Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
störrischen Teenager umgeht.
„Weißt du, dass deine Mum dich mit Sicherheit mehr liebt als mich?“
Sie schüttelte ihre blonde Lockenmähne.
„Doch Sabrina, das kannst du mir glauben. Deine Mum hat schon soviel Furchtbares erlebt. Denke nur an deine Geschwister. Es ist das Schlimmste für eine Mutter, ein Kind nach dem anderen zu verlieren und zu allem Unglück auch noch den Mann, den sie liebte. Sie hatte nur deinetwegen den Mut aufgebracht, hier in einem fremden Land Fuß zu fassen. Ihr allerhöchstes Ziel galt dir. Nämlich, dass du überlebst. Sie hat dich beschützt und behütet. Als du damals verschwunden warst, verlor deine Mum Tag für Tag ein Stück von ihrem Leben. Es ist nicht auszudenken, was mit ihr passiert wäre, wenn man dich nicht gefunden hätte. Sie hätte das nicht überlebt, weil du ihr einziger Lebensinhalt warst und bist. Sie will nur das Allerbeste für dich, und natürlich ist sie stolz auf dich, wenn du selbständig Entscheidungen triffst. Aber es ist auch ihre Pflicht einzugreifen, wenn du Fehler begehst. Wir wissen, dass du Neil sehr lieb hast. Nur, er ist noch zu jung. Damals bei deinem Abschlussball hörte ich viel von dir und Jeremy. Ich nahm an, dass er deine große Liebe ist?“
„Ach der, der kam einfach nicht, keiner wusste warum. Und gehört habe ich auch nie wieder etwas von ihm! Auf Neil hat mich eigentlich erst Mum mit ihren vielen Fragen aufmerksam gemacht. Mit einem Mal sah ich ihn mit ganz anderen Augen. Und plötzlich liebte ich ihn.“ Tränen liefen über ihr Gesicht.
„Eigentlich fängt die Liebe anders an! Lass ihn erst erwachsen werden. Lass ihn selbst entscheiden, ob er dich mag oder nicht. Und solltet ihr euch füreinander entscheiden, dann weißt du sicher auch, dass sich damit dein ganzes Leben ändern wird. Du wirst dein restliches Leben nur für deinen Mann kämpfen müssen, weil sich so gut wie alle von dir abwenden werden. Es wird sich schnell herumsprechen, und deine Freunde werden sich von dir abwenden, und deine Geschäftspartner lassen dich fallen. Bist du wirklich stark genug, das alles mit Würde zu überstehen? Wirst du nicht irgendwann im Innern deinem Mann die Schuld für seine Hautfarbe geben? Wenn du dir über das alles im Klaren bist, was mit Sicherheit auf dich zukommt und du dich trotz allem für Neil entscheiden solltest, wäre deine Mum die Letzte, die etwas gegen die Verbindung einzuwenden hätte.“
Kevin erhielt keine Antwort. Sabrina stand auf, legte sich auf ihr Bett, den Kopf in das Kissen gesteckt und weinte. Kevin war sich nicht einmal sicher, ob sie ihm überhaupt richtig zugehört hatte.
Er stand in der Tür zu Sabrinas Zimmer. „Denke bitte über alles nach, was ich dir soeben erzählt habe. Wenn du willst, reden wir morgen weiter miteinander. Gute Nacht, Sabrina.“
Um den Abwasch kümmerte sich Kevin allein, und Franziska saß gedankenverloren auf der Veranda im Schaukelstuhl.
Ab dem nächsten Tag ging eine Veränderung mit Sabrina vor. Man hörte sie wieder lachen, und niemand erwähnte wieder dieses heikle Thema.
Kurz danach kamen Fred und Andy mit den erworbenen Rindern an, sodass Sabrina vorerst genug Arbeit hatte, um auf andere Gedanken zu kommen. Die Tiere bekamen ihr Brandzeichen und wurden danach auf die riesigen Weideflächen getrieben. Bei der Hitze war das nicht gerade ein Vergnügen, aber danach wurde hier ja sowieso nie gefragt.
Am Horizont türmten sich Wolken auf, die Abkühlung und Regen versprachen.
Sabrina schaute zum Himmel und beschirmte mit der Hand ihre Stirn vor den Sonnenstrahlen. „Was meinst du, Fred, es sieht fast so aus, als ob es bald regnet?“
„Mit Sicherheit, Sabrina. Ich kann ihn schon förmlich riechen. Aber ein bis zwei Tage dauert es schon noch.“
„Wäre es da nicht gut, wenn wir vorher das Weizenfeld vorbereiten und den Samen einbringen? Er wächst besser an, wenn es gleich danach regnet!“
„Also gut, worauf warten wir noch. Ich schicke Bob mit dem Wagen zu Pascal. Ich habe mit ihm bereits deswegen gesprochen, er könnte uns zwei Eggen ausleihen.“
„Fein, da kann es ja schon heute Nachmittag losgehen.“
Sabrina ritt mit ihrer Mum, Kevin und Fred los, um ein geeignetes Stück Land dafür auszusuchen. Es sollte nah am Wasser liegen und nicht allzu weit vom Haus entfernt, aber doch weit genug von den Teebaumpflanzen entfernt sein.
„Bei der Ernte des Weizens könnte der Staub die Qualität des Teebaums beeinflussen.“
„Du musst es ja wissen, mein Kind,
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