Untergrundkrieg
auch nicht kalt, aber ich zitterte unablässig. Auch als ich mir die Arme fest um den Körper schlang, wurde es nicht besser. Ich holte ein Handtuch aus meinem Spind. Während ich mir im Gehen das Gesicht abtrocknete, konnte ich mich plötzlich nicht mehr aufrecht halten und brach zusammen. Mir war sehr übel, und ich kriegte keine Luft mehr.
Herr Hishinuma und ich sind etwa zur gleichen Zeit zusammengebrochen und bekamen Schmerzen. Ich habe Herrn Hishinumas Stöhnen noch im Ohr: »Ahhh, tut das weh.« Ich hörte auch noch, wie andere sagten: »Der Krankenwagen ist unterwegs. Halten Sie durch.« Und: »Er muss jeden Moment da sein.« An das, was danach geschah, habe ich keine Erinnerung.
Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich eventuell sterben könnte. Wahrscheinlich hat nicht einmal Herr Takahashi geahnt, dass er sterben musste. Immerhin war ja ein Rettungswagen unterwegs, der uns in ein Hospital bringen würde. Größere Sorgen als um den Tod machte ich mir um meine Arbeit, um das, was ich noch zu erledigen hatte.
Ich hatte eine Menge Schaum vor dem Mund. Das Handtuch hielt ich fest umklammert, wollte es einfach nicht loslassen. Plötzlich hatte ein Kollege eine gute Idee. Wir hatten ja Atemgeräte im Dienstraum, die ein Kollege namens Konno mir und Herrn Hishinuma auf den Mund legte. Mein Zustand war so schlecht, dass ich mir im Gegensatz zu Herrn Hishinuma die Maske nicht selbst mit der Hand auf den Mund drücken konnte. Daraus schließe ich, dass es mir zu diesem Zeitpunkt schlechter ging als ihm. Die Augen hatte ich weit aufgerissen.
Da man die einzige Bahre im Büro für Herrn Takahashi gebraucht hatte, gab es keine mehr für uns. Jemand beschaffte eine Trage aus dem Büro von Uchisawaicho, und weil meine Symptome schwerer waren, trugen sie mich zuerst nach oben. Herrn Hishinuma legten sie auf ein paar frische Laken und trugen ihn damit hinauf. Dann warteten wir alle am Ausgang A 11 auf den Krankenwagen.
Ich wurde in die Jie-Universitätsklinik eingeliefert, kam aber erst gegen elf Uhr am nächsten Morgen wieder zu Bewusstsein. Ich hatte zwei Schläuche im Mund, die Sauerstoff in meine Lungen pumpten, und konnte nicht sprechen. Ich bekam Infusionen in den Hals, die irgendetwas in beide Arterien leiteten. Meine Familie saß um mich herum.
Später besuchten mich vier meiner Kollegen aus Kasumigaseki. Weil ich nicht sprechen konnte, lieh ich mir einen Kuli, den ich auch kaum halten konnte, aber irgendwie schaffte ich es, den Namen Issho zu schreiben. Ich nannte Herrn Takahashi immer beim Vornamen. Einer der Kollegen legte die Arme überkreuz. Das sollte heißen, Herr Takahashi hatte nicht überlebt. Dann wollte ich nach Herrn Hishinuma fragen, aber der Name fiel mir einfach nicht ein. Mein Gedächtnis versagte. Also schrieb ich nur »Trans« für Transportabteilung. Wieder legte mein Kollege die Arme überkreuz. Da wusste ich, dass auch er ums Leben gekommen war.
Danach schrieb ich noch »Kasumi«. Gab es noch mehr Opfer unter den Kollegen an unserer Station? Aber den anderen ging es gut, ich war der schwerste Fall.
»Ich habe überlebt«, dachte ich. Ich wusste zwar immer noch nicht genau, was passiert war, aber ich hatte an der Schwelle zum Tod gestanden und überlebt. Die Erkenntnis, noch einmal davongekommen zu sein, verstärkte sich, je mehr besorgte Menschen mich besuchten. Ich war glücklich, dass ich noch lebte, und schämte mich gleichzeitig, weil die anderen beiden tot waren. Das bedrückte mich so, dass ich in der Nacht des 21. März kaum schlafen konnte. Wie manche Kinder in der Nacht vor einem Ausflug vor Aufregung nicht schlafen können. So ein Gefühl war das, wissen Sie?
Dank meiner Kollegen war ich gerettet worden. Sie waren mir so schnell sie konnten zur Hilfe geeilt, und mein Leben wurde gerettet.
Ich musste bis zum 31. März im Krankenhaus bleiben. Nachdem ich mich eine Weile zu Hause erholt hatte, ging ich schließlich am zweiten Mai wieder zur Arbeit. Meine körperlichen Kräfte kehrten allmählich zurück, aber meine seelische Verfassung war nicht die beste. Zum einen konnte ich kaum schlafen. Auch wenn ich einschlief, schreckte ich nach zwei oder drei Stunden wieder hoch und lag wach. So ging es tagelang. Das war sehr anstrengend.
Schließlich wurde ich ungemein reizbar. Schon beim kleinsten Anlass fuhr ich aus der Haut. Ich war irgendwie übererregbar. Weil ich natürlich auch nichts trinken durfte, hatte ich keine Möglichkeit, mich zu entspannen. Konzentrieren
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