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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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keinen Sinn.«
    Sie ließ nicht locker. »Ist es nicht so, daß die Kruste unter dem Ozean dünner ist? Wurde nicht das Mohor-Loch von einem Schiff aus gebohrt?«
    »Die Mohorovicic-Diskontinuität ist für uns von untergeordnetem Interesse. Unser Problem ist, durch den Mantel zu bohren. Erdmantelgestein besitzt die Dehnbarkeit einer gespannten Klaviersaite. Verglichen damit ist die Erdkruste nasser Sand. Sandstein, Kalkstein sind nichts dagegen. Granit ist leicht. Wir müssen nicht im Meer bohren.«
    »Okay, Leidy, vergessen wir das Wasser.«
    »Und wir halten uns von den Plattenrändern fern, den Vulkanen und Erdbebenzonen. Betrachten wir eine Karte. Zentralasien, Zentralafrika, Nordamerika, sagen wir Alberta. Das westliche Texas wäre nicht schlecht. Irgendwo, wo es Straßen und Eisenbahn gibt. Wo die Bevölkerung das Unternehmen unterstützt.« Leidy glich einer Bulldogge, die sich in einen großen Plan verbissen hatte. »Ich mag West-Texas. Fliegen Sie mal von San Antonio nach El Paso, der Boden unter Ihnen sieht aus, als hätte jemand darauf herumgekritzelt, um das Papier zu füllen – überall Zufahrtswege zu Bohr- und Pumpstationen. Die Kalksteinhügel strotzen vor Pumpen und Bohranlagen. Die Leute dort kennen sich mit solchen Dingen aus, zumindest auf den ersten fünf oder sechs Meilen.«
    »Würde mir West-Texas gefallen?«
    »Wir müßten einen Weg finden, um Sie zu beschäftigen.«
     
    Er gestikulierte und fuchtelte mit den Armen, bis es Abend wurde. Dann begleitete er Marta nach Hause. Die Kinder kamen vom Babysitter und waren wenig erfreut, Leidy in ihrer Küche vorzufinden – obwohl er chinesisches Essen und Ein-Liter-Plastikflaschen mit Coke mitgebracht hatte. Er ertrug die Mädchen. Sie ertrugen ihn. Nach dem Abendessen präsentierte er drei Videocassetten, die er ebenfalls unterwegs besorgt hatte, einige Abenteuergeschichten mit Ratten und Mäusen als Hauptdarsteller und Watership Down. Zu seiner Überraschung stürzten sich die kleinen Ratten auf die Hasen, griffen sich die Cassette, rannten nach oben und schoben sie in den VCR. Kein Wort des Dankes, die nächsten eineinhalb Stunden allerdings verhielten sie sich ruhig.
    In der Küche unterhielten sich Leidy und Marta, mußten jedoch bald feststellen, daß sie nichts mehr zu sagen wußten. Nicht, daß das Problem weniger interessant und faszinierend geworden wäre; ohne Daten, auf denen man aufbauen konnte, war es unmöglich, endlos neue Ideen zu produzieren. Die Schlafenszeit für Linda und Luisa war eine willkommene Unterbrechung.
    Sie kam die Treppe herunter. »Wo wollen Sie schlafen?«
    »Ich werde mir ein Motel suchen, irgendwo in der Stadt«, sagte er.
    »Es ist nach zehn. Die Couch im Wohnzimmer läßt sich ausziehen. Ich hole Bettzeug und Decken.«
    »Danke.«
    Es dauerte fünf Minuten, bis die Couch hergerichtet war. Zehn Minuten später schlief er.
     
    Irgendwann nach Mitternacht erwachte er und sah sie auf dem Boden sitzen. Neonstraßenlicht kam durch ein Fenster und zeichnete golden die Umrisse ihres Körpers unter dem Nachtgewand. Sie beobachtete ihn.
    »Was ist los?« fragte er verschlafen.
    »Nichts ist los«, sagte sie.
    Er setzte sich auf und schwang seine Beine über die Bettkante. Sie bewegte sich nicht. Er ging zu ihr und setzte sich neben ihr auf den Boden. Dann beugte er sich zu ihr und küßte sie. Sie erwiderte den Kuß, hart preßte sie ihren Mund gegen seine Lippen. Seine offenen Hände strichen über ihren Körper, unter ihr Nachthemd, von ihren Händen geführt.
    Er zog ihr das Nachthemd über den Kopf, sie half ihm dabei. Er stand und half ihr auf. Eng umschlungen umarmten sie sich und wollten den ersten Augenblick, der nur einmal geschehen konnte, nicht wieder loslassen. Ihr Haar roch nach Shampoo und, sehr schwach, nach Zigarettenrauch; es roch gut, dachte er, süß, doch nicht allzu süß, vermischt mit harzigem Holzgeruch, wie ein Wald an einem Wintertag. Weiter unten an ihrem Hals und dem Ansatz ihrer Brüste lag ein intensiver, wärmerer Duft. Ihr Körper war fülliger, als er es gewohnt war, ihre Hände und Füße zierlicher. Er wußte, warum die alten Griechen die Knie einer Frau anbeteten. Er wußte, daß er ihr bereits jetzt verfallen war, daß es emotionalen Dynamits bedurfte, um ihn von ihr wegzusprengen. Sie war alles andere als unsicher. Sie holte sich, was sie wollte, sagte es ihm durch Gesten oder in geflüsterten Worten. Als sie sich voneinander lösten, gingen sie so leise wie möglich zur

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