Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
schließlich hast du es gelernt.“
Sabrina war stolz, dass ihr Wissen hier etwas zählte. Es hob ihr Selbstbewusstsein, und das tat ihr gut.
Die Fläche des neuen Feldes wurde abgesteckt, und schon am Nachmittag wurde es gepflügt, anschließend mit der Egge geglättet. Der Wind, der über den ausgetrockneten Boden fegte, ließ größere Staubwirbel über dem Feld entstehen. Mit der Drillmaschine, die ebenfalls von Pascal war, konnte noch vor Sonnenuntergang die Saat ausgebracht werden.
Und als es zwei Tage später regnete, waren alle glücklich darüber und vor allem, weil es kein Wolkenbruch war, sondern ein feiner Landregen, wie Franziska zu sagen pflegte.
Schlechte Nachrichten
Monate später.
Das Postflugzeug kreiste über Mozzie und warf die Post ab. Für alle, die auf der Farm wohnten, war das immer ein ganz besonderes Erlebnis. Neben den Briefen waren die Zeitungen das Interessanteste. Sie waren zwar schon einige Tage alt, aber das störte hier niemanden. Das Wichtigste war, dass man erfuhr, was es Neues auf der Welt gab. Ob es nun die Politik betraf, oder den Klatsch von irgendwelchen Prominenten, das war egal. Kevin las den Sportteil und hielt die Zeitung so, dass Bob, der keine Zeitung abbekommen hatte, die hintere Seite lesen konnte.
Vor Jahren hatte Franziska dafür gesorgt, dass jeder, der auf der Farm lebte, auch lesen und schreiben konnte.
„Ist Darwin weit von hier?“, fragte Bob.
„Ja, ziemlich weit sogar. Es liegt an der Nordküste Australiens. Ich schätze, dass es Luftlinie – äh – na sagen wir, fast dreitausend Kilometer sein könnten“, antwortete Kevin, „warum fragst du?“
„Hier steht, dass aus einer Strafanstalt zwei Mörder ausgebrochen sind und diese vermutlich auf dem Weg nach Süden sind.“
Diese Neuigkeit wollten nun alle wissen, und Kevin las den Artikel laut vor.
„Durch die Wüste schaffen die es nie ohne entsprechende Ausrüstung. Das hält keiner durch“, sagte Fred, um alle zu beruhigen.
„Ja, der Meinung bin ich auch“, erwiderte Kevin, „mir könnt ihr es ruhig glauben. Die tägliche Nahrungsration wird in den Gefängnissen so knapp gehalten, dass man gerade noch überlebt und zum Arbeiten fähig ist.“
Aber in den Köpfen der anderen war das nicht überzeugend genug. Ein Rest von Zweifel blieb bei einigen bestehen.
Am Abend, bevor Sabrina sich hinlegte fragte sie: „Mum, ob Neil in Gefahr ist?“
Franziska strich liebevoll ihrer Tochter übers Haar, wie sie es oft gemacht hatte, als sie noch klein war. „Mach dir keine Sorgen, Schatz. Der Kontinent ist riesengroß. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese beiden Gruppen sich treffen, ist völlig ausgeschlossen. Stell dir nur vor, dass zwei Ameisen sich um keinen Preis treffen wollen. Eine läuft in Brisbane los zu unserer Farm und die andere von hier will nach Brisbane. Was meinst du, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die beiden sich unterwegs treffen?“
Sabrina sprudelte vor Lachen aus sich heraus. „Oh, Mum, ich glaube, das ist der komischste Beweis dafür, dass du Recht hast.“
Kevin wurde durch das Gelächter angelockt. „Hallo, ihr Zwei, was gibt es so Lustiges. Darf ich mitlachen?“
Franziska drehte sich zu ihm um und gab ihm durch Blicke zu verstehen, dass er besser draußen warten sollte. Sie befürchtete nämlich, dass ihr Vergleich keinen Bestand haben könnte.
Als Franziska ihm später davon erzählte, lachte auch er und meinte nur: „Einen besseren Vergleich hätte ich nicht bringen können.“
„Aber mal im Ernst, Kevin, mir gingen auch schlagartig ähnliche Gedanken durch den Kopf. Sie laufen doch zum Ayers Rock. Die einzige Straße von Darwin nach Süden geht am Ayers Rock vorbei. Also finde ich die Wahrscheinlichkeit schon groß“, flüsterte sie, damit Sabrina ihre Unterhaltung nicht hören konnte.
„Komm, Schatz, wir vertreten uns etwas die Beine. Ein kleiner Spaziergang tut uns gut.“
Franziska wusste nur zu gut, dass er diesen Spaziergang nur vorschlug, um ungestört reden zu können.
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass die beiden so blöd sind und auf Straßen laufen. Sie werden mit Sicherheit die Straßen weit hinter sich lassen.“
„Du hast sicher Recht“, beruhigte sie sich.
Cecilia saß auch auf ihrer Veranda.
„Hallo, Cecilia, hast du nicht Lust auf einen kleinen Spaziergang, nur eine kleine Runde.“
„Oh ja gern. Die Kinder schlafen schon, und Fred liest die Zeitung. Ich sage nur Bescheid.“
Während sie im Haus verschwand,
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