Unternehmen CORE
still.
»Es tut mir leid«, sagte sie. Er nahm seine Hand von ihrer Brust und fuhr mit ihr sanft über ihren Bauch; seine Fingerspitzen streichelten die feinen Haare. »Ich kann ihn nicht so sehen, wie du das tust. Aber wenn er dein Lehrer ist … Ich glaube zu verstehen, was du mit Lehrer meinst.«
Sie drehte sich weg. »Es ist heiß. Ich kann nicht schlafen.«
»Ich nerve dich. Entschuldige.«
Sie schwang ihre Beine über die Bettkante und setzte sich auf. »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Morgen bin ich völlig zerschlagen.«
Er blieb still, entschlossen, ihr zuzuhören. Das erste Gebot der Liebe ist, zuzuhören, hatte ein Franzose geschrieben. Seine Mutter hatte es ihm einmal zitiert, aus einem der Romane, die sie so liebte.
Sie verließ das Zimmer. Die Minuten verstrichen, seine Augen wurden schwer. Er war fast eingeschlafen, als sie zurückkam.
»Genug von ihm«, sagte sie bestimmt. »Ich möchte etwas von dir hören.«
»Jetzt?«
»Jetzt oder nie.«
Er setzte sich auf und rieb sich die Augen. Sie meinte es ernst; soweit kannte er sie mittlerweile.
Nach einer Weile begann er zu reden. »Ich erzähle dir von meinem Lehrer«, sagte er. »Sein Name war Mendez.«
RENO, NEVADA, 1967
Als Leiden Hudder sechzehn Jahre alt war, war sein Vater die meiste Zeit fort – in New York oder Los Angeles oder Hong Kong oder sonstwo – und verbrachte seine Zeit damit, Hudder Research International Inc. am Laufen zu halten. Leidy wuchs, wild und verwahrlost, am Stadtrand von Reno auf, die, obwohl sie sich größte Kleinstadt der Welt nannte, in jenen Jahren eine ziemlich kleine Stadt war. Er war glücklich. Die Wüste und die Berge sind ein besserer Ort als die Straße, wenn man auf sich alleine gestellt war; die Natur kümmert sich nicht, aber sie ist nicht heimtückisch.
Der Junge hatte seine Konflikte mit dem Gesetz. Jeder, der es in einer Samstagnacht auf sich nimmt, vierzig Meilen zu fahren, weiß, daß die Wüste nicht so leer ist, wie sie scheint. Zu der Zeit, in der er das gesetzlich vorgeschriebene Alter erreicht hatte, einen Wagen zu steuern, hatten sich Leidy und seine übel beleumdeten Freunde angewöhnt, Autoteile zu stehlen, Radkappen zumeist. Einmal klauten sie an einem Samstagabend einen ganzen Wagen, einen Pickup, der vor irgendeiner Straßenspelunke stand. Der Farmer, dem der Wagen gehörte, zerschmetterte mit einem Schuß aus einem 45er Revolver die Heckscheibe, während sie flüchteten – Leidy saß am Steuer –, und die Highway Patrol hatte deswegen keine Probleme, den Wagen zu identifizieren. Daß er von seiner an der Ostküste und in Privatschulen erzogenen Mutter aus dem Provinzgefängnis in Nevada befreit wurde (sein Vater war damals, Gott sei Dank, im Orient), war für Leidy so demütigend, daß er sich endgültig vom Autodiebstahl und seinen speziellen Freunden lossagte – nachdem er die Heckscheibe bezahlt und die gemeinnützigen Arbeiten hinter sich brachte, zu denen der Richter ihn verurteilt hatte.
Trotzdem schlich er von Zuhause und von der Schule fort – fort in die trockenen Berge, zu den alten Minen und Probebohrungen, die die verbrannte Landschaft wie schlimme Akne überzogen. Nicht, daß er bereits damals mit einer Liebe zur Wüste losgezogen wäre; aber er war nicht dumm; er verschwendete keine Zeit vor dem Fernsehgerät, er las, wonach ihm der Sinn stand, mehr als die meisten seiner Altersgenossen. Er war nicht gleichgültig gegenüber der Geschichte.
Es faszinierte ihn, daß alle paar Generationen ein neuer Run auf den Dreck einsetzte. Die ersten Bergleute nahmen, was sie mit Pickel und Pfanne von der unberührten Oberfläche loshacken konnten. In Nevada klassifizierten die ersten Schürfer die Berge nach der Vegetation, die darauf wuchs – nackte Flächen waren reich an Sulfiden, was manchmal darauf hinwies, daß es unter der Oberfläche reiche Erzvorkommen gab. Die Bergleute bildeten sich ein, daß der Erzgehalt zunehmen mußte, je tiefer sie gruben. Das traf fast niemals zu; die ›supergenen Anreicherungen‹, wie sie genannt wurden, waren das Ergebnis von Sickerprozessen. Sie waren schnell erschöpft.
Selbst bei wirklich ergiebigen Minen mit tiefen Schaften und Stollen, großen Förderanlagen und Schmelzöfen, die die ungeheuren Mengen an Erzen verarbeiteten, kam der Punkt, wo die Aufwendungen den Ertrag nicht mehr deckten – und die Arbeiter eiligst wieder abzogen. Dreißig oder vierzig Jahre später kam jemand anderes mit neuen Abbaumethoden und grub
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