Unter Verdacht
fesseln kann. Gutaussehend, intelligent, selbstbewusst, mit einem gesunden Schuss Humor. Alles in allem sehr anziehend«, grinste Ellen.
»Ich bestreite ja gar nicht, dass sie mein Typ ist. Nur den Rest, den du mir noch andichten willst«, beharrte Karen.
»Und im übrigen«, fuhr Ellen völlig unbeeindruckt fort, »du kannst mich schlagen, aber ich glaube, Sylvia hat dich mehr als einmal versonnen angesehen.«
»Bist du dir sicher?« Karens Abwehr wandelte sich mit einem Mal in Neugier.
»Ich weiß, was ich sehe.« Ellen lächelte.
Karen schüttelte den Kopf. »Das kann tausend Gründe haben.«
»Unter anderem auch den, dass sie dich mag. Zieht man die Tatsache in Betracht, dass Sylvia bis dato immer noch solo ist – kein schlechter Ausgangspunkt für dich. Warum versuchst du es nicht wenigstens?«
»Sylvia ist nicht an Frauen interessiert.«
»Bisher vielleicht.«
»Du meinst, sie erliegt meinem Charme? Dann wohl eher dem Reiz des Unbekannten. Solange er eben währt. Schließlich kommt der Rückzieher. Danke, dass kenne ich zur Genüge.«
»Du denkst an Michaela. Sie hat dich enttäuscht, na schön. Aber was ist mit Miriam? Sie steht ohne Frage auf das weibliche Geschlecht. Warst du deshalb mit ihr besser dran?«
»Zumindest hat es hinterher nicht so weh getan.«
»Aber nur, weil du dich bei Miriam nicht so engagiert hast. Du liebtest sie nicht den Bruchteil dessen, wie du Michaela geliebt hast.«
Karen wurde jetzt ungeduldig. »Was willst du eigentlich, Ellen? Mir ein Kind in den Bauch reden? Sylvia und ich arbeiten zusammen. Zugegeben, wir verstehen uns sehr gut. Ihre Nähe ist mir angenehm, und umgekehrt ist es wohl auch so. Das ist aber auch alles.«
»Ich will dich ja nicht nerven.« Ellen ließ von dem Thema ab. »Aber sollte sich über kurz oder lang etwas ändern, kannst du jederzeit zu mir kommen und mich um Rat fragen.«
»Du meinst, deine Neugier befriedigen«, berichtigte Karen.
Ellen grinste nur breit. »Aber nun mal zurück zum eigentlichen Thema. Was willst du tun, gesetzt den Fall, der Detektiv findet Hinweise auf denjenigen, der die Unterschlagungen durchgeführt hat? Wirst du zur Polizei gehen?«
»Die Beamten ermitteln – wahrscheinlich ziemlich einspurig – gegen mich. Deshalb erwarte ich ehrlich gesagt nicht, dass sie mir Glauben schenken würden. Jedenfalls nicht, bevor ich wirklich beweisen kann, dass ich unschuldig bin. Aber ich werde mich mit meinem Firmenanwalt beraten.«
»Hat der denn Erfahrung in solchen Dingen?«
»Wenn nicht, wird er sie sammeln müssen.«
»Sagtest du nicht vorhin, Sylvias Vater ist Rechtsanwalt? Vielleicht wendest du dich besser an ihn.«
»Ich möchte nicht schon wieder ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Nicht, wenn es andere Möglichkeiten gibt.«
»Wie du meinst.« Ellen zuckte mit den Schultern.
Karen erhob sich. »Ich werde dich jetzt mit dem Abwasch allein lassen und nach Hause fahren.«
»Was hast du mit dem Rest des Wochenendes vor?«
»Ich weiß noch nicht. Wahrscheinlich werde ich mir den Kopf zermartern und darüber spekulieren, wer mir die ganze Sache eingebrockt hat. Natürlich ergebnislos.«
»Möchtest du statt dessen nicht lieber morgen früh mit mir brunchen? Anschließend könnten wir in die Nachmittagsvorstellung ins Kino gehen«, schlug Ellen vor. »Ein wenig Ablenkung tut dir bestimmt gut.«
»Danke. Warum nicht.«
»Dann hole ich dich morgen früh um neun ab?«
»Einverstanden, bis morgen dann«, verabschiedete sich Karen.
Ellen hörte die Tür ins Schloss fallen. Sie schüttelte den Kopf. Dass Karen aber auch so stur war!
»Ein Kind in den Bauch reden, dass ich nicht lache«, murmelte sie vor sich hin. »Das werden wir ja noch sehen.« Mit einem spitzbübischen Lächeln ging sie zum Telefon und wählte. Beim vierten Läuten nahm Sylvia ab. »Hallo, Sylvia. Wie geht es Ihnen? . . . Fein. Was machen Sie morgen? . . . Jetzt haben Sie etwas vor. Karen und ich treffen uns morgen zum Brunchen. Anschließend wollen wir ins Kino. Was halten Sie davon? . . . Nicht wahr, das meine ich auch. Also? . . . Sagen wir halb zehn im ›Amsterdam‹. . . . Bis morgen.«
»Guten Morgen, die Damen«, begrüßte Sylvia die Schwestern fröhlich und setzte sich zu ihnen an den Tisch. »Warten Sie schon lange?«
»Nur ein paar Minuten«, erwiderte Ellen. »Guten Morgen, Sylvia«, setzte sie dann hinzu.
Karen konnte ihre Überraschung nicht verbergen. »Sie hier?« rutschte es ihr heraus. Karen sah zu Ellen. Die
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