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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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du mir helfen?«
     
    Es war spät morgens am Sonntag, als Leidy hinunterging und in Dinks Küche stolperte. Er war müde, wund und hatte Farbe unter seinen Fingernägeln; Dink hatte ihn am vergangenen Tag die meiste Zeit auf der Leiter gelassen. Dink hatte bereits Kaffee gekocht und ein Pfund Speck in der Pfanne. Leidy murmelte ein Hallo und ging hinaus zum Telefon. Ihre Nummer kannte er mittlerweile auswendig.
    »Hi, wer ist dran?«
    »Leidy Hudder. Ich …«
    »Sie sind in Kalifornien? Es muß dort sechs Uhr dreißig morgens sein.«
    »Ich bin noch auf Long Island. Habe meine Pläne geändert.«
    »Gut, dann können wir zusammen zu Mittag essen. Sie können mir erzählen, was Sie auf dem Herzen haben.«
    »Toll. Wo?«
    »Kommen Sie zu mir rüber. Ich mache Sandwiches. Oder vielleicht bekomme ich auch einen Babysitter. Wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Ja, mehr oder minder«, sagte er. »Ich habe Ihre Adresse.«
    »Bis dann.« Sie legte auf.
    Er ging zurück in die Küche, auf seinem Gesicht ein dümmliches Lächeln. »Ich glaube, ich kann dir heute nicht helfen. Sie sagte, ich solle vorbeikommen.«
    Dink sah ihn skeptisch an. »Sei vorsichtig – ich hatte den Eindruck, daß sie genauso launisch ist wie du.«
    »Wenn sie auf mich losgeht, ziehe ich den Kopf ein.«
    »Ich wollte sagen, schlage ich nicht zurück.«
     
    Ihr Haus in Stony Brook war eine Doppelhaushälfte mit Zedernholzverkleidung und Schieferplatten auf dem Dach. Es lag auf einer Anhöhe voller buschartiger Laubbäume, die den Blick auf die Flußmündung versperrten. Es war spät im April, die Blattknospen waren zart und grün und versprühten einen symbolischen, törichten Optimismus.
    Zumindest schien es Leidys voreingenommenen Augen so, als er durch das Fenster über der Küchenspüle starrte, während er an Martas Frühstückstisch saß und an dem Weißbrot-Fleisch-Sandwich kaute, das sie ihm hingeschoben hatte. Marta rannte hin und her und jagte ihren Töchtern nach. Sie hatte zwei Kinder, Luisa und Linda, vier und sechs. Der Babysitter sollte jeden Moment kommen.
    »Also. Sie erzählten mir …«
    »Ja, als Sie sagten …«
    »Verdammt.« Und weg war sie wieder.
    Schließlich erschien doch noch der Babysitter. Es war nach zwei Uhr nachmittags, und die Mädchen waren ihrer unruhigen Spiele überdrüssig und müde. Gören. Dennoch verspürte Leidy ihnen gegenüber neidische Sympathie. Betrachte es von ihrem Standpunkt aus: Er war ein Mann, der nicht ihr Vater war, aber wer war er? Das wollten sie wissen, und er hatte keine Antwort für sie.
    Der Babysitter übernahm. Marta brachte ihn zu den Docks der Stadt, seine vagen Proteste nahm sie nicht wahr.
    In einem Bootsschuppen hatte sie ihr Dinghi untergebracht – es glich Dinks Boot auf den alten Fotos –, und mit Leidys kümmerlicher Hilfe brachte sie es in die ruhigen Frühlingsgewässer des Hafens. Sie verrichtete die Arbeit, setzte sich geschickt vor die leichte Brise und steuerte auf hübschem Kurs die Bojen an, die die Hafenmündung markierten. Auf einem Boot war Leidy so sanft wie sein Vater und so sicher wie ein einjähriges Baby, das auf dem Rand einer vollen Wanne schaukelte. Er kauerte sich so weit in die Mitte des Rumpfes, wie ihm sein Anstand gestattete.
    »Nette kleine Mädchen«, log er nervös, als er sich schließlich so weit entspannt hatte, daß er glaubte, nicht sofort ertrinken zu müssen.
    »Der Typ, den ich geheiratet habe, war Chemiker«, sagte sie. »Er kam aus Schottland. Wir lernten uns in Cambridge, in England, kennen. Schließlich verschlug es uns beide nach Harvard. Er ist jetzt wieder in Großbritannien. Mir blieben die Kinder.«
    »Gratuliere.«
    »Ich habe dann für Gibbs gearbeitet. Aber das ging nicht lange.« Sie hielt inne und betrachtete das Segel, dann sagte sie: »Bastarde.«
    »Wer …?«
    »Gibbs Laboratorien. Northeastern.«
    »Keine Diskussionen hier.«
    »Es war schließlich mein Fehler.« Sie seufzte. »Nehme ich an.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich lasse anderen Leuten keinen Raum. Das paßte ihnen nicht. Diese Arschlöcher mit ihrer Firmenpolitik. Aber ich habe daraus gelernt.«
    »Ja?« Lakonisch, wenn nützliche Details fehlten.
    »Ich arbeitete an künstlichen Halbleitern. IBM und GE und die Russen und Japaner waren auf dem Gebiet künstlicher Diamanten meilenweit voraus. Cornell und Pennsylvania ebenfalls. Ich habe mich nach anderen Möglichkeiten umgesehen – Bornitride, Siliziumkarbide. Und die Arbeit Ihres Vaters, natürlich. Er hat viele Patente

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