Unter Verdacht
soweit im Plan. Die Baugrube ist spätestens nächsten Mittwoch fertig. Dann werden sofort die Gründungselemente montiert.«
Ein Mann lief auf sie zu. Völlig außer Atem kam er neben dem Bauleiter zum Stehen. »Chef, es sickert Wasser in die Baugrube.«
»Quatsch. Der Grundwasserspiegel liegt mindestens einen halben Meter unter der Sohle.«
»Kommen Sie und sehen Sie selbst.«
Karen und Sylvia folgten den beiden Männern. Die Aussage des Arbeiters bestätigte sich leider. Der Wasserandrang war sogar sehr hoch. Es gab bereits mehrere Stellen, an denen sich mittelgroße Pfützen gebildet hatten.
»Na, gute Nacht, Marie«, kommentierte Becker das Malheur.
»Wurden denn keine Probeschürfungen durchgeführt?« fragte Sylvia.
»Wir haben sogar einen Bodensachverständigen mit einer genauen Untersuchung beauftragt. Da muss was schiefgelaufen sein.« Becker kratzte sich am Kopf. »Und nun?«
»Wir brauchen so schnell wie möglich eine weitere Untersuchung, um eventuelle Auswirkungen auf umliegende Bauwerke bei einer Grundwassersenkung zu prüfen«, legte Karen fest. »Sollte das Ergebnis positiv sein, legen wir Tiefbrunnen innerhalb der Baugrube an und senken so den Grundwasserspiegel auf das erforderliche Maß ab.
»Das Ganze wird uns mindestens eine Woche kosten«, fluchte Becker. Er sah seine Prämie dahinschmelzen.
Karen und Sylvia wandten sich von der Baugrube ab und stapften durch den Sand.
»Ich werde Reeder informieren. Sie haben genug um die Ohren«, sagte Sylvia resolut.
»Wenn Sie darauf bestehen. Sie wissen, Reeder wird die Wände hochgehen.«
»Ich werde es überleben«, sagte Sylvia und lachte optimistisch.
Plötzlich fühlte Karen sich von Sylvia gepackt und hart zur Seite gerissen. Noch ehe sie ihrem Erstaunen Ausdruck verleihen konnte, raste neben ihr, dort wo sie noch vor einer halben Sekunde gestanden hatte, ein LKW vorbei. Von der Wucht des Lärmes und des Schrecks stürzte Karen zu Boden.
»Karen?« Sylvias ängstliche Stimme war dicht neben ihr. Karen hörte sie, konnte aber nichts erwidern. In ihrem Kopf wütete ein höllischer Schmerz, der alles andere blockierte.
»Karen!« rief Sylvia eindringlich. Sie kniete neben Karen, die mit dem Kopf auf einen faustgroßen Stein geschlagen war. Blut sickerte aus einer Wunde.
Becker kam zu ihnen geeilt. »Was für ein bekloppter Idiot war das denn?« rief er aufgeregt.
»Rufen Sie einen Arzt und holen Sie eine Decke«, wies Sylvia ihn an. Nicht, dass ihr beim Anblick von Blut schlecht wurde, aber die Regungslosigkeit, mit der Karen dalag, machte ihr Angst. Becker nahm sofort sein Handy und telefonierte, während er gleichzeitig loseilte, eine Decke zu holen.
Sylvia beobachtete, wie Karen langsam zu sich kam. »Bleiben Sie liegen! Der Notarzt wird gleich hier sein und feststellen, ob Sie weitere Verletzungen haben.«
»Ich kann aufstehen«, widersprach Karen benommen und versuchte ihre Worte unter Beweis zu stellen. Das Ergebnis war ein unangenehm starkes Schwindelgefühl. Sie stöhnte und ließ ihren Körper sofort wieder sinken.
»Warum hören Sie auch nicht auf mich«, sagte Sylvia vorwurfsvoll und legte die Decke, die Becker ihr in diesem Moment reichte, unter Karens Kopf.
»Besser?« fragte sie.
»Danke«, krächzte Karen. Der Schmerz in ihrem Kopf pochte jedoch unerbittlich weiter.
Die Ambulanz traf nach zehn Minuten ein. Mit schnellen, geübten Handgriffen überprüfte der Arzt Karens Zustand.
»Ein Sturz?« fragte er.
»Ein idiotischer LKW-Fahrer. Ich konnte sie gerade noch zurückreißen, sonst hätte er sie über den Haufen gefahren«, erzählte Sylvia.
»Haben Sie sich das Nummernschild gemerkt?«
»Nein. Es ging alles viel zu schnell.«
»Schade.«
»Hat sie innere Verletzungen?« fragte Sylvia besorgt.
»Soweit ich feststellen kann, nicht. Alles deutet auf eine Gehirnerschütterung. Im Krankenhaus wird man sie trotzdem vorsichtshalber röntgen. Und wahrscheinlich bleibt sie einen Tag zur Beobachtung.«
»Ich werde mitfahren, wenn das geht«, sagte Sylvia.
»Warum soll das nicht gehen? Wenn es der Patientin recht ist?«
Er blickte fragend auf Karen, die von den Sanitätern bereits auf die Trage gelegt worden war. Karen nickte nur schwach.
Im Krankenhaus bestätigte der Arzt der Unfallstation die Diagnose. »Keine inneren Verletzungen. Natürlich ein gewisser Schockzustand. Aber dieser dürfte in etwa vierundzwanzig Stunden abgeklungen sein. Die Patientin braucht Ruhe. Wenn wir sie morgen entlassen, sollte sie noch
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