Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Kann es dazu geführt haben, dass er verschwunden ist?
Ich sehe meine Freundin an: „Wann sollen wir die Polizei verständigen?“
„Nicht heute. Die lachen, wenn wir sagen, Mann über fünfzig ist seit zwei Stunden abgängig.“
Zum Lachen ist mir nicht zumute. Carmen. Womöglich hat er ihr etwas gesagt.
„Hat Oskar keinen Computer da?“, fragt Fran.
Alles auf dieser Welt lässt sich auch nicht per Computer klären, mein lieber junger Freund. Außerdem: „Er hat seinen Laptop mit.“
Ich rufe Carmen an. Sie reagiert beunruhigt. Nein, sie habe in den letzten Tagen keinen Kontakt zu ihrem Vater gehabt. Ob sie irgendwie helfen könne? „So etwas schaut ihm überhaupt nicht ähnlich, der ist doch so zuverlässig“, murmelt Carmen. Ob sie herkommen dürfe? Wenn man gemeinsam überlege: Vielleicht kämen wir dann auf eine Idee? Sie macht sich auf den Weg.
Ich rufe das Hotel an, in dem Oskar gewohnt hat. Vielleicht wissen sie dort etwas. Der Rezeptionist hat kein Problem, mir Auskunft zu geben: Dr. Kellerfreund habe heute um neun Uhr bezahlt. Seinen Koffer habe man, wie gewünscht, zum Flughafen an den zuständigen Serviceschalter bringen lassen.
„Er war nicht in der Maschine. Er hatte ein Ticket, aber er hat nicht eingecheckt“, sagt Fran, als ich gerade überlege, ob ich auch Oskars Mutter anrufen soll.
„Du bist sicher?“, fragt Vesna.
„Natürlich. Mein Kollege hat die Daten rausgesucht.“
Oskar ist also in Frankfurt geblieben. Sein Seitensprung. Das war vor Jahren. In Frankfurt. Die Frau lebt nicht mehr dort. Bin ich mir da sicher? Vielleicht wollte er sich revanchieren? Für eine SMS? So ist Oskar nicht.
Einundzwanzig Uhr. Wir gehen mit Carmen noch einmal ganz genau durch, was geschehen sein könnte. „Was war es, das er dir erzählen wollte? Was wollte er herausfinden?“, fragt sie.
Ich schüttle den Kopf. Wir haben es in der letzten Stunde so oft hin und her gedreht. Ich weiß nicht einmal mehr genau, was er gesagt hat. Nur dass er darüber lieber nicht am Telefon reden wolle. Er werde ein wenig Mira Valensky und Vesna Krajner spielen. Wir sind zwei, er ist nur einer. Nach möglicher Gefahr hat es trotzdem nicht geklungen.
„Wer steckt hinter dem Verschwinden von Gruber?“, frage ich schon ziemlich verzweifelt in die Runde.
„Von Oskar“, bessert Fran aus.
Als ob ich die beiden verwechseln könnte.
„Du meinst, es könnte tatsächlich mit ‚Pure Energy‘ zu tun haben?“, fragt Carmen mit großen Augen.
„Ich hab keine Ahnung. Aber es wäre immerhin ein Anhaltspunkt. Es könnte auch mit den Gegnern von ‚Pure Energy‘ zu tun haben.“
Fran schüttelt den Kopf. „‚Cybersolar‘? Das ist absurd.“
„Du kannst sie nicht fragen?“, will Vesna von ihrem Sohn wissen.
„Wie denn? Außer ich schicke ihnen eine Nachricht über Twitter. Quasi offiziell. Alles andere ist seit den Hausdurchsuchungen ausgeschlossen.“
„Nimm meinen Laptop, mir ist es egal, wenn sie da rumschnüffeln“, sage ich.
„Ihre Seiten werden jedenfalls sicher überwacht, auch wenn ich nicht weiß, welche Adressen die Polizei entdeckt hat.“
„Es ist mir völlig egal, ob mich die Polizei in Verbindung mit ‚Cybersolar‘ bringt“, sage ich. „Wenn du einen Zugang hast, nutze ihn bitte!“
„Um denen dann was zu sagen? Dr. Oskar Kellerfreund ist verschwunden, wenn ihr es wart, gebt es zu?“, mischt sich Carmen ein. Da ist schon etwas dran. „Ich könnte morgen klären, ob er in der Frankfurter Zentrale von ‚Pure Energy‘ war.“
„Ich dachte, die Konzernzentrale ist in Zypern“, murmle ich.
„Ist sie auch, aber die Entscheidungen werden in Frankfurt getroffen“, antwortet Carmen.
„Vielleicht können wir Hohenfels noch heute erreichen. Oder Stepanovic.“ Von Minute zu Minute wird mir klarer: Oskar ist etwas zugestoßen.
„Hohenfels ist in … Frankfurt“, fährt Carmen langsam fort. „Und Stepanovic … dem würde ich nicht über den Weg trauen.“
„Und warum nicht?“, frage ich alarmiert. Wenn Carmen etwas weiß, muss sie es sagen!
„Dass Reinhard … also Hohenfels …“
„Wir wissen von Techtelmechtel“, wirft Vesna ungeduldig ein.
Fran schaut Carmen mit ungläubigen Augen an. „Ich nicht, ich packe es nicht. Fängt sie sich was mit dem Manager von ‚Pure Energy‘ an …“
„Darum es geht jetzt wirklich nicht“, wirft sich Vesna dazwischen und zu Carmen gewandt: „Tut mir leid, ich habe nicht an Fran gedacht.“
„Wenn du das über deine
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