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Unterland

Unterland

Titel: Unterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne C. Voorhoeve
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Schule.«
    »Ach, Schule! Das hat sowieso keinen Sinn. Wir bleiben nicht in Hamburg. Südamerika, das ist es, da kann man noch was werden! Aber hie r …?«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung des Hauses zu unserer Linken, in dessen Erdgeschoss eine Schneiderei eröffnet hatte. Durchs Schaufenster blickte man direkt in den Arbeitsraum, auf die einzige Nähmaschine und zwei Stoffballen, die einsam im Verkaufsregal lagen. Einer blau, einer braun. Bestellungen voraussichtlich wieder ab April.
    »Hier wird jede Hand gebraucht«, meinte ich.
    »Wofür? Damit die Alliierten am Ende noch mehr zu verscherbeln haben? In Südamerika werden die Deutschen noch geschätzt. Da haben wir noch Freunde, sag ich dir! Die freuen sich, wenn wir kommen.«
    Ich schwieg verdutzt. Von Freunden in Südamerika hatte ich noch nie gehört, oder auch nur davon, dass irgendjemand auf dem Planeten die Deutschen noch schätzte . Aber Wim hob entschlossen den Kopf, er schien nahezu mehrere Zentimeter zu wachsen vor lauter Stolz wegen der Südamerikaner.
    »Die Jagd nach Töpfen gehört bald meiner Vergangenheit an«, behauptete er und fügte mit mehr Grimm, als ich erwartet hatte, hinzu: »Darauf kannst du dich verlassen.«
    Die Ladenbesitzerin blickte entgeistert auf, als wir über die Schwelle traten; wahrscheinlich fürchtete sie, wir hätten unsere gesamte Familie zur Verstärkung mitgebracht. Als sie entdeckte, dass wir nur zu zweit waren, fragte sie schon beinahe freundlich: »Was gibt es denn noch?«
    Stumm zog Wim die Glühbirnen aus seiner Manteltasche; wir hielten es nicht für nötig, auch nur ein überflüssiges Wort mit dieser Hehlerin zu wechseln.
    »Wir brauchen keine Punkte. Sie können uns gleich das Bügelbrett geben«, verlangte Wim kühl.
    Die Frau nahm das Päckchen und händigte Wim das Bügelbrett wortlos aus. Ich hatte den Eindruck, dass sie, als sie uns zum zweiten Mal an diesem Tag gehen sah, fast noch erleichterter war als eine Stunde zuvor. Den belustigten Blicken, die Wim trafen, als er unsere Neuerwerbung über die Straße schleppte, wich er aus und brummte missmutig: »Wer in aller Welt braucht heutzutage eigentlich ein Bügelbrett?«
    Als wir zum dritten Mal in ihrem Laden auftauchten, fragte die Frau verärgert: »Sagt mal, wollt ihr mich vergackeiern?«
    »Die Glühbirne n … das Bügelbret t …!«
    Wir waren so schnell gelaufen, wie meine Krücken es zuließen, und völlig außer Atem. »Wir wollen das Bügelbrett zurückgeben!«, keuchte Wim. »Wir wollen die Birnen wiederhaben, jetzt gleich!«
    »Ihr wollt mich doch auf den Arm nehmen!«, sagte die Frau scharf. »Das ist ein Witz, stimmt’s? Irgendeine Wette? Macht, dass ihr rauskommt, und zwar jetzt gleich! «
    »Von wegen Witz!«, rief ich. »Wir wollten das Bügelbrett gegen einen Topf eintauschen, aber als wir in den anderen Laden kamen, war der Topf schon weg!«
    »Tja, Pech«, entgegnete die Frau kalt. »Was geht das mich an?«
    »Wir haben das Bügelbrett doch erst vorhin eingetauscht«, versuchte es Wim, dessen Gesicht puterrot geworden war. »Die Birnen können unmöglich schon weg sein.«
    »Geschäft ist Geschäft!«, erklärte die Ladenbesitzerin. »Habt ihr die Geschäftsordnung nicht gelesen? Noch größer kann man sie gar nicht anschlagen!«
    Sie zeigte hinter sich, ohne sich umzudrehen. Ich guckte über sie hinweg auf das Schild an der Wand und las: Einmal getätigte Geschäfte können nicht mehr rückgängig gemacht werden.
    »Es ist doch erst eine Viertelstunde her!«, wiederholte Wim und verlor ein klein wenig von seiner Haltung, die ich angesichts der Tatsache, dass er soeben mit viel Aufwand ein nutzloses Bügelbrett erworben hatte, ohnehin für beachtlich hielt. Ich hätte (obzwar der Vergleich sowohl angesichts der Lumpen an seinen Füßen als auch meiner eigenen orthopädischen Lag e … nun ja, hinkte) jedenfalls nicht unbedingt in seinen Schuhen stecken wollen.
    »Davor steht aber noch etwas«, machte ich die Frau aufmerksam. »Davor steht: Mit Handschlag gilt das Geschäft als besiegelt. Wir haben Ihnen die Hand aber gar nicht gegeben, also haben wir auch kein Geschäft zwischen uns getätigt.«
    Wim sah mich verdutzt an. Sein Gesicht hellte sich auf. »Stimmt!«, sagte er. »Du hast verdammt Recht. Es gibt überhaupt noch kein Geschäft! Es ist sozusagen noch gar nicht abgewickelt! Es sind sowieso noch unsere Birnen!«
    »Und wie«, entgegnete die Ladenbesitzerin spitz, »wollt ihr das beweisen?«
    »Überhaupt

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