Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
sollte beiden Kraft verleihen – Kraft für ihr Vorhaben. Neil stutzte sich mit dem Messer von Googana seine Haare und auch seinen Bart, so wie er es von ihm einst gelernt hatte.
Danach hieß es Abschied nehmen. Er umarmte dankend Mandaway, verabschiedete sich auch von den wenigen anderen. Dann nahm er Benala an die Hand und ging mit ihr der Sonne entgegen.
Eine schreckliche Vision
1955
Ein wunderschöner Sonnenaufgang versprach einen herrlichen Tag. Cecilia hatte vorgeschlagen, unten am Fluss ein Picknick zu machen. Jeder brachte etwas mit. Franziska sorgte dafür, dass die Kinder einen unvergesslichen Tag erleben sollten. Inzwischen gab es auf Mozzie noch zwei Aborigines Kinder. Also dachte sie sich Spiele aus und packte Süßigkeiten für die kleinen Schleckermäuler mit ein.
Cecilia war gerade dabei, ihre Tasche mit den Nahrungsmitteln nach draußen zu bringen, als sie eine Stufe übersah und in den roten Sand stürzte. Ein Aufschrei des Schmerzes durchzuckte den noch kühlen Morgen. Und ein Schwarm Kakadus erhob sich daraufhin lärmend in den blauen Himmel. Maggi schaute erschrocken aus dem Fenster und sah Cecilia im Staub liegen. Sie rannte gleich hinaus, und als sie zur ihr kam, waren schon Fred und Kevin zur Stelle.
Cecilia trieb der Schmerz Tränen in die Augen. Der Knöchel schwoll schnell an. „Es tut so weh“, weinte sie.
Fred trug sie ins Haus.
Franziska, die inzwischen auch gekommen war, holte aus dem Schrank eine Schüssel, ließ kaltes Wasser einlaufen und machte mit einem Tuch feuchte Wickel um den Fuß.
„Ich glaube, das Picknick können wir für heute vergessen, mit dem Fuß kannst du nicht laufen.“
Die immer noch weinende Cecilia nickte und sagte schluchzend: „Bring das mal Alina bei, sie freut sich ganz toll darauf.“
„Mach dir darüber keine Sorgen, dieses Problem erledige ich gern für dich.“
Alina hatte das Gespräch gehört und saß nun trotzend hinterm Haus im Gras.
„Hallo, Alina, ich habe dich schon gesucht.“
„Ich weiß, du willst mir sagen, dass wir kein Ricknick machen.“
„Picknick heißt das“, verbesserte Franziska das Kind.
„Ich habe mich so auf das Ricknick gefreut.“
Franziska setzte sich mit in das Gras und nahm Alina in die Arme. „Ich habe mich auch darauf gefreut, aber du hast doch gesehen, dass deine Mum gefallen ist, und nun kann sie nicht laufen.“
„Daddy kann sie doch ragen.“
Franziska entschied sich, das Kind in dieser Situation nicht auf ihre Sprachfehler hinzuweisen, aber sie betonte das Wort dafür umso deutlicher.
„Natürlich könnte er sie tragen , aber es ist besser, wenn wir an einem anderen Tag zum Fluss gehen. Sicher geht es deiner Mum bald wieder besser, und dann holen wir den heutigen Tag nach.“
„Ich will aber heute Ricknick machen.“
Sie befreite sich aus Franziskas Umarmung, ging ein paar Schritte weiter und legte sich auf den Bauch ins Gras und weinte.
Franziska wollte sie trösten, doch sie schüttelte ihren kleinen Körper, weil sie Franziskas Berührung nicht wollte. Franziska akzeptierte das und ging wieder ins Haus zurück.
„Wie hat sie es aufgenommen?“, wollte Cecilia wissen.
Franziska zuckte mit den Achseln. „Sie wird schon darüber hinwegkommen, nur im Moment ist sie eben sehr enttäuscht.“
„Sie ist in einem schwierigen Alter. Vielleicht kommen die Erbanlagen ihres Vaters durch. “
Fred verteidigte das Kind. „Cecilia, so etwas sollst du nicht sagen. Sie ist ein liebes Kind. Solche Situationen durchleben alle Kinder.“
„Ja, aber mit fast sieben Jahren könnte sie schon vernünftiger reagieren.“
Inzwischen hatte sie ihren Fuß in einen Eimer mit kaltem Wasser gesteckt. Dadurch wurde das lästige Wechseln des Umschlages vermieden.
Gegen Mittag war die Schwellung des Fußes noch nicht zurückgegangen.
„Ich werde die fliegenden Ärzte anfunken, das sollte sich ein Arzt ansehen.“ Da keiner Kevin widersprach, ging er sogleich an das Funkgerät.
„Am späten Nachmittag kann erst das Flugzeug hier sein, sie haben einen Noteinsatz im Norden. Dort gab es einen Unfall mit einem wilden Stier. Auf dem Rückflug kommen sie hier vorbei.“
„Hast du nebenbei herausgefunden, welcher Arzt heute Dienst hat?“ wollte Franziska wissen.
„Natürlich habe ich das. Du kannst dich auf ein Wiedersehen mit Peter freuen, aber wenn er den verletzten Mann mit hat, wird er sicherlich nicht viel Zeit zum Reden haben.“
„Hm, warten wir es ab.“ Franziska hatte eine große Schüssel
Weitere Kostenlose Bücher