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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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um auf der anderen Seite wieder zum Weg zu kommen.
    »Du kannst gehen, wenn du meine Frage beantwortest«, sagte der Mann.
    »Willst du mich aufhalten?« Leidys Spott war unüberhörbar. Der Typ hatte sein Gewehr entladen, oder? Sein kleines Schießgewehr?
    »Ich werde dich aufhalten, Junge.«
    »ja, sicher.« Leidy rannte los, den Berg hinauf.
    »Je schneller du rennst, desto schneller kriege ich dich«, rief ihm der kleine Mann hinterher.
    Leidy rannte weiter.
    Nach nicht einmal drei Minuten war er außer Atem. Er rannte einen Berg hoch, die Höhe betrug etwa zweitausendfünfhundert Meter, seit Wochen war er nicht mehr draußen gewesen, aber er war jung und der andere war alt, oder? Also würde es nichts machen, wenn er langsamer lief. Verdammt, er mußte langsamer laufen.
    Zwischen seinem Luftholen, dem Pfeifen in seinen Ohren hörte er Schritte, Mokassins. Leidy riß sich zusammen und begann wieder zu laufen. Der Typ hatte gesagt, »je schneller du rennst …«, also sagte sich Leidy, okay, laß es uns damit versuchen, und rannte langsamer, mit gleichbleibendem Tempo, keuchte und rang nach Luft, zwang sich aber dazu, seine Schmerzen und sein Selbstmitleid zu ignorieren.
    Er brauchte nicht lange, um den Weg zu finden; im Grunde führte er diesen Blödmann zum Buick seiner Mutter. Er rannte, verdammt, es mußten bereits mindestens zehn Minuten sein. Die Schmerzen im Brustkorb und im Herzen wurden schlimmer und schlimmer.
    Und schlimmer. Seine Beine wollten nachgeben. Aber das bildete er sich nur ein. Er mußte hart gegen sich bleiben.
    Er stolperte über einen ein Zentimeter hohen, orangegefleckten Quartzstein und fiel der Länge nach hin.
    Verdammt, ich bekomme einfach keine Luft mehr dieser alte Säufer ich kann es einfach nicht glauben ich klapp zusammen und lieg hier vor diesem Arschloch diesem Landräuber und muß mich demütigen lassen lieber wollte ich sterben als mich von diesem Scheißtypen diesem Wrack o verdammt …
    Er plagte sich auf und begann wieder zu laufen, aber nun wankte er, tat so, als liefe er, mit so langsamen Schritten, daß er zwischen den Bäumen hinter ihm das Knacken hörte. Seine Knie schmerzten, als ob sie unter seiner Jeans bluteten.
    Er hörte die stetig näherkommenden Schritte.
    Dann sah er den Buick, gerade vor ihm, halb am Wegrand abgestellt. Er fiel wieder. Er hörte die Schritte des kleinen Mannes, der ihn einholte. Er kam hoch, taumelte zum Wagen und hielt sich am Türgriff fest. Ein Finger berührte seine Schulter. Er wollte sich umdrehen und ihm eine verpassen, fiel aber auf die Knie.
    »Ja … du Fucker … hau ab.« Er stieß die Worte zwischen seinem atemlosen Keuchen aus.
    »Wie heißt du, Junge?«
    »Fuck you« – er holte Luft – »Fuck you.«
    »Hey, entspann dich. Ich will nichts Schlimmes von dir.«
    »Fuck you« – er holte Luft – »Mann.«
    »Was du sagst, spricht nicht für dich.«
    Leidy keuchte nur.
    »Ich will, daß du mit mir redest, verstanden? Ich werde dir nicht die Ohren abreißen.« Seine Stimme drückte jedoch genau das Gegenteil aus. »Zum Teufel, du mußt mir nicht einmal den Namen deiner Versicherung mitteilen.«
    Leidy drehte sich um und starrte zu dem Typen hoch, der in dieser Pose dastand, die er wahrscheinlich für ungezwungen hielt – als ob kleine alte Typen jemals ungezwungen dastehen können – und der sich in seinen Jeans und Mokassins gegen die grünen Fichten und den blassen blauen Himmel im Hintergrund abhob. Er hatte nicht einmal sein Gewehr bei sich; er mußte es zurückgelassen haben.
    »Ja, was … wenn ich nicht … aaah … gehen will?«
    Der kleine Typ hob die Augen, wahrscheinlich befragte er die Götter, und blickte dann wieder hinunter. »Ich glaube, du willst gehen.«
    Leidy saß auf dem Boden, gegen die Tür des Wagens gelehnt; da er hier keinen Ausweg mehr sah – wenn er nur wollte, dann hatte der Typ bereits das Kennzeichen vom Wagen seiner Mutter – und ganz egal, wie cool Leidy sich nun aufführte, er war sechzehn Jahre alt, ging auf siebzehn zu und hatte nicht die geringste Vorstellung, was als nächstes in seinem Leben passieren sollte. So wie die Dinge liefen, würde er sich als einer »unserer« Jungs in Vietnam wiederfinden, und da keine noch so ausführliche Erklärung seiner Mutter begreiflich machen würde, warum er die Pflöcke des Typen in den Schacht geworfen und warum er versucht hatte, die Tür zur Hütte einzuschlagen, begann er zu weinen.
    Der Typ setzte sich auf die andere Seite des Weges, den

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