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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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Blick nach wie vor auf ihn gerichtet. »Keiner muß davon erfahren, Junge.«
    »Verdammt«, sagte Leidy. Er sah nicht auf, mit seinem dreckigen Handrücken wischte er über das Gesicht und verschmierte Tränen und Rotz. Er schluchzte wieder, ein zuckendes Schluchzen.
    Der indianisch aussehende Typ sagte nichts; er wartete darauf, daß Leidy sich beruhigte.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Leidy. Er schluchzte nun nicht mehr, die Tränen brachen wie eine Flut aus ihm heraus.
    »Was hast du mit den Pflöcken gemacht?« fragte der Typ.
    »Die sind im Schacht.«
    »Okay, das ist nicht schlimm. Ich fragte nur. Wenn du was zu essen oder Geld gesucht hättest, dann hätten sie dich wohl nicht interessiert.«
    Leidy schniefte und wischte sich die Nase. Er atmete tief durch und seufzte.
    Der Typ sagte: »Also dachte ich, es hatte vielleicht politische, ideologische Gründe.«
    Leidy antwortete nicht.
    »Verstehst du mich?«
    »Ja, ich glaube schon.« Leidy sah ihn nicht an.
    »Also? War es das?«
    »Nein.« Er brachte das Wort wimmernd hervor.
    »Hör zu, zufällig glaube ich, daß es so etwas wie gedankenlosen Vandalismus nicht gibt. Es gibt einen Grund dafür, auch wenn die betreffende Person so dumpf ist und ihn nicht artikulieren kann. Deswegen möchte ich begreifen, was dein Motiv dafür war.«
    Leidy hob den Kopf und starrte den kleinen Typen an. Er war alt, wahrscheinlich sogar älter als sein Vater, aber er sah verdammt hart aus. Zum Teufel, er mußte verdammt hart sein. Härter als Leidy. Vielleicht nicht so stark, obwohl …
    »Das hier ist kein Wettbewerb«, sagte der Typ, der ihn beobachtete. »Es gibt hier nichts zu gewinnen, auch nichts zu verlieren.« Er hatte ein kantiges, ledernes Gesicht mit hohen Wangenknochen und einem vollen Mund mit purpurdunklen Lippen und langen Lidern, die sich über braune Augen legten. Ein Gesicht, das hart und weich zugleich war. Ein indianisches Gesicht, sicherlich. Er sah so ruhig und nachdenklich aus, als ob er zur Runde seiner besten Freunde reden würde. »Mein Name ist Mendez, so nennen mich alle. Und du?«
    »Leiden, ich meine Leidy«, flüsterte Leidy.
    »Okay, Leidy, hier ist meine Hand.« Mendez beugte sich in seiner Hockstellung nach vorne und streckte die rechte Hand aus. »In Europa, in der Renaissance, streckten die Männer ihre Schwerthand aus, um damit anzudeuten, daß sie sich keinen Schaden zufügen wollten.«
    »Ich weiß«, sagte Leidy. Er verlagerte sein Gewicht und streckte ebenfalls die Rechte aus. Der Waldweg war nicht breit; ohne daß sie ihre Stellungen verlassen mußten, berührten sich ihre Hände gerade in der Mitte des Weges, genug, um die Fingerspitzen aneinander zu pressen.
    Sie saßen eine Weile da, beobachteten sich gegenseitig und sagten nichts.
    Schließlich sagte Mendez: »Ich denke, was du mir für das Ausreißen der Pflöcke schuldest, sind drei wahre Sätze.«
    »Was?«
    »Das ist mein Eröffnungsangebot.«
    »Was meinst du?«
    »Sag mir drei wahre Dinge. Dann werde ich dich nicht mehr belästigen.«
    Leidy dachte darüber nach; er saß erschöpft und leer an der Tür des Buick seiner Mutter und ertappte sich dabei, wie er spöttisch zu lächeln begann. »Wenn das dein Angebot ist, dann biete ich … einen Satz.«
    Mendez zuckte mit den Schultern und wischte mit der rechten Hand seinen grauschwarzen Pferdeschwanz von der Schulter. »Von welcher Qualität ist dieser eine Satz? Gib mir ein Beispiel.«
    »Ich mag keine Leute, die vom Land stehlen, ohne dem Land etwas zurückzugeben«, sagte Leidy.
    »Ein kühner Satz, ein schöner Satz«, sagte Mendez. »Du gibst mir einen Satz wie diesen?«
    »Ich … Das war es.«
    »Das war ein Beispiel. Ich möchte den wirklichen Satz. Wenn er genauso kühn und schön und wahr ist, dann bin ich mit einem einverstanden.«
    Leidy spürte Blut in sich hochsteigen. Er errötete. Wer war dieser fremde kleine Indianer, der die Wahrheit dessen beurteilte, was er sagte?
    Aber er hatte recht. O Gott, wer wußte schon, was wahr war? Was konnte er denn sagen, das, wenn er nur eine halbe Sekunde darüber nachdachte, nicht bereits ein anderer vor ihm gesagt hatte?
    »Du willst die Halde ausschwemmen«, sagte Leidy. »Ich dachte darüber nach, was du alles durchpflügen wirst. Ichthyosaurier. Du lachst mich vielleicht aus – Ichthyosaurier, das ist für dich vielleicht nichts anderes als ein seltsames Wort.« Er schaute den Mann herausfordernd an.
    Mendez hob eine Augenbraue, um zu zeigen, daß er noch zuhörte.
    »Ein

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