Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
zu melden.
Er ging zum Funkgerät und suchte die Frequenz der fliegenden Ärzte.
Als eine Stunde nach diesem Ereignis die anderen eintrafen, kam auch das Flugzeug mit einem Arzt an. Er stellte fest, dass Kevin die richtige Dosis des Gegengiftes aufgezogen hatte. Wegen der langen Bewusstlosigkeit wurde sie aber zur Sicherheit mit in die Klinik genommen.
Neil ging sofort ins Haus, wo er seinen Sohn vermutete. Kevin schilderte mit kurzen Worten, was geschehen war.
„Warum entzieht sich der Junge seiner Verantwortung?“, fragte Neil.
„Neil“, sagte Sabrina, als sie hörte, dass er weg war „er ist erst elf Jahre und ist allein da draußen. Wer weiß, was ihm in seiner Wut noch alles einfällt. Er braucht Hilfe!“
„Sabrina, wann verstehst du endlich, was hier geschehen ist!“ klagte Neil „er ist zwar erst elf Jahre, aber er handelte wie ein Erwachsener, nein, wie ein wildes Tier. Selbst die beschützen ihre Familie in der Gefahr. Er braucht keine Hilfe. Ich kann für so eine Tat keinerlei Verständnis aufbringen. Vielleicht ist es besser so, dass er vorerst aus meinem Gesichtskreis verschwunden ist. Wenn er mir gegenüber stehen würde, glaube ich, dass ich mich an ihm vergessen könnte.“
„Oh, Neil, was ist nur aus unserer Familie geworden?“
„Nicht aus unserer Familie, Sabrina. Die Frage muss lauten, was ist aus unserem Sohn geworden? Wie konnte so eine Fehlentwicklung vor unseren Augen passieren, ohne dass wir etwas bemerkten? Was haben wir falsch gemacht? Ich gebe dir damit auf keinen Fall die Schuld. Wir beide haben bei unserem Sohn versagt. Wollen wir nun alles dafür tun, dass die beiden Mädchen das Ereignis so gut wie möglich verarbeiten.“
Als Fred erfuhr, dass Randy mit einem Messer in der Hand auf und davon war, meinte er nur: „Das Gesetz der Wildnis soll über ihn richten.“
„Der Meinung bin ich auch“, gestand Neil seiner Frau.
„Oh, nein, Neil. Ich habe Angst um uns, um die Mädchen und natürlich auch um unseren Sohn.“
Kopfschüttelnd verließ Neil das Haus.
Als Shirley drei Tage später aus dem Krankenhaus kam, war sie sehr verstört. Sie sprach kaum ein Wort. Shirley konnte den Schock einfach nicht überwinden. Sie bewegte sich wie in Trance.
Endlich Regen
Nach einer Woche war die Plackerei mit den beiden Gruben geschafft, und Sabrina bestellte über Funk zwei neue Wassertanks, einen Generator, viele Kleinigkeiten, die dazu benötigt wurden, und ein Windrad. Letzteres natürlich in Einzelteilen.
„Ich würde an eurer Stelle die beiden alten Tanks stehen lassen, wo sie sind. Falls diese jemals mit Regenwasser gefüllt sein würden, könnte man den Inhalt zum Bewässern von Pflanzen nutzen und als Trinkwasser für das Vieh“, schlug Kevin vor.
Und die Idee gefiel den anderen.
Die neueste Anschaffung aber war ein Radiogerät, und es war Sabrinas liebste Beschäftigung, die Nachrichten aus aller Welt zu hören. Ganz aufgeregt teilte Sabrina das eben Gehörte mit. „Es regnet, stellt euch nur vor, es regnet. Die Küstengebiete um ganz Australien berichten von lang ersehnten Regenfällen.“
„Das bringt uns leider nicht viel, Sabrina“, nörgelte Bradley „bei uns ist kein Wölkchen zu sehen.“
„Warte nur ab, für mich ist das mehr als ein Hoffnungsschimmer. Es wird regnen, bald sogar.“
Als zwei Tage später, gegen Morgen Wolken rund um den Horizont auftauchten, wuchs die Hoffnung. Und schon am Nachmittag setzte ein sanfter Dauerregen ein.
Zunächst konnte es keiner glauben. Nach zehn Jahren das erste Nass von oben.
Das war ein Grund, im Freien zu feiern. Tische und Stühle wurden auf den ausgedörrten Boden gestellt, und es störte niemand, dass sie dabei nass wurden. Im Gegenteil, es war ein angenehmes prickelndes Gefühl auf der Haut. Jeder fühlte sich dabei pudelwohl.
„Und das Schönste dabei ist, Neil, unsere Tanks sind fertig“, strahlte Bradley.
Sabrina setzte sich zu ihrer Mum. „Können die nächsten Nächte die Mädchen bei euch schlafen, Mum?“
„Ja, aber warum?“
„Shirley möchte mit Sarah zusammen sein. Und da beide Angst vor Randy haben, finde ich es auch besser, wenn sie bei euch schlafen.
„Aber wieso, Randy ist doch weg?“
„Sie meinen, er könnte wiederkommen und sich an ihnen rächen, weil sie verraten haben, dass er sie im Stich gelassen hatte. Eigentlich hoffe ich das, damit ich ihn zur Rede stellen kann. Außerdem weiß er noch nicht einmal, dass zum Glück alles gut abgelaufen ist. Er sitzt da draußen
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