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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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angemeldet.«
    »Das ist eine Untertreibung.«
    »Ich hole über. Ducken Sie sich, und gehen Sie dann auf die andere Seite.«
    »Ja, okay.«
    »Fertig … hart an Lee«, schrie sie.
    Der Mastbaum kam auf ihn zu. Nervös und angespannt, duckte sich Leidy und bewegte sich, wie sie es ihm gesagt hatte. »Was bedeutet das, ›hart an Lee‹?«
    Sie schnitt eine Grimasse. »Hart an Lee. Wir sagen das so. Tradition.«
    Das niedrige Küstenland des Hafens strich an ihnen vorüber; die kleine Holzschale des Bootes schnitt durch das Wasser. Er streckte sich und richtete sich vorsichtig auf. »Ich bin von keinem Nutzen«, sagte er. »Ich kenne mich mit Booten nicht aus.«
    Was keinen Kommentar von ihrer Seite bedurfte. »Ich stieß auf einen Stapel von Cyrus’ Aufzeichnungen, den die Anwälte der Gesellschaft vermißten, als sie seine Patente anfochten. Das half mir zu verstehen, was er gemacht hatte, und das, was ich vorhatte. So wurde ich auf seine Arbeit aufmerksam. Und auf ihn.«
    »Es war mir ernst, als ich sagte, daß ich nicht über das Geschäft reden wollte«, sagte er. Leidy schien es, als pflüge das Dinghi wie ein Rennboot durch das Wasser, seltsamerweise bewegte sich die Küste nicht; er kannte nicht die Illusion von Geschwindigkeit, die ein Segelboot erzeugt, das hart am Wind segelt.
    »Was heißt hier Geschäft. Ihr Vater war ein großer Mann. Er hatte Prinzipien. Er hatte sich seiner Arbeit verschrieben. Sie können nicht über ihn reden und das nicht anerkennen.«
    Er sah sie an. Sie saß im Heck und predigte in den Wind. »Sie sind ziemlich hart, Marta. Sie haben mich noch nichts über ihn erzählen lassen.«
    »Einerseits bin ich neugierig, andererseits will ich es nicht hören. Kinder sind nicht die besten Richter ihrer Eltern.«
    »Kinder? Meinen Sie damit mich?«
    »Sie auch.«
    »Dad war brillant – ja, vielleicht sogar ein Genie«, sagte er. »Aber ein großer Mann? Eine große Person?«
    Ihre dunklen Augen funkelten. »Okay, Ihre Version. Er verdrosch Sie mit einem Kleiderbügel oder so ähnlich.«
    Sie tauschten Blicke aus. Das Wasser strömte unter den Schandeckeln vorbei.
    »Er war nicht schlecht; er war niemals da«, sagte Leidy. »Ich habe viel über das nachgedacht, was er mir nicht erzählen konnte, weil er nicht da war. Ich habe Nachforschungen angestellt. Zum einen konnte ich herausfinden, warum er von der Idee so fasziniert war, ein tiefes Loch in die Erde zu bohren.«
    Sie starrte ihn lange an, dann grinste sie. »Okay. Lassen Sie es mich hören.«
     
    Im Sommer 1940, als er neunzehn Jahre alt war, arbeitete Cyrus Hudder als Kassierer und stellvertretender Rausschmeißer in einem der neuen Spielcasinos, die entlang der Virginia Street in Reno, Nevada, aus dem Boden schossen. Er war groß, muskulös, zu jung noch, um legal spielen zu dürfen, aber nicht zu jung, um Statistik zu studieren. Auf der Suche nach jemanden, der für ihn spielte, machte er die Bekanntschaft von Virgil Ellyard, Physikprofessor an der Universität von Nevada und süchtig nach den Spieltischen. Ein hagerer Graubart, der seinen akademischen Pflichten in einem Zustand permanenter Ablenkung und Zerstreutheit nachkam. Darin, und nur darin, glich er Cyrus’ großem Vorbild, Albert Einstein.
    Cyrus vermochte nicht, sich und Ellyard zu einem Vermögen zu verhelfen, doch das Paar erspielte sich während des Sommers einen bescheidenen Gewinn. Ellyard ließ seine Beziehungen spielen und machte Cyrus, unterstützt durch das finanzielle Hilfsprogramm der Universität, für das kommende akademische Jahr zu seinem Assistenten.
    Cyrus verbrachte fünfzehn Stunden in der Woche in Ellyards Büro im Kellergeschoß der School of Science, kopierte Buch- und Zeitschriftentitel auf Karteikarten und ordnete sie in die langen engen Karteikästen ein, die in Ellyards Eichenholzkabinett standen. Die meiste Zeit arbeitete Cyrus alleine und folgte den Anweisungen, die der Professor auf Notizzetteln hinterlassen hatte. In den Wintermonaten schwand früh das Licht, nur der blasse Schein der Sterne drang durch die auf Bodenhöhe liegenden Fenster. Wenn Cyrus nach den Vorlesungen eintraf, schaltete er die Schreibtischlampe an und beugte sich über die Karteikarten, dankbar dafür, daß der tiefliegende Raum die Wärme des Tages gespeichert hatte.
    Ellyard lehrte klassische Physik – Optik, Elektromagnetismus, Thermodynamik, Newtonsche Mechanik – und hatte damit zu tun, auf dem Gebiet der Nuklearphysik und ihren Entdeckungen auf dem laufenden zu

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