Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
wandern jetzt zum Beispiel auf unserem Traumpfad, auf dem Traumpfad des Emus. Sieh dir genau den Horizont an und lass dabei deine Fantasie frei. Dort, wo du Formen eines Emus erkennst, da müssen wir hin. Und wenn wir dort sind, dann suchen wir den Horizont wieder nach so einem Zeichen ab. Und so geht es immer weiter bis an unser Ziel.“
Googana stand auf und kam mit einem Leckerbissen für alle zurück.
Sie hatten heute ein Nest mit wilden Bienen gefunden und deren Waben mitgenommen. Sie schmeckten süß und köstlich.
An diesem Abend wurden noch viele Geschichten erzählt, die von der Traumzeit handelten.
Manchmal wurden auch am Abend Spiele gemacht, wobei keiner gewann und keiner verlor. Neil verstand zuerst den Sinn der Spiele nicht, doch Milunca erklärte: „Warum soll einer gewinnen und ein anderer verlieren, da hätte doch nicht jeder Freude am Spiel. Stell dir nur vor, wie traurig der wäre, der verliert. Bei unseren Spielen soll aber jeder Freude haben.“
Und so war es auch, es hatten wirklich alle ihren Spaß.
Bevor sie sich schlafen legten, grub sich wieder jeder mit den Händen eine Mulde.
Als Neil es sich darin bequem machen wollte, sagte Googana, der heute Nacht neben Neil lag: „Ich habe mal gehört, was ein kluger, weißer Mann – ja es gibt auch Kluge unter ihnen – gesagt hatte. Er meinte, die Ureinwohner“, dabei zeigte er stolz auf seine Brust „leben schon seit über 40 000 Jahren in Australien, somit sind sie die längste überlebende Kultur der Geschichte.“
Als Neil vor Kälte zusammengerollt in seiner Mulde lag, gingen ihm noch lange die heute gehörten Geschichten durch den Kopf.
Ein ernstes Gespräch
Als Franziska mit Kevin endgültig nach Hause kam, hatte sich Sabrina schon etwas beruhigt. Franziska suchte das Gespräch mit ihrer Tochter, doch diese wich ihr stets aus.
Cecilia meinte: „Lass ihr Zeit, sie muss es erst verarbeiten.“
Franziska stand in der Küche und brutzelte etwas Leckeres zum Abendbrot. Sie wollte Kevin damit überraschen, doch dieser folgte dem Duft und kam neugierig in die Küche.
„Hmm, wie lange habe ich auf diesen Duft verzichten müssen!“
Er fasste von hinten ihre Taille und küsste ihr dabei den Nacken. Franziska schob die Pfanne an den Ofenrand, drehte sich zu Kevin um und sagte: „Ich glaube, ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich hätte mich nicht in Sabrinas Angelegenheiten mischen dürfen!“
Sabrina, die von ihrem Zimmer aus dies hörte, stand sofort in der Tür. „Da hast du nun wirklich einmal Recht, Mum. Ich verstehe nicht, warum sich jeder in mein Leben einmischt. Ich bin alt genug, um für mich selbst entscheiden zu können. Und wenn ich einen Fehler mache, dann bitteschön möchte ich auch selbst dafür gerade stehen“, brüllte sie unter Tränen und knallte die Tür energisch wieder zu.
Kevin bot Franziska an: „Lass mich das Fleisch weiter braten, geh rein und rede mit ihr.“
„Nein, es wurde für heute genug gesagt. Sie soll erst darüber schlafen, vielleicht denkt sie morgen schon ganz anders.“ Leise fügte sie hinzu, „vernünftiger.“
Kevin hob seine Schultern hoch. „Das glaube ich nicht, denn schließlich ist es schon drei Wochen her, als sie alles erfuhr. Ich denke, sie fühlt sich ungerecht behandelt und lässt daher keine anderen Gedanken in ihren Kopf.“
„Sicher, aber ich kann nicht ruhig mit ihr reden. Wenn Liebe im Spiel ist, dann setzen Verstand und Logik aus. Sie sieht nicht ein, dass ihr Leben in eine Sackgasse laufen würde.“
„Wenn du möchtest, reden wir beide mit ihr. Vielleicht beherrscht sie sich da etwas mehr.“
Franziska legte ihren Kopf auf Kevins Schulter und seufzte. „Ich bin so froh, dass ich dich wieder habe, und dann wirst du gleich mit so kindischen Problemen belastet.“
„Das ist nun mal das Los eines Familienvaters“, erwiderte er lächelnd „und nach genau solchen Problemen habe ich mich gesehnt.“
Das Abendessen verlief sehr schweigsam. Als Franziska fertig war, ging sie auf ihre Veranda. Sie hielt diese Stimmung einfach nicht mehr aus.
„Was hältst du davon, wenn wir beide abwaschen?“, fragte Kevin Sabrina. Schweigend räumte Sabrina den Tisch ab, und Tränen der Wut liefen über ihr Gesicht.
„Sabrina, darf ich dir die Verhaltensweise deiner Mum erklären?“
Sie nickte.
„Komm, leg jetzt den Abwaschlappen aus der Hand, wir setzen uns.“
Am Esstisch saßen sie sich gegenüber. Kevin hatte überhaupt keine Erfahrung, wie man mit einem
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