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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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ist, dann haben sie die Leiche von Schulz drüben unter der Garage gefunden, und der Klütz hat alles gestanden … Und nun? Soll alles wieder von vorn losgehen?«
    Mannhardt zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Das hängt davon ab, was wir herausfinden.«
    »Sie sind Kriminalbeamter?«, wollte die Laubach wissen.
    »Ja.«
    »Lügen Sie nicht so frech! Nicht in Ihrem Alter.«
    Mannhardt duckte sich unwillkürlich. Lehrerinnen wie die Laubach hatten in solchen Fällen früher immer mit dem Stück Kreide geworfen, das sie gerade in der Hand hatten.
    »In Ihrem Alter ist man längst pensioniert«, fuhr die Laubach fort.
    »Pardon!« Mannhardt deutete eine leichte Verbeugung an. »Ich war früher wirklich Leiter der 12. Mordkommission, bin aber immer noch sozusagen im Dienst, weil ich an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, wo unsere Kriminalkommissare ausgebildet werden, weiterhin einen Lehrauftrag im Fach Kriminologie habe. Und das hier ist einer meiner Studenten …« Er zeigte auf Orlando.
    »Ja«, kam es ergänzend von seinem Enkel. »Wir haben gerade mit einem Projekt über ungelöste Fälle begonnen …«
    »Im Fachjargon ›nasse Fische‹«, ergänzte Mannhardt. »Und irgendwie ist der Fall Schulz so ein nasser Fisch.«
    Carola Laubach zeigte sich mit diesen Antworten zufrieden und verzichtete darauf, die Polizei zu rufen.
    So wagte es Mannhardt, weitere Fragen zu stellen. »Wem gehört inzwischen dieses Grundstück …?«
    »Das entzieht sich leider meiner Kenntnis. Die Eigentümer wechseln häufig. Zuletzt war der andere Nachbar im Gespräch, der Herr Professor Schönblick.«
    Mannhardt staunte. »Der hat doch das Baugrundstück damals mitsamt dem Rohbau an Karsten Klütz verkauft …?«
    »Ja, aber dann, als Herr Klütz verurteilt worden war, von ihm zurückerworben. Zu einem viel geringeren Preis, wie man mir erzählt hat, da es lange Zeit als schwer verkäuflich galt.«
    »Wegen der vergrabenen Leiche, klar.« Mannhardt nickte. »Und was ist eigentlich aus Wiederschein und seiner Frau geworden?«
    »Auch davon habe ich keine genaue Kenntnis, ich weiß nur, dass die beiden damals nach Bremen gegangen sind.«

     

9.
    Er sah deutlich die ganze Geschichte wieder lebendig werden, und ein Schwindel ergriff ihn, wenn er an all das dachte, was bei diesem Stande der Dinge jeder Tag bringen konnte.
    (Theodor Fontane, ›Unterm Birnbaum‹)

     

     
    Rainer Wiederschein arbeitete, wie schon so oft in seinem Leben, als Kellner, diesmal in der Bremer Altstadt. Es war schwere Arbeit, die er hier zu verrichten hatte, denn sie hatten nicht nur im Parterre des schmalen Hauses im Schnoor ihre Tische stehen, sondern auch in der ersten Etage, doch trotz des vielen Treppensteigens war er immer fröhlich und stets zu Scherzen aufgelegt. Jeder Tag war ein Geschenk für ihn, denn eigentlich hätte er in Tegel im Gefängnis sitzen müssen. Ja, es war ein Glück, dass er dem Schlachtfeld Berlin mit nur kleinen Blessuren entronnen war. Und er schmiedete bereits wieder große Pläne. Jetzt, wo er Angela nicht mehr am Hals hatte, da … Ein lautes Hallo riss ihn aus seinen Träumen.
    »Da ist er ja!« In der Tür stand Werner Woytasch. »Ich wusste doch, mein Lieber, dass ich Sie hier in Bremen irgendwo finden würde.«
    »Ja, in Bremen ist alles etwas kleiner als in Berlin, nur im Fußball sind wir um einiges größer.«
    Sie schüttelten sich die Hände, und Wiederschein führte den Gast aus Frohnau zu einem abgelegenen Tisch unter der nach oben führenden Treppe, sodass man, war etwas weniger Betrieb, ein paar Minuten ruhig miteinander plaudern konnte.
    »Ich bin zu einer kommunalpolitischen Tagung hier«, erzählte Woytasch. »Oben im Bürgerpark. Und da komme ich mit einem Genossen aus Bremen ins Gespräch, der früher öfter mal mit mir in Ihrem ›à la world-carte‹ gegessen hat, und der erzählt mir, dass Sie hier im Schnoor gelandet sind. Also bin ich natürlich gleich her, um Ihnen Guten Tag zu sagen.«
    »Eine gute Idee«, antwortete Wiederschein und setzte sich einen Augenblick neben Woytasch an den Tisch. Der Wirt sah das nicht gern, aber: na und?
    Woytasch rechnete einen Augenblick. »Fünf Jahre ist es nun her, seit Sie aus Frohnau weg sind …«
    Wiederschein lächelte. »So ist es. Wenn man total pleite ist, bleibt einem nur noch die Flucht. Und da Angela hier Verwandte hatte, sind wir nach Bremen gegangen.«
    »Was macht denn Ihre Frau?«, fragte Woytasch.
    »Keine Ahnung.« Wiederschein

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