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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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die hoch oben an der steilen Seite einer bewaldeten, nach Westen gelegenen Wasserrinne lag. Er sah die verrosteten Überreste eines Wagens; die Karosserie war verschwunden, der Rahmen war zur Seite gekippt, und der Motor war eine einzige korrodierte Masse, die vor langer Zeit als Winde unter einem nun verfallenen A-förmigen Hebewerk aus knochenbleichen Kiefernstämmen gedient hatte. Ein ausgefranstes Stahlseil lief vom Motor über die verrostete Winde hinunter in die Schwärze des offenen Schachtes. Der alte Wagen deutete darauf hin, daß in den dreißiger Jahren jemand hier war; die Mine mußte sehr viel älter sein.
    Zwischen den Kiefern war eine Hütte versteckt. Sie bestand aus blanken Kiefernbrettern, die mit rostigen Nägeln zusammengehalten wurden; Bretter, die von Wind und Schnee so in Mitleidenschaft gezogen waren, daß die Holzmaserung deutlich hervortrat. Das Holz war braun geworden, ein charakteristisches, ausgetrocknetes rötliches Braun, das Leidy nur allzu bekannt war; wie immer fragte er sich, woher die Farbe stammte, ob es vom Holz selbst kam, da die noch lebenden Bäume Eisen aufgenommen hatten, oder vom Wüstenwind.
    Doch die alte Hütte hatte eine neue Tür aus glänzendem rohem Sperrholz, das Dach war mit frischer Teerpappe belegt, und ein neues Vorhängeschloß hing an der Tür. Leidy zerrte und stieß daran, dann ließ er es und blickte sich um. Das erste, was er sah, waren Holzpflöcke zwischen den Kiefern, an denen orangefarbene Plastikbänder hingen.
    Hinter dem Minenschacht lag die Halde, ein Abhang aus ockerbraunen Felsen, der in die steile Wasserrinne führte. Leidy ging einige Schritte hinab, mit jedem Schritt lösten sich kleine Gesteinsbrocken und rollten hinunter. Er war neugierig zu erfahren, woraus der Abfall bestand; schließlich hatte ihn jemand für wertvoll befunden und hier seinen Claim abgesteckt.
    Die Gesteinsbrocken sahen aus wie gewöhnliches Felsmaterial. Aber leider stellte er sich vor, daß bald unten an der ausgetrockneten Wasserrinne eine Plastikwanne stehen und ein Zyanidsumpf angelegt werden würde, um die Metalle herauszuwaschen.
    Er kümmerte sich wenig um das Land oder die Landschaft, aber er dachte an die Skelette der Ichthyosaurier und was mit ihnen geschah, wenn die Schürfer auf sie stießen, während sie nach Gold oder Silber oder Kupfer gruben. Er fühlte Wut in sich aufsteigen, ein heißes Gefühl, trocken wie eine Droge, bar jeder Vernunft.
    Er kletterte den Abhang der Halde hinauf, Kaskaden staubigen Gerölls stürzten in die Tiefe, rannte zu den Pflöcken mit den orangefarbenen Fähnchen und riß alle, die er sehen konnte, aus der sandigen Erde, bis er ein halbes Dutzend in seinen Händen trug und sie in den offenen Minenschacht hinabwarf; er hörte sie gegen die Wände schlagen, mit jedem Stoß drang ein tieferes, hohles Echo nach oben. Er ergriff vom Autowrack eine verrostete Stoßstange und rammte sie gegen die Tür der Hütte.
    Wie ein Besessener schlug er auf die Tür ein; er erzeugte soviel Lärm, daß er den Wagen, der den Weg hochkam, nicht hörte. Er hörte nichts, bis der Typ ihn anbrüllte.
    »Hey! Du! Wirf das Ding weg!«
    Leidy drehte sich um; er war außer Atem; geladen, gleichzeitig wurde seine Wut neu entfacht.
    Ein kleiner dunkler Mann stand vielleicht zehn Meter von ihm entfernt. Er trug ausgewaschene, abgewetzte Jeans und ein Drillichhemd, das seltsamste an ihm aber waren die langen grauen Haare, die hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Und die ausgefransten Mokassins an den Füßen. Er sah aus wie ein Indianer.
    Er hielt ein Gewehr in Händen, das ungefähr auf Leidys Hüfte zielte. Ein 22er Bolt-Action-Rifle. Genug, um Bierflaschen zu zersprengen oder Präriehunde zu schießen. Um damit allerdings Wild zu erlegen, war eine 22er einfach lachhaft. Andererseits, wenn man sie direkt unter die Nase gehalten bekam, fiel es nicht leicht zu lachen.
    »Willst du mich erschießen?« Leidy wollte ihn nerven.
    »Nicht, wenn du den Knüppel fallen läßt.«
    »Den …? Ah.« Leidy ließ die verrostete Stange fallen. Er kam sich töricht vor, was ihn nur noch wütender machte. »Und, was nun?«
    Der Mann brachte den Lauf des schlanken Gewehrs horizontal zu seinem Körper und schnellte den Bolzen nach hinten; er ließ eine lange Gewehrpatrone in seinen Handteller fallen.
    Er schaute zu Leidy. »Und nun erzähl mir, was zum Teufel du hier tust?«
    »Vergiß es, okay?« Leidy wollte an dem Typen vorbeimarschieren, den Berg hinauf,

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