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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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Bohrungen praktiziert, niemals aber in solchen Tiefen oder mit derartiger Flexibilität. Als sie das Bohrschlamm-Kontrollsystem programmierte, hatte sie geplant, den höheren Druck unten im Loch zu nutzen, um die Kapseln auf maximale Geschwindigkeit zu beschleunigen, bis sie den Druckunterschied umkehren mußte, um sie wieder abzubremsen. Der höhere Druck oben sollte sie dann sicher an der Oberfläche zum Halten bringen.
    Ihr Programm hatte den Druck oben im Loch rechtzeitig erhöht, aber der Druck unten ließ nicht nach. Die Kapseln bremsten nicht ab.
    Marta stand von der Konsole auf und rüttelte an der Tastatur, als wollte sie sich über ihre eigenen Befehle hinwegsetzen. Sie fluchte. Der Computer ignorierte sie. Der Boden begann zu zittern; auf eine Art, die nichts mit Bomben oder Raketen zu tun hatte. Sie kannte das Gefühl nur zu gut: es war ein lokales seismisches Beben, das einen Ausbruch ankündigte.
    Sie hörte ein Rauschen und eine brutale Explosion und spürte, wie der Boden schwankte – eine weitere Scud, diesmal näher, vielleicht wurden die Irakis nach und nach besser. Aber Marta schenkte dem keine Beachtung; die Monitore zeigten noch sechs Minuten an, bis die Kapseln an der Oberfläche ankamen. Die Winden drehten sich, die Kühlsysteme gaben Hitze ab. Sie mußte die Kapseln kurz vor der Oberfläche stoppen, mußte sie langsam heraufbringen, bis sie den Druck abbauen konnte. Marta betätigte den Bohrlochverschluß.
    Nichts passierte. Er hätte sich schließen und sie im Loch festsetzen sollen. Aber die Ventile schlossen sich nicht. Brennender Bohrschlamm strömte bereits aus den Ventilen und ergoß sich über die Bohrplattform.
    »Verdammt«, schrie sie. »Nicht schon wieder!«
    Sie hatte keine Zeit, die Stromschiene zu überprüfen. Sie hieb nur auf die Tastatur ein, bis …
     
    Leidy wurde von den Füßen gehoben. Sein Kopf krachte hart gegen das niedrige Dach der Kapsel; ihm wurde schwindlig. Er fiel zurück; sein Herz war da, wo vorher sein Hals gewesen war, sein Magen schwebte auf der Höhe des Herzens. Wenn er wieder schreien wollte, dann mußte er es auf später verschieben.
    Plötzlich bremste die Kapsel schneller ab, als sie vorher beschleunigt hatte. Leidy war zu leicht, um das Schweben verhindern zu können; die mächtigen stählernen Gasflaschen hingen neben ihm, als wären sie aus Styropor.
    Ein weiterer Ruck, die Gaszylinder rammten sich in den Boden. Alles hatte plötzlich wieder Gewicht, aber Leidy vermochte nicht mehr zu sagen, ob er sich bewegte. Draußen war es dunkel bis auf ein einzelnes Band glühenden rosafarbenen Lichts.
    Nur eine Leitung. Nur ein Kühlsystem funktionierte noch.
    Noch ein Ruck. Langsame Bewegung nach oben. Das Blubbern von Schlamm. Schlieren zogen sich über die kristallene Hülle … diffuses gelbes Licht strömte von oben herein.
     
    Marta las die Monitore und verstand. Das System hatte gewußt, was sie vorhatte und daß sie es nicht auf diese Weise ausführen konnte. Die Verkleidung konnte den Bohrschlamm nicht so schnell zirkulieren lassen, wie es die Druckveränderungen, die sie forderte, notwendig machten.
    Das System wußte aufgrund interner Schlußfolgerungen auch, daß es sich um einen Notfall handelte. Es hatte sich selbst eine alternative Handlungsanweisung einprogrammiert.
    Die Bohrverschlußventile öffneten sich und spien heißen Schlamm aus –
    – aber sie schlossen sich, als es notwendig war. Die Kabel der Winden blieben intakt, selbst die Kühlsysteme arbeiteten noch, bis sie nicht mehr benötigt wurden. Die Bohrplattform war mit Schlamm überschwemmt, als sich aber die Ventile wieder öffneten, erschienen drei miteinander verbundene Kapseln, die voller Schlamm waren.
    Sie wandte sich dem Mikrofon zu. »Leidy, kannst du mich hören?«
    »Danke, danke, danke …«
    Sie hörte das Geräusch startender Flugabwehrraketen auf dem Gelände, mittlerweile aber hatte sie darin Erfahrung, Hintergrundgeräusche zu ignorieren. »Laß die Klemmen los, und wir holen dich raus.«
    »Nein, kümmert euch erst um Dad.«
    »Eines nach dem anderen, Leidy. Ich kann mit dir reden, ich kann nicht mit ihm reden.«
    »Verdammt … dann winke ihm.«
    »Ich kann nicht raus. Die Plattform ist mit heißem Schlamm bedeckt.« Die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze. »Es war eine verdammt schwierige Sache.«
    »Okay, wie du willst. Ich lasse los.«
    Das Donnern in der Wüste nahm Marta nicht mehr als einzelne Ereignisse war. Sie hatte ein oder zwei Stunden gebraucht, um

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