wirkungsvoller. Die Leitung wird man in absehbarer Zeit reparieren können, nehme ich einmal an. Und wenn eine Gasleitung ein, zwei Wochen ausfällt, ist das nicht weiter schlimm. Das Netz ist dicht. Es gibt übrigens ungefähr alle fünfzehn Kilometer Absperrventile. Also sollte die Flamme bald kleiner werden – wie lange brennt sie schon?“
    „Mehr als eine Stunde.“
    „Heute ist Sonntag. Ein gut gewählter Tag, wenn es wirklich ein Anschlag war. Ich nehme an, da hat ein Teil des Wartungspersonals frei.“
    „Sie glauben nicht an einen Anschlag?“, will ich wissen.
    „Soll ich mit meinen Hubschraubern kommen?“, erwidert der Generalleutnant. Ich sehe vor mir, wie er schmunzelt. „Aber danke für den Anruf“, fügt er hinzu.
    „Wenn Sie etwas erfahren, melden Sie sich dann bei mir?“, frage ich. „Ich bin auch für Hintergrundinformationen dankbar.“
    „Mache ich. Haben Sie heute Abend schon etwas vor? Wir könnten essen gehen und dabei über Flammen und Hubschrauber plaudern.“
    Sagt er das, weil er mir etwas erzählen möchte und am Telefon lieber vorsichtig ist, oder ist es sozusagen eine private Einladung? Hat ein attraktiver Mann wie er … Stopp, Mira. Du hast Bundesheerleute noch nie für attraktiv gehalten. Dein attraktiver Mann ist Oskar. Und Mata Hari bist du keine.
    „Schade“, kommt es vom anderen Ende der Leitung. „Ich hab es schon befürchtet …“
    Mein Schweigen hat wohl zu lange gedauert. „Vielleicht in den nächsten Tagen?“, antworte ich. Wir können uns ja wieder in einem Kaffeehaus treffen. Alles ganz harmlos. Generalleutnant Unterberger scheint sich darüber zu freuen. Und er verspricht, an mich zu denken … natürlich, was zweckdienliche Informationen anlange.
    Als ich wieder zur Absperrung gehe, habe ich den Eindruck, die Flamme ist

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