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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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keineswegs in die Enge getrieben. Im Innern war alles ruhig, wie im Auge des Taifuns. Um uns herum herrschte Lärm und Aufregung, aber sobald man einen Schritt ins Innere tat, breitete sich eine friedliche Welt vor einem aus.
    Erst als immer mehr Leute verhaftet wurden und gestanden, kam mir der Gedanke, dass Aum tatsächlich schuldig sein könnte. Ich kannte fast alle Verhafteten übrigens schon seit langem.
    Ob sie es getan hatten oder nicht, war für die normalen Aum-Anhänger im Grunde egal. Von Bedeutung war nur, ob man selbst mit seinen Übungen vorankam. Die eigene innere Entwicklung war wichtiger als die Frage, ob Aum schuldig war oder nicht.
    Murakami: Dennoch arbeitete die Aum-Lehre in eine bestimmte Richtung und führte zu Verbrechen, durch die viele Menschen getötet oder verletzt wurden. Wie stehen Sie dazu?
    Sie müssen eines verstehen: Nur die Leute, die eine sehr hohe Stufe erreicht haben, praktizieren Tantra-Vajrayana. Uns wurde immer wieder gesagt, dass nur diejenigen, die die Ebene des Mahayana abgeschlossen haben, so etwas ausführen dürfen. Wir anderen waren noch weit davon entfernt. Daher stellten wir auch nach dem Anschlag unsere Übungen und Aktivitäten nicht in Frage.
    Murakami: Aber abgesehen von der Frage höherer oder niedriger Bewusstseinsstufen ist Tantra-Vajrayana doch ein wichtiger Bestandteil der Lehre Aums und damit sehr bezeichnend, nicht wahr?
    Sie haben ja Recht, aber aus unserer Warte waren das unerreichbare Früchte, die nichts mit dem zu tun hatten, was wir normalerweise taten oder dachten. Etwas, das unendlich weit entfernt war. Um auf diese Ebene zu gelangen, muss man das Karma von Zehntausenden von Jahren abarbeiten.
    Murakami: Na gut, das spielte also für Sie keine Rolle. Aber nur einmal angenommen, Sie hätten die Ebene des Tantra-Vajrayana erreicht, und man hätte Ihnen befohlen, auf Ihrem Weg ins Nirvana jemanden zu töten. Hätten Sie es getan?
    Logisch betrachtet, ist das eine einfache Frage. Wenn ich einer Person, indem ich sie töte, zu größerer Glückseligkeit verhelfen kann, als sie in ihrem gegenwärtigen Leben je erfahren wird, ja. Das kann ich nachvollziehen. Andererseits kann so etwas nur jemand tun, der die Fähigkeit besitzt, den Prozess der Seelenwanderung und Wiedergeburt vollkommen zu durchschauen. Sonst sollte man besser die Finger davon lassen. Wäre ich also imstande zu durchschauen, was mit einer Person nach ihrem Tod geschieht, oder ihr zu helfen, auf eine höhere Ebene zu gelangen, dann hätte ich es wahrscheinlich auch getan. Aber meines Wissens gab es bei uns niemanden, der diese Erkenntnisebene erreicht hatte.
    Murakami: Dennoch haben diese fünf Personen es getan.
    Unter den gegebenen Umständen hätte ich es nicht getan. Das ist der Unterschied. Ich hätte nie die Verantwortung für so etwas übernehmen können. So etwas Furchtbares hätte ich nie tun können. Wer keinen Einblick in den Prozess der Seelenwanderung eines anderen Menschen hat, besitzt nicht das Recht, ihm das Leben zu nehmen.
    Murakami: Und Shoko Asahara hatte diesen Einblick?
    Ich glaube, zu der Zeit hatte er ihn.
    Murakami: Aber können Sie das ermessen? Haben Sie einen objektiven Beweis dafür?
    Nein, auf meiner augenblicklichen Stufe nicht.
    Murakami: Dann ist es doch unvermeidlich, dass er der Gerichtsbarkeit unserer Gesellschaft zugeführt wird, ganz gleich, welches Urteil ergeht?
    Ja. Ich behaupte ja auch nicht, dass Aum unfehlbar ist. Ich will nur, dass die wertvollen Aspekte Aums zum Wohl der gewöhnlichen Menschen eingesetzt werden.
    Murakami: Aber um eines einmal klar zu stellen: Die Verbrechen wurden begangen, bevor gewöhnliche Menschen in den Genuss von Aums Wohltaten kamen. Und nicht nur das, es waren sogar gewöhnliche Menschen, die umgebracht wurden. Wenn Sie diesen Widerspruch in Ihrer Argumentation nicht auflösen können, werden Sie wohl niemanden überzeugen.
    Deshalb glaube ich auch nicht, dass so etwas noch im Rahmen von Aum geschehen könnte. Ich bin Aum immer noch verbunden, weil ich der Gruppe so viel verdanke. Trotzdem versuche ich, mir persönlich über alles klar zu werden. Ich glaube, dass es weiterhin ein Potential gibt. Aber zu seiner Umsetzung wäre eine Art logischer Umkehrung erforderlich. Immerhin gibt es vielversprechende Aussichten. Ich muss jetzt das, was ich verstehe, in allen Einzelheiten von dem trennen, was ich nicht verstehe.
    Ich habe vor, ungefähr zwei Jahre abzuwarten, und wenn Aum sich dann noch im gleichen Zustand befindet wie

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