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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Herrn Takahashi auf dem Bahnhof verbracht. Ich war an diesem Tag stellvertretender Stationsvorsteher für die Chiyoda-Linie, und zwei Kollegen sind gestorben, während ich im Dienst war und die Verantwortung hatte. Männer, mit denen ich an einem Tisch gegessen habe. Wenn ich davon spreche, muss ich immer daran denken. Wenn ich ganz ehrlich bin, möchte ich mich gar nicht erinnern.
    Murakami: Ich kann verstehen, wie schmerzhaft das für Sie sein muss. Auf keinen Fall möchte ich Wunden aufreißen, die gerade erst begonnen haben zu heilen. Doch je mehr lebendige Augenzeugenberichte ich sammeln kann, desto authentischer wird mein Buch. Ich möchte wirklichkeitsgetreu übermitteln, was Menschen bei dem Anschlag am 20.3.1995 erlebt haben. Wenn Sie über etwas nicht sprechen möchten, müssen Sie das nicht. Erzählen Sie mir bitte nur, was Sie berichten wollen.
    Natürlich ist es sehr wichtig, diese Dinge weiterzugeben. Auch wenn ich mir immer wieder wünsche, alles zu vergessen, erinnere ich mich doch an vieles.
    An dem Tag hatte ich die 24-Stunden-Schicht und übernachtete auf dem Bahnhof. Mein Dienst ging bis acht Uhr morgens. Gegen 7.40 übergab ich den Bahnsteig 5 an den stellvertretenden Stationsvorsteher Okazawa. »Keine besonderen Vorkommnisse.« Nachdem ich anschließend die Fahrkartensperren und so weiter überprüft hatte, ging ich ins Stationsbüro, wo sich (der jetzt verstorbene) Herr Takahashi befand. Wenn ich auf den Bahnsteig ging, blieb Herr Takahashi im Stationsbüro, und umgekehrt.
    Kurz vor acht kam Herr Hishinuma (der ebenfalls in Ausübung seiner Pflicht verstorben ist), um sich um einen leeren Zug zu kümmern. Herr Hishinuma war bei der Transportabteilung und deshalb für die Fahrer und Schaffner zuständig. Es war schönes Wetter an dem Tag, und als wir unseren Tee tranken, machte er einen Scherz. »Wenn ich im Dienst bin, gibt es keine Verspätungen«, sagte er. Alle waren ziemlich guter Laune.
    Um acht ging Herr Takahashi nach oben auf den Bahnsteig, während ich im Büro blieb und mit der nächsten Schicht die Aufgaben für den Tag besprach. Bald kam Herr Okazawa ins Büro, nahm das Interkom und sagte: »In Tsukiji ist was explodiert, und sie mussten die Hibiya-Linie anhalten.« Wenn die Hibiya-Bahn gestoppt wird, bedeutet das Arbeit für uns in Kasumigaseki, denn die Züge werden hierher zurückgeschickt. Als Nächstes erhielten wir einen Anruf aus der Zentrale: »Verdächtiger Gegenstand in einem Waggon entdeckt. Bitte identifizieren.« Ich bat Herrn Okazawa am Apparat zu bleiben, während ich mich auf den Weg zum Bahnsteig machte, um nachzuschauen.
    Doch als ich ankam, waren alle Türen des Zuges A 725 K geschlossen, und er schien bereit zur Abfahrt zu sein. Auf dem Bahnsteig waren überall Flecken wie von Kerosin oder etwas Ähnlichem. Jeder Waggon hat vier Türen. Ich konnte erkennen, dass die Flecken von der zweiten Tür in einem der vorderen Wagen ausgingen. Um einen Pfeiler herum lagen sieben oder acht Stücke zusammengeknülltes Zeitungspapier. Herr Takahashi stand auf dem Bahnsteig. Offensichtlich hatte er versucht, das Zeug mit Zeitungspapier aufzuwischen.
    Herr Hishinuma war in der Fahrerkabine und sprach mit dem Fahrer. Die Funktionsfähigkeit des Zuges schien nicht beeinträchtigt zu sein. In diesem Moment fuhr auf dem gegenüberliegenden Gleis 6 ein Zug ein, dessen Fahrtwind wahrscheinlich das Sarin überall verteilte.
    Da das viele Zeitungspapier nicht in einen normalen Mülleimer passte, rief ich Herrn Takahashi zu: »Ich geh mal ein paar Plastiktüten holen« und ging zum Büro zurück. Dort sagte ich zu den Stationsgehilfen: »Auf dem Bahnsteig hat jemand Kerosin oder so was verschüttet, holen Sie bitte einen Lappen. Alle, die nichts anderes zu tun haben, kommen mit.« Herr Okazawa übergab an jemanden und folgte mir. Jetzt wurde über Lautsprecher angekündigt, dass die Hibiya-Linie eingestellt war.
    Was passiert ist, nachdem ich mit dem Sarin in Berührung gekommen bin, weiß ich nicht mehr so genau, aber auf dem Rückweg zum Bahnsteig hat mir offenbar jemand einen Lappen gegeben. Fast jeden Tag muss irgendetwas auf dem Bahnsteig aufgewischt werden. Wenn man Schmutz oder Wasserlachen nicht sofort beseitigt, stürzt vielleicht ein Fahrgast und verletzt sich dabei. Wenn zum Beispiel jemand Sake verschüttet, streuen wir Sägemehl drauf und fegen es zusammen. Das gehört zu den Finessen unserer Arbeit.
    Wie gesagt, diese in Zeitungspapier gewickelten Päckchen lagen an einem

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