Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Garagen. Umweltschutzorganisationen fordern dazu auf, so wenig wie möglich mit dem Flugzeug zu reisen. Aber bevor ich viele Stunden im Zug sitze … Wir haben uns eben an viele Bequemlichkeiten gewöhnt. Leute wie ich haben sich daran gewöhnt. Die meisten Menschen haben gar keine Gelegenheit zu fliegen. Und wir verpesten auch ihre Umwelt. Aber wir könnten ja wenigstens dort mit dem CO 2 -Sparen beginnen, wo es ohne Verlust an Lebensqualität möglich ist, beruhige ich mich.
Ich streife durch die Ankunftshalle. Wien ist noch immer ein sehr überschaubarer Flughafen. Ich trinke einen mittelguten Kaffee und sehe, dass Oskars Flug pünktlich ist. Wunderbar. Ich bin schon sehr gespannt, was er mir erzählen will. Er werde ein wenig Mira Valensky und Vesna Krajner spielen, wie das klingt … nach nicht wirklich ernst zu nehmender Schnüffelei. Er hat es nicht so gemeint. Der Lufthansa-Flug aus Frankfurt ist laut Anzeigetafel gelandet. Ich zahle meinen Kaffee und stelle mich an die Absperrung. Zwei junge Mädchen halten rote Rosen in der Hand und tuscheln miteinander. Ich hätte auch eine Blume kaufen können, einfach so, aus Spaß. Oskar war bloß zwei Tage weg. Die ersten Passagiere kommen. Jetzt ist es zu spät dafür. Männer im Anzug mit kleinen Businesskoffern und Laptoptaschen. Typische Geschäftsreisende. Frankfurt ist ja nun auch kein klassischer Ferienort. Eine Familie mit vier Kindern, die alle einen Koffer nachziehen und sich benehmen, als wären sie ständig auf Reisen. Routiniert.
Weitere Geschäftsleute. Zwei dunkelhäutige Priester. Eine ausgesprochen elegante Frau in blitzblauem Kostüm und mit hochhackigen Pumps. Wie man mit so etwas bloß gehen kann … Eine kleine Reisegruppe. Wo ist Oskar? Keine Menschen mehr. Auf der Anzeigetafel erlischt der Flug aus Frankfurt, die Landung dreier weiterer Flugzeuge wird angekündigt. Ich sehe auf mein Mobiltelefon. Keine Nachricht. Eigenartig. Ich werde noch ein wenig warten. Vielleicht hat er bei der Gepäckausgabe jemanden getroffen. – Aber dass er mich hier stehen lässt und nicht einmal anruft? Ich drücke seine Kurzwahltaste. „Der gewünschte Teilnehmer ist im Moment nicht erreichbar.“ Wahrscheinlich hat er das Telefon noch nicht wieder eingeschaltet. Nicht besonders witzig, dass er mich einfach versetzt. Ich sehe auf die Uhr. Wenn er in zehn Minuten nicht da ist, fahre ich. – Und was, wenn er den Flug verpasst hat? Er geht noch immer nicht ans Telefon. Ich rufe in seiner Kanzlei an. Vielleicht weiß man dort etwas. Doch es läuft nur ein Band, das auf morgen vertröstet. Ich will nicht alle aufscheuchen, aber … es sieht Oskar einfach nicht ähnlich, sich nicht zu melden. Ich habe irgendwo eine Nummer seiner Partnerkanzlei. Ich fluche über das elektronische Telefonbuch auf meinem Mobiltelefon. Nur ein kleiner Fehler und ich bin wieder auf der Startseite. Endlich. Ich wähle. Schon nach dem zweiten Läuten geht jemand dran. Ist eben auch eine weit größere Kanzlei als die von Oskar.
Ich werde weiterverbunden. „Herr Dr. Kellerfreund hat uns bereits um die Mittagszeit verlassen. Er sollte seinen Flug jedenfalls erreicht haben“, sagt eine Sekretärin.
„Könnte jemand wissen, was er vorgehabt hat?“
Ich muss einigermaßen nervös geklungen haben. „Ist er nicht angekommen?“, fragt sie.
„Ja, sieht ganz so aus.“
„Moment mal, unser Seniorchef ist noch da. Ich frage ihn, ob er etwas weiß.“
Stille in der Leitung. Um mich die gleichförmige Betriebsamkeit des Flughafens.
„Tut mir leid, er weiß auch nichts.“
„Können Sie mich mit ihm verbinden?“
„Er hat einen Klienten bei sich, das geht jetzt nicht. Er weiß nichts, sonst hätte er es gesagt.“ Das klingt jetzt schon ein wenig genervt. „Es gibt ja noch einige Flüge heute Abend.“
Ich bringe sie dazu, mir die Telefonnummer des Seniorchefs und des Kollegen zu geben, mit dem Oskar gestern und heute zu tun hatte. Ich notiere sie auf meinem Garagenticket. Warum ich auch dauernd vergesse, einen Block mitzunehmen. Nebenbei schaue ich immer wieder zum Ankunftsbereich. Wenn Oskar jetzt auftaucht, dann kann er was erleben … mich so … Aber er taucht nicht auf.
Dafür erreiche ich seinen Kollegen in Frankfurt. Er wirkt eher amüsiert. „Gönnen Sie ihm doch ein wenig Freiraum, Frau Valensky.“
So ein Trottel, als ob es darum ginge. Oskar war an etwas dran … es hat sich um etwas gehandelt, worüber er nicht am Telefon reden wollte … Mira Valensky und Vesna Krajner
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