Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
gewordenes Dorf. Junge Leute in Sonnen-Shirts von „PPO!“ stehen hinter einer Reihe von Halbkugeln, die nach Steeldrums aussehen. Haben die sogar ein Orchester? Ich gehe näher hin, um zu sehen, was da los ist. Sie grillen. Mit Sonnenenergie. Die Sonne, die ja heute zum Glück scheint, wird in reflektierenden großen Spiegeln eingefangen. Es riecht nach Wurst. Der Sonnen-Boy, den ich vom Empfangsdesk bei „PRO!“ kenne, winkt mir zu. „Wollen Sie eine?“
    „Ist das wirklich Bratwurst?“, frage ich.
    „Das geht super mit Solarenergie.“ Seine Pearcings glitzern in der Sonne, er hat Schweißperlen auf der Stirn. „Oder haben Sie gedacht, bei uns gibt’s nur Vegetarisches?“ Er grinst. „Haben wir allerdings auch im Programm. Maiskolben. Bei meinem Freund zwei Griller weiter.“ Ich sehe mich um. Vesna scheine ich im Festtrubel verloren zu haben. Sie mag es auch nicht besonders, quasi als Beiwerk, neben mir, der Journalistin, herzulaufen. Einmal Bratwurst, einmal Maiskolben, will ich gerade sagen. Da läutet das Mobiltelefon.
    „Ich bin bei Windrad. Gleich es geht los. Komm endlich. Wir fahren hinauf“, ruft Vesna ungeduldig.
    Ich sehe zu den Windkraftmaschinen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Vesna oder sonst irgendjemandem versprochen hätte mitzukommen. Ein riesiger Hebekran steht dort drüben, monströses orangefarbenes Fahrzeug auf vielen Rädern, den langen Arm hat er momentan eingeknickt. Wie hoch er hinaufkann? Zu hoch. Ich trabe langsam hinüber. Am Kran ist ein Korb aus Metall befestigt, nicht viel größer als eine Doppelbadewanne. Durch die Gitterstäbe kann man durchsehen. Auch das noch. Drinnen Vesna, ein bärtiger Mann mit Sonnen-Shirt und unsere Fotografin Regina. „Komm rein!“, ruft mir Vesna zu. Ich blicke nach oben zu den mächtigen Rotorblättern des Windrads. „Wie hoch geht das hinauf?“, frage ich den Bärtigen. „Die Windräder sind exakt einhundertacht Meter“, antwortet er stolz. „So weit kommen wir mit dem Kran nicht, aber über sechzig Meter packt er!“ Um mindestens fünfundfünfzig zu viel für mich.
    „Fahrt ihr einmal voraus“, schlage ich vor. „Sonst wird es da drinnen zu eng.“
    „Zwei könnten wir noch locker mitnehmen“, antwortet der Bärtige.
    Herzlichen Dank auch.
    „Du wirst doch nicht fürchten …“, lacht Vesna.
    Nein, natürlich nicht. Es ist einfach zu hoch, Punkt. Eine Tatsache. Hat nichts mit Furcht zu tun. Ich sehe mich rasch um. Und entdecke neue Kamerateams. Sie haben sich um Tina Bogner versammelt. „Ich muss hören, was sie sagt“, erkläre ich und deute zur „PRO!“-Sprecherin. „Tut mir leid!“ Und schon bin ich in ihre Richtung unterwegs. Kann sein, dass mir Vesna etwas nachgerufen hat, aber im Festtrubel verstehe ich es ohnehin nicht.
    Tina Bogner steht telegen vor Windrädern und feiernden Menschen und beantwortet die Fragen der Medienleute. Ganz so im Hintergrund hält sie sich also doch nicht.
    „Sonnendorf ist ein wichtiges Zeichen dafür, wie moderne Energieversorgung überall funktionieren kann und wie wir mit weniger Geld und Ressourcen umweltverträglichen Komfort haben können“, lächelt sie.
    „Alle scheinen das nicht so zu sehen“, sagt eine junge Reporterin, auf der Kamera neben ihr ist das Logo der ARD. Sieh an, sogar der große deutsche Fernsehsender interessiert sich für das kleine Dorf. Sie deutet auf ein Grüppchen von Menschen, das etwas abseits bei einem Windrad steht und Schilder hochhält: „Kampf den Windrädern!“ „Windräder machen krank!“ „Wer Tiere liebt, ist gegen Windkraft!“ „Rettet unsere Landschaft!“
    „Sie haben natürlich das demokratische Recht, ihre Meinung zu sagen. Aber die Vernunft ist auf unserer Seite. Atomstrom und Kraftwerke, die Tonnen von CO 2 ausstoßen: die machen krank. Ganz abgesehen davon, dass es in Sonnendorf ja nicht nur Windkraft, sondern einen Mix verschiedener Energieformen gibt. Und das Wichtigste: Sonnendorf ist nicht mehr abhängig! Weder von Energiepreissteigerungen noch vom guten Willen der Herren Putin, Ahmadinedschad und Co!“
    „Wir sind hier in einem kleinen Dorf, da könnte Ihr Konzept vielleicht funktionieren, aber was ist mit den großen Städten?“ Eine Journalistin, die offenbar ebenfalls aus Deutschland angereist ist, hält Tina Bogner ihr Mikro vor die Nase. Kann es sein, dass die österreichischen Fernsehreporter da etwas verschlafen? Oder halten die Deutschen mit ihren Atomkraftwerken das Thema einfach für

Weitere Kostenlose Bücher