Unter Verdacht
aus, sondern man steht auch noch quälenden Fragen gegenüber. Fremden und eigenen.«
»Ich hatte den Eindruck, dass Frau Drechsler bei Gregors Anblick noch blasser wurde. Falls das überhaupt noch möglich war. Ob sie weiß, dass Gregor ihren Mann genötigt hat, um seinen Betrug zu decken?«
Sylvia zuckte nur unbestimmt mit den Schultern. Karen erwartete natürlich auch keine Antwort auf die Frage und fuhr in ihren Überlegungen fort. »Was verband Gregor und Drechsler bloß, dass Drechsler sich schützend vor ihn stellte?«
In diesem Moment betrat Gregor unangemeldet Karens Büro. Karen sah Sylvia mit hochgezogenen Brauen an, und die konnte deren Gedanken klar ablesen: Wenn man vom Teufel spricht.
»Ralf?« fragte Karen zurückhaltend. »Was kann ich für dich tun?«
Gregor grinste sowohl Karen als auch Sylvia an. Provokativ langsam ging er an den beiden vorbei zu Karens Schreibtisch, schob sich deren Sessel zurecht und setzte sich.
»Nun, ich denke, alle hier im Raum Anwesenden wissen das ganz genau«, sagte er betont gelassen. »Ihr beiden macht mir mehr und mehr Schwierigkeiten. Ich muss euch warnen. Ich mag es nicht, wenn man hinter mir her spioniert.«
Karen und Sylvia wechselten einen kurzen Blick miteinander. Gregor hatte ganz offensichtlich beschlossen, seine Taktik zu ändern. Er gab sich zu erkennen und drohte nun unverhohlen.
»Und ich mag es nicht, wenn man mich hintergeht«, erwiderte Karen ruhig.
Gregor lachte leise. »Nimm es nicht persönlich. Das Ganze ist nur ein Geschäft.«
»Irrtum«, korrigierte Karen. »Wir sprechen von meiner Existenz, die hier auf dem Spiel steht. Du erwartest doch wohl nicht, dass ich ruhig daneben stehe und zusehe, wie alles, was ich mir aufgebaut habe, den Bach runtergeht. Und am Ende soll ich dann auch noch für dich in den Knast.«
Gregor lachte leise. »Ich verstehe deine Motive. Aber du musst zugeben, das ist immer noch besser als . . . tot.« Er sprach das letzte Wort so leise, dass Karen es kaum verstehen konnte. Trotzdem lag es sehr bedrohlich in der Luft.
Karen schüttelte den Kopf. »Du kannst deinen Sündenbock nicht umbringen.«
Diesmal klang Gregors Lachen laut und hässlich. »Sei doch nicht so phantasielos! Du könntest einen Unfall haben oder – noch besser – deine neugierige Freundin hier. Apropos. Hast du dich gut erholt?«
Karen nickte. »Ich habe mir schon gedacht, dass du dahintersteckst.«
Gregor zuckte mit den Schultern. »Du siehst also, ich meine es ernst.«
»Ihre Drohungen nützen Ihnen nichts«, warf Sylvia jetzt ein. »Sie können nicht alle aus dem Weg räumen, die an der Sache arbeiten.«
»Das brauche ich auch nicht«, gab Gregor sich gelassen. »Ich muss nur Karen überzeugen, dass es besser ist zu gestehen, wenn sie ihre Familie und Freunde nicht gefährden will.«
»Hat Drechsler sich deinen Einschüchterungsmethoden auch widersetzt? Musste er deshalb sterben?« fragte Karen.
»Zugegeben, er wurde langsam lästig. Aber ich habe Drechsler nicht umgebracht. Glaubt es oder lasst es. Allerdings weiß ich, wer es war.«
»Du hast nicht zufällig vor, das der Polizei zu erzählen?«
Gregors breites Grinsen war widerlich. »Ich bin Geschäftsmann. Ich verwerte Informationen, ich verschenke sie nicht.«
»Erpressung gehört also auch zu Ihrem Repertoire. Warum bin ich nicht überrascht?« kommentierte Sylvia trocken.
»Und unser Detektiv behindert dich natürlich bei deinen Geschäften«, stellte Karen fest.
»Du sagst es.« Gregors Augen funkelten Karen kalt an.
Doch Karen ließ sich nicht einschüchtern. »Tut mir leid. Ich kann es nicht ändern.«
»Ist das dein letztes Wort?«
»Allerdings. Und übrigens – du bist gefeuert.«
Gregor lachte. »Ich bin schockiert.« Er stand auf und verließ gutgelaunt den Raum.
Eine Weile sprach keine von ihnen. Dann brach Karen die Stille. »Das alles ist ein Alptraum.«
»Sie müssen zur Polizei gehen und Schutz fordern, Karen!« sagte Sylvia.
Karen winkte resigniert ab. »Die lachen sich doch tot, wenn ich da ankomme und erzähle, was eben vorgefallen ist. Man glaubt mir kein Wort.«
»Aber ich kann alles bezeugen! Man muss Ihnen glauben!« widersprach Sylvia. »Der Unfall auf der Baustelle beweist außerdem, dass wir uns die ganze Geschichte nicht ausdenken.«
»Was beweist der schon? Ein LKW-Fahrer ist gerast, und wir standen unglücklich im Weg.«
»Wenn Sie nicht zur Polizei gehen, werde ich es tun.« Sylvia war nicht davon abzubringen.
Karen seufzte.
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