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Unterland

Unterland

Titel: Unterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne C. Voorhoeve
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nicht«, erwiderte ich erstaunt. »Sie waren doch selbst dabei. Sie wissen doch, dass es so war.«
    Die Ladenbesitzerin lächelte. Ich sah mich um. Die drei älteren Frauen, die uns vorhin beigesprungen waren, mussten weitergezogen sein und ich erkannte niemanden, den ich als Zeugen hätte ansprechen können. Im Gegensatz zu den Frauen drehte sich jetzt auch kein einziger Kunde mehr zu uns um und riskierte Ärger. »Sie wollen uns doch nicht zum zweiten Mal am selben Vormittag bescheißen?«, fragte Wim ungläubig.
    Irgendwie war ich verblüfft, als ich ihn das sagen hörte. Dass er so schnell unsere Schwäche offenlegte, indem er an ihren Anstand appellierte, war ein Fehler, den ich ihm gar nicht zugetraut hatte. Der Frau war sofort klar, dass sie gewonnen hatte.
    »Dies ist eine Tauschzentrale«, sagte sie, nun wieder ganz liebenswürdig. »Selbstverständlich könnt ihr euer Bügelbrett jederzeit hierlassen und Punkte sammeln, die ihr gegen einen Topf eintauschen könnt. Eine n …«, sie warf einen spöttischen Blick auf unseren neu erworbenen Besitz, »einen eher kleinen Topf.«
    Ich sah, wie Wim zögerte; ich konnte ihm nahezu an den Augenbrauen ablesen, wie er die Demütigung dieses Angebots gegen die Schmach abwog, das Bügelbrett wieder mitnehmen zu müssen. Bevor er dazu kam, eine Entscheidung zu treffen, klemmte ich meine rechte Krücke hinter die linke und nahm ihm das Bügelbrett ab.
    »Nein, danke«, sagte ich laut. »Wir verzichten. Wir machen keine Geschäfte mit Betrügern.«
    Endlich blickten zwei, drei Kunden auf. »Mit Dieben und Hehlern!«, legte ich nach. »Nein, nein, vielen Dank. Komm, Wim, hier sieht man uns nicht wieder!«
    »Das will ich allerdings hoffen!«, rief die Frau, aber es war nicht zu übersehen, dass das letzte Wort meines war. Wim blieb nichts anderes übrig, als mir zu folgen. Ein kurzer Blick zurück schenkte mir in der Ladentür wenigstens die Genugtuung, einige der Feiglinge, die uns nicht geholfen hatten, beim Nachdenken ertappen zu können.
    »Ja, und jetzt?«, fragte Wim an der nächsten Ecke in vorwurfsvollem Ton, als sei das alles meine Schuld.
    Ich nahm’s ihm nicht übel; er musste sich blöd genug vorkommen. »Jetzt gehen wir zurück zum Schwarzmarkt«, bestimmte ich. »Vielleicht braucht heute jemand rein zufällig ein Bügelbrett! In den Tauschladen stellen können wir es immer noch.«
    Ohne Widerspruch nahm Wim das Bügelbrett und trabte neben mir her zurück zum Bahnho f – er zweifellos verblüfft, wie schnell ich kapiert hatte und ich beeindruckt, wie schlicht und einfach die Dinge doch funktionierten.
    Nur wenige Minuten später kam ich mir schon wieder blöd vor. Tapfer standen wir links und rechts von Wims Bügelbrett und ertrugen den einen oder anderen klugen Rat.
    »Macht doch Kleinholz draus!«
    »Habt wohl keine Lust mehr auf Hausarbeit?«
    »Klappt es auf und verleiht es als Verkaufsfläche!«
    Kamen eigentlich Klassenkameraden an dieser Stelle vorbe i …? Die Uhr am Bahnhofsturm war zerschossen, aber meinem Gefühl nach musste die Schule bald aus sein, und selbst wenn es nicht weiter aufgefallen sein sollte, dass ich ausgerissen war, fehlte es gerade noch, dass jemand, den ich kannte, mich mit einem Bügelbrett auf dem Schwarzmarkt stehen sah!
    Im nächsten Moment setzte mein Herz aus, denn drei Tommys kamen aus dem Bahnhofsgebäude direkt auf uns zu.
    Erwischt. Erwischt wegen eines Bügelbretts!
    »Lass uns abhauen!«, zischte ich.
    »Warum?«, gab Wim zurück. »Die wollen auch nur Geschäfte machen.«
    Und tatsächlich: Die Verkäufer um uns herum ergriffen nicht etwa die Flucht, sondern wandten sich sofort beflissen unseren Besatzern zu und zeigten, was sie hatten.
    »Die Tommys mit ihren Depots halten den Schwarzmarkt doch erst am Leben!«, raunte Wim. »Was glaubst du, woher die ganzen Zigaretten stammen?«
    Ich war perplex. Die Tommys missachteten ihre eigenen Gesetze! Rauchend schlenderten die drei Soldaten umher und sahen sich alles an, aber sie erweckten nicht den Eindruck, als wollten sie jemanden melden.
    »What’s that?«, fragte einer und blieb vor uns stehen.
    »A Biegel Brrrätt«, improvisierte Wim.
    Der Soldat grinste. »Eisern Kreuz?«, wollte er wissen. »Hitler-Picture?«
    Wir schüttelten den Kopf. Keine Ahnung, was aus Wollanks Hitler-Picture geworden war, aber unseres lag sicher unter den Trümmern von Mems Laden und das von Frau Kindler hatte der arme Leo nach der Kapitulation verbrannt. Was ein schwerer Fehler gewesen war,

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