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Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Titel: Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Röbel
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waren weg“, schrie Milunca voller Verzweiflung.
    Wie in einer Starre verharrten alle. Keiner war zu einer Bewegung fähig. Es dauerte geraume Zeit, bis Googana fragte: „Die das getan haben, waren die noch da?“
    Milunca schüttelte den Kopf, und wie in Trance sagte er: „Ich habe nur Tote gesehen.“
    Sie warteten noch bis zum Nachmittag.
    Googana gab seinen Entschluss bekannt: „Die Männer der Anangu sind sicher auf der Jagd und kommen bald zurück. Ich gehe mit Milunca zum heiligen Berg, und wir schaffen die leblosen Körper unserer Sippen in den heiligen Berg, damit sie zu den Ahnen aufsteigen können. Ihr Frauen bleibt mit Neil hier. Wir kommen zurück, sobald wir alles erledigt haben.“
    „Warum kann ich nicht mit? Ich habe Kraft und kann euch doch helfen!“ protestierte Neil.
    „Nein, deine Aufgabe ist es, die Frauen zu beschützen.“ Googana duldete keinen weiteren Widerspruch. Neil hatte einen wichtigen Auftrag erhalten und musste diesen auch ausführen. Obwohl er mit Sicherheit glaubte, dass dieser Auftrag nur Tarnung war. Die Frauen konnten ganz gut auf sich selbst aufpassen, man wollte ihn von einer gefährlichen Situation fernhalten.
    Zwei Tage später waren die Männer immer noch nicht zurück, und Neil spürte, dass selbst die Frauen sich schon sorgten.
    „Soll ich nachschauen, warum Googana und Milunca solange fort sind?“
    „Nein, sie werden schon bald zurück sein“, sagte Benala mit sorgenvoller Stimme.
    Doch sie kamen nicht zurück, und die Unruhe wuchs in der Gruppe. Benala schaute nun fragend zu Neil. Dieser verstand und meinte: „Soll ich nachsehen?“
    „Ja, aber ich komme mit.“
    Sie erklärte Minendie, Karaween und Apalie, dass sie bald wieder da wären. „Wir schauen nur vorsichtig nach, warum es solange dauert.“
    Beide gingen geduckt und ohne ein Geräusch zu machen zu dem heiligen Felsen, dem Uluru. Lustiges Geplapper hörten sie aus der Ferne. Benala gab durch Handzeichen Neil zu verstehen, dass er sich flach auf den Bauch legen sollte, da das Spinifex-Gras kaum Deckung bot. Sie beobachteten die Männer, die von der Jagd kamen. Die Jäger hatten zwei Kängurus erlegt, und zwei Jäger trugen sie über den Schultern. Als sie in die Nähe ihres Lagers kamen, verharrten sie im Schritt, weil auch sie die Gefahr spürten.
    Benala sah, dass überall die toten Körper verteilt waren. Googana und Milunca wollten sie in die Höhle des Berges bringen. Warum kamen sie nicht dazu. Wo waren sie? Benala drückte Neils Körper fest auf die rote Erde. Sie selbst hob vorsichtig den Oberkörper, um zu erkennen, was geschehen war. Sie beobachtete, wie verzweifelt die Männer sich umschauten. Sie konnten das Ausmaß der Tragödie nicht fassen. Ihr ganzer Stamm war ausgerottet.
    Bevor Benala mit Neil aus ihrer Deckung kam, sah sie sich vorsichtig um. Schließlich konnten die Mörder noch im Hinterhalt sitzen. Sie entdeckte niemand und ging mit ihrem Schützling zu den trauernden Männern. Benala sprach nur einige Worte mit den Anangu und zeigte auf die Körper von Ooka und Noura. Nach längerem Suchen fand sie auch Googana und Milunca. Bei diesem Anblick wurde es ihr übel, und sie übergab sich. Benala und Neil halfen den Männern, ihre Angehörigen in den Berg zu schaffen, so wie es Googana und Milunca tun wollten. Googana hatte einen Talisman um den Hals, und Benala nahm ihn an sich. Es war ein kleines Foto in Herzform, darin befand sich Sabrinas Bild. Ihre Mum hatte es vor langer Zeit Googana geschenkt. Nun lagen sie auch hier. Benala konnte es nicht fassen. Sie wollten Neil ihren Berg zeigen, sie wollten ihm die Geschichten, die dazu gehörten, erzählen und wollten ihn mit schönen Mädchen bekannt machen. Doch nun – waren alle tot.
    „Die Frauen werden sich sorgen“, meinte Neil, „ich werde sie holen.“
    „Du hast Recht. Ich komme mit.“
    Doch das Leid sollte noch nicht zu Ende sein. Die beiden ausgebrochenen Sträflinge hatten richtigen Spaß an ihren Grausamkeiten. Sie fanden die drei zurückgelassenen Frauen. Es war ein leichtes Spiel für die beiden Gewalttäter, sie zu überwältigen. Sie misshandelten die wehrlosen Frauen, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gaben.
    Das war zuviel für Benala, sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und fiel in Trance. Sie schaukelte kaum merklich mit ihrem Oberkörper nach vorn und zurück, und aus ihrem Mund kamen kläglich klingende Laute.
    Neil war verzweifelt. Er musste Benala allein zurücklassen, um zu den Anangu

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