Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss

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seinem Halfter. Er streckte die Hand aus und legte einen Schlüsselbund mit drei Schlüsseln auf das Desktop. »He, scheint, Sie könnten einen Durchbruch schaffen.«
    Cyrus sagte nichts, seine Augenbrauen aber zogen sich zusammen.
    »Bleiben Sie nicht zu lange auf, Doc. Man hat mich angewiesen, Sie hier pünktlich rauszuschaffen. Seitdem Sie diesen Fluchtversuch in Frankreich gedreht haben.«
    Cyrus musterte ihn. Wer außer Edward wußte noch von Frankreich?
    Lee wandte sich ab. »Zehn Uhr – Schlafenszeit.«
    Cyrus legte seine Hand über den Schlüsselbund.
    »Ich nehme an, ich sehe Sie morgen?« fragte Lee, aber er drehte seinen Kopf einmal nach links – nach Norden.
    »In Ordnung, Lee. Wir sehen uns morgen.« Cyrus bewegte sich nicht, nur sein Kopf zuckte unmerklich in die gleiche Richtung. Lee ging durch die Tür und warf ihm die Andeutung eines Saluts zu.

    Cyrus mußte warten, bis der Wachmann namens Faisal die Hütte verließ. Es dauerte nicht lang. Der Mann langweilte sich, er war unaufmerksam; er ging zur Latrine und ließ sich Zeit. Dann war alles ganz einfach. Der warme Motor des Jeeps startete nach einem Moment des Zögerns; das Tor schwang bei der ersten Berührung auf. Cyrus fuhr hindurch und trotz des freudigen Impulses, das Pedal durchzutreten, blieb er stehen, stieg aus und verschloß sorgfältig das Tor hinter sich.
    Er fuhr nach Norden, entlang des Randes des ausgetrockneten Seebettes. Saltvilles Verteidigungsanlagen hatten ihn seit der blutigen Konfrontation sehr interessiert. Der Krieg war lange vorüber. Cyrus nahm an, daß die Minen in dem Minenfeld unterhalb des Passes, den die gepanzerte Brigade durchbrochen hatte, seitdem nicht verändert worden waren; die Spuren der Wachfahrzeuge sollten jedenfalls deutlich zu erkennen sein. Er sollte den Weg durch die Minen finden können, den Zaun durchschneiden, den Paß überqueren –
    – und dann scharf nach Nordwesten, durch die Wüste, zur Mittelmeerküste. Im Tank war genügend Benzin für zweihundert Kilometer.
    Seine Augen … das Fahren in der Nacht war anstrengend. Er mußte langsam fahren. Die Straße war nicht so eben, wie er gehofft hatte.
    Trotzdem kam er an den Minen vorbei. Er überwand die Tore und fuhr ohne Zwischenfall hindurch, weiter den Paß hinab; mit beinahe fünfzig Meilen die Stunde steuerte er nach Westen – viel zu schnell, aber er war so aufgeregt, daß er gegen den Wind ansang – als er das dumpfe Schlagen eines Hubschraubers hörte, der sich schnell von hinten näherte und über ihm runterging; Cyrus spürte den Wind der Rotorblätter und sah dann seine schwarze Libellengestalt vor dem Hintergrund der Sterne.
    Verzweiflung überkam ihn, diesmal nicht für sich selbst. Er hätte es besser machen müssen. Er hätte sich dieses Mal nicht fangen lassen dürfen. Andere mußten nun dafür leiden. In diesem Moment wußte er, daß er seinen Freund Lee nicht mehr sehen würde.

CORE CITY, SALTVILLE UND DAZWISCHEN

    Sonnenlicht fiel durch das zerkratzte Plastik im ovalen Fenster. Leidy zog die Fensterabdeckung nach unten. Die Sonne ging um Stunden früher auf, als er es wollte. Er vergrub sich tiefer in dem harten Kissen, zog die dünne Decke über sich und versuchte wieder einzuschlafen. Der dumpfe leise Lärm der Triebwerke begleitete ihn in den Schlaf, während er wegdöste – halb träumte er, halb erinnerte er sich …
    Marta saß gegenüber des Ganges; sie hatten, seitdem sie das Flugzeug bestiegen, nicht viel miteinander geredet. Er sah sie fast jeden Tag und konnte immer, wenn er Grund dazu hatte, mit ihr reden, aber er beschränkte sich auf Geschäftliches. Er vermißte sie schrecklich; er vermißte die unausgesprochene Verbindung, die da war, bevor sie sich trennten – das Gefühl, das Wissen, mit ihr verbunden zu sein. Er vermißte sie seit Jahren.
    In Wirklichkeit sehnte er sich nach ihr, selbst, als sie vor den Augen des jeweils anderen älter wurden; er hatte sich immer nach ihr gesehnt. Einstmals war sie Teil von ihm gewesen. Sie war gegangen. Er hatte sie weggestoßen.
    Nun träumte er mehr, als er sich erinnerte. Sein müder Körper hatte gelernt, trotz der Wanderungen seines Gehirns Ruhe für sich einzufordern. In seinen Träumen stellte er sich, eingebettet in völliger Unkenntnis, vor, was sie in Israel erwartete …

    Kein Wind bewegte den salzigen Sand, nur Hitze lagerte darauf. Der weiße Turm und die niedrigen weißen Gebäude schwirrten in der Hitze wie phantastische Wunderbilder, wie ein