Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
zu gehen. Denn auch die drei Frauen mussten bestattet werden. Als er zurückkam, saß Benala unverändert da. Man brachten sie zu dem Uluru. Es ging ihr sehr schlecht. Es war, als wollte ihr Geist nicht mehr leben. Neil kümmerte sich rührend um sie.
„Sie muss gesund werden, ich finde mich doch sonst nie mehr nach Hause!“
Bis auf Mandaway, der wegen seines Alters bei Neil und Benala blieb, zog der Rest der Stammesmänner los, um die Mörder zu suchen. Sie konnten noch nicht weit sein.
Die beiden Sträflinge waren sich sicher, dass keiner mehr am Leben war, der sie verfolgen konnte.
Nach einigen Tagen kamen die Anangu sichtlich zufrieden zurück.
„Habt ihr sie erwischt?“, wollte Neil wissen.
Sie nickten zufrieden und antworteten: „Es waren zwei. Sie haben ihre Strafe bekommen.“
Es vergingen viele Wochen, bis es Benala endlich besser ging. Aber sie sprach immer noch kein einziges Wort. Und so sollte es auch bleiben. Körperlich schien Benala gesund zu sein, aber ihr Geist war weit weg.
„Benala, wollen wir nach Hause gehen?“
Es kam keine Regung von ihr.
Neil wandte sich an Mandaway. „Ob sie weiß, wo ich zu Hause bin?“
Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Da bin ich mir nicht sicher. Sie sucht zwar Beeren und kocht, aber ob sie weiß, was sie tut, kann ich dir nicht sagen. Du musst Geduld haben Neil, vielleicht wird ihr Zustand mit der Zeit besser.“
„Wie lange soll ich noch warten?“, fragte Neil.
„Auch mit Ungeduld kannst du sie nicht schneller gesund machen!“
Aber Neil wollte nicht länger warten, er wollte zurück zu Sabrina, dahin, wo es keinen so schrecklichen Tod gibt.
Aufbruch
Neil wusste schon gar nicht mehr genau, wie lange er von zu Hause weg war. Waren es zwei, drei oder vier Jahre? Dabei wollte er nur drei Wochen wegbleiben. Dachte Sabrina noch an ihn oder hatte sie ihn bereits vergessen, wie es in der Absicht der Mütter lag? Benalas Zustand war unverändert.
Abends saßen sie am Lagerfeuer und summten traurige Lieder.
Neil fasste einen Entschluss, er wollte nach Hause. „Ich muss mit dir reden, Mandaway!“
Mandaway nickte, sagte aber nichts.
Neil hatte gelernt, dass man erst mit dem Stammesältesten redet, wenn er es erlaubt.
Es dauerte auch noch einige Zeit. Mandaway kaute genüsslich auf einem Stück Echsenfleisch. Es war nicht richtig durchgebraten, so blutig mochte er es. Mit dem Handrücken wischte er sich die Blutreste von dem Mund. „Du willst nach Hause?“, fragte er Neil.
Dieser war sehr überrascht. Zum einem rechnete er in diesem Moment nicht damit, dass Mandaway das Wort an ihn richtete, und zum anderen staunte er nicht schlecht, als dieser auch noch wusste, worüber Neil mit ihm reden wollte. „Ja!“, antwortete schließlich Neil, „aber ich weiß nicht, ob ich diesen Marsch Benala zumuten kann und vor allem, ob sie mir zeigen kann, wo wir lang gehen müssen.“
„Diese Frage, Neil, kann ich dir auch nicht beantworten. Ich weiß nur eins, dass sie kräftig genug ist für diese Wanderung. Ich kann euch leider nicht begleiten, wir“, und damit zeigte er auf die Handvoll Männer, die von seinem stolzen Stamm übrig geblieben waren, „müssen hier bleiben, unser Platz ist bei unseren toten Frauen und Kindern.“
Neil verstand sehr gut. Er hatte auch gar nicht vor, Mandaway um Begleitung zu bitten. „Ich dachte nur“, sagte er nachdenklich, „du könntest heraus finden, ob sie den richtigen Weg finden wird.“
„Das weiß ich nicht, Neil, tut mir leid, dass ich dir in dieser Hinsicht nicht helfen kann.“
Am nächsten Morgen hieß es Abschied nehmen.
„Ich möchte dir noch einen Rat mit auf den Weg geben. – Orientiere dich am Sonnenaufgang und am Sonnenuntergang. Bei Sonnenaufgang sollte dir die Sonne in das Gesicht scheinen, und bei Sonnenuntergang musst du vor den Füßen deinen Schatten sehen können. Am Mittag, wenn die Sonne am höchsten steht, fällt dein Schatten über deine rechte Schulter. Das ist zwar keine Garantie, dass du deine Farm findest, aber auf jeden Fall kommst du so an die Ostküste. Dort kann dir dann jeder sagen, wo Brisbane liegt.“
Mandaway griff in einen Lederbeutel, der an der Seite am Lendenschurz befestigt war und hielt Neil ein Messer hin.
„Das ist von Googana“, sagte er „sicher ist er damit einverstanden, wenn du es ab heute trägst.“
Stolz nahm Neil dieses kostbare Geschenk an sich.
Gegen Mittag wuschen sich Neil und Benala in den Quellen des heiligen Berges. Dieses Wasser
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