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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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an die Luft kam. Herr Sawaguchi, ein weiterer Kollege von uns, fuhr auch mit.
    »In welches Krankenhaus?« fragte der Fahrer, aber niemand wusste Bescheid. Also setzte ich mich auf den Beifahrersitz und dirigierte den Fahrer zum Hibiya-Krankenhaus, in das wir immer unsere Kranken schicken. Eine Frau sagte: »Halten Sie ein rotes Tuch oder so was aus dem Fenster, damit man weiß, dass es ein Notfall ist.« Später habe ich von Herrn Toyoda erfahren, dass sie früher bei JR beschäftigt war. Weil wir kein rotes Tuch hatten, gab sie uns ihr Taschentuch. Es war nicht rot, sondern irgendwie gemustert. Ich saß vorne und hielt den ganzen Weg bis zum Krankenhaus das Taschentuch aus dem Fenster.
    Es war gegen neun, also ziemlich viel Verkehr. Inzwischen war ich total daneben von der ganzen Warterei auf den Krankenwagen, der nicht kam. Ich kann mich weder an das Gesicht des Fahrers noch an das von der Frau mit dem Taschentuch erinnern. Null. Ich hatte keine Zeit zu überlegen, was überhaupt geschehen war. Ich weiß nur noch, dass Herr Ohori sich auf dem Rücksitz übergeben hat.
    Als wir ankamen, war das Krankenhaus noch nicht geöffnet. Ich erinnere mich nicht, um wie viel Uhr das genau war. Aber weil sie noch nicht offen hatten, war es vielleicht doch noch vor neun. Wir trugen Herrn Takahashi auf der Bahre zum Eingang, und ich ging an die Aufnahme und sagte, wir hätten einen Notfall. Dann ging ich wieder nach draußen und wartete bei Herrn Takahashi. Er rührte sich nicht mehr. Auch Herr Ohori war zusammengesunken und bewegte sich nicht. Aber vom Krankenhaus ließ sich niemand blicken. Anscheinend dachten sie, es sei wohl doch nicht so ernst. Ich war wohl ziemlich verwirrt gewesen und hatte keine genauen Angaben gemacht, nur gerufen: »Kommen Sie schnell. Es ist ein Notfall.« Jedenfalls warteten wir ewig, aber niemand kam.
    Also ging ich wieder an die Aufnahme und rief mit lauter Stimme: »Bitte, kommen Sie doch! Es ist ernst!« Darauf kamen endlich ein paar Leute, die kapierten, dass der Zustand der beiden sehr kritisch war, und die sie sofort ins Krankenhaus trugen. Wie viel Zeit verstrichen war? Vielleicht zwei oder drei Minuten?
    Herr Sawaguchi blieb an der Aufnahme, während ich mit dem Fahrer vom Fernsehen zurück zum U-Bahn-Ausgang A 11 fuhr. Inzwischen hatte ich mich etwas beruhigt, zumindest sagte ich mir dauernd, dass ich mich beruhigen müsste. Ich entschuldigte mich bei dem Fahrer dafür, dass Herr Ohori sich auf den Rücksitz erbrochen hatte, aber er wehrte ab. Erst jetzt schaffte ich es, eine einfache Unterhaltung zu führen. Ansonsten erinnere ich mich an kaum etwas.
    Als wir ankamen, hatte man, glaube ich, Herrn Toyoda und Herrn Hishinuma nach oben gebracht, beide in völlig reglosem Zustand. Man versuchte sie mit Hilfe von Sauerstoffmasken und Brustmassagen wiederzubeleben. Um sie herum hockten Bahnpersonal und Fahrgäste vor dem Ministerium für Handel und Industrie. Noch niemand wusste, was überhaupt passiert war.
    Endlich traf ein Rettungswagen ein. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich glaube, Herr Toyoda und Herr Hishinuma wurden getrennt transportiert. Nur einer kam in den Krankenwagen, das heißt, der andere wurde vermutlich mit einem PKW befördert. Die beiden waren die Einzigen, die abgeholt wurden. Keine der anderen Personen befand sich in einem so kritischen Zustand.
    Inzwischen hatte sich um den Ausgang A 11 eine Menschentraube gebildet. Viele Journalisten, Polizei, Feuerwehr. An die Menschenmenge erinnere ich mich noch gut. Die Medienleute waren in ihrem Element, hielten den Angestellten und Fahrgästen ihre Mikros vor die Nase, um sie zu interviewen. Zu diesem Zeitpunkt durfte man den Bahnhof wahrscheinlich schon nicht mehr betreten.
    Nachdem alles ordnungsgemäß abgesperrt war, machte ich mich zu Fuß zum Hibiya-Krankenhaus auf. Im Foyer war der Fernseher eingeschaltet. Die Nachrichten berichteten über den Giftgasanschlag, und ich erfuhr, dass Herr Takahashi gestorben war. Durch einen laufenden Untertitel. »Ach«, dachte ich. »Es war zu spät, er hat es nicht geschafft …« Es tat mir furchtbar leid.
    Mein eigener Zustand war nicht sehr ernst. Meine Pupillen waren verengt, und alles um mich herum wirkte dunkel. Ich hustete auch ein bisschen, aber nicht sehr. Sie hängten mich zur Sicherheit eine Weile an einen Tropf. Dabei konnte ich die ganze Zeit meine Kleider anbehalten. Ich bin wirklich gut davongekommen. Von allen Opfern, die in der Nähe waren, hatte ich die

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