Unternehmen CORE
Mendez.
»Wie habt ihr beide euch kennengelernt?« fragte Greta. »Ich meine, ihr kennt euch doch schon seit einigen Monaten.« Sie hatte Leidys Version der Geschichte gehört, die sie für völlig unglaubwürdig hielt.
»Er stieß auf eine alte Mine, die ich im Shoshonen-Gebiet wieder aufgemacht habe«, sagte Mendez. »Eine meiner Wochenendbeschäftigungen. Manchmal finde ich einen guten Forellenbach, manchmal auch etwas Besseres.«
Leidy säbelte an seinem Braten und vermied die Blicke seiner Eltern.
»Wir haben uns unterhalten«, fuhr Mendez fort. »Leidy weiß mehr über Geologie als andere Teenager. Er hat ja auch Max Hudders Monografien gelesen.«
»Hat er das?« Cyrus Überraschung war offensichtlich.
»Sie stehen im Regal in meinem Zimmer«, sagte Leidy.
»Aber dein eigentliches Interesse«, sagte Mendez zu Leidy, »gehört der Paläontologie, oder? Fossilien?«
»Skelette«, sagte Greta mit leichtem Ekel in der Stimme. »Sein Zimmer ist voll davon.«
»Sie sind faszinierend«, murmelte Leidy. »Manchmal.«
»Ich werde diese Reise zu den Basaltfelsen in Oregon unternehmen«, sprach Mendez zu ihr. »Ich brauche eine billige Hilfe. Mein zweiter Sohn meinte, er möchte den Sommer damit verbringen, ein Samurai-Krieger zu werden. Leidy und ich haben darüber gesprochen und er hat sich freiwillig dafür gemeldet. Es würde mich freuen, wenn er mich begleitet.«
Greta sah zu ihrem Ehemann und wartete.
»Es scheint so, als ob er das machen will«, sagte Cyrus. Er blickte zu seiner Frau. »Wir haben nichts dagegen. Sie sind ein sehr direkter Mann … Mendez. Ich wollte sie vorhin nicht beleidigen.«
»Keine Sorge, Cyrus.« Und mit seinen warmen braunen Augen sah er zu Greta. »Sie sind beide sehr liebenswürdig.«
Die Erwachsenen schüttelten sich die Hände und verabschiedeten sich an der Eingangstür, nachdem sie sich eine Stunde lang beim Nachmittagskaffee und Brandy über die Einzelheiten unterhalten hatten. Leidy ging mit Mendez zum Pickup in der Einfahrt.
»Baah, war das grausam.« Leidy wischte sich die Handrücken an seiner Jeans ab.
»Sie sind okay, Junge. Wir haben alle unterschiedliche Prioritäten.« Mendez kletterte in den Wagen. »Also hole ich dich am Samstag in zwei Wochen ab. Du weißt, was du mitzunehmen hast?«
»Ja.«
»Bis dann.« Er drehte den Zündschlüssel um.
»Danke«, sagte Leidy.
»Bedanke dich nicht, noch nicht«, sagte Mendez. Der winselnde Anlasser sprang an, und Mendez setzte den Truck rückwärts zurück.
Mendez nahm Leidy mit in die nördlichen Ausläufer des Basin und der Range, in die Oregon-Wüste, zu den Malheurund Steens-Mountains, zu den Basaltfluten, die vor siebzehn Millionen Jahren in diesem Teil der Welt Hunderttausende von Quadratkilometern überschwemmt hatten.
Leidys Bewunderung für Mendez und dessen Verhalten beim Essen – die Erinnerung an seinen grauen Pferdeschwanz, der unter dem kleinen Kronleuchter im Eßzimmer schimmerte, die Art und Weise, wie er die genuschelten Einwürfe seines Vaters beantwortete und in höflichster Form auf die Unterstellungen seiner Mutter einging – wurde bald von neuen Eindrücken überlagert. Leidy befand sich nun mit diesem Mann in der Wüste, und Mendez schien zu glauben, das er hier war, um etwas über Steine zu lernen.
Die meisten Tage fuhren sie in Mendez’ Pickup, die meisten Nächte verbrachten sie draußen; der Wagen war mit einem Camper-Aufbau ausgestattet, der nach Segeltuch, Fischköder, Propangas und verschüttetem Bier roch, aber sie hielten sich kaum dort drinnen auf, Gott sei Dank.
Draußen lag meistens graues, salbeibewachsenes Grasland, der Pelz der Erde, hin und wieder unterbrochen von Lavagestein und dunklen Kiefernwäldern. Manchmal aber erstreckte sich das Gras nach allen Richtungen, so weit das Auge reichte. Ihre Lager schlugen sie auf sandigen Abschnitten auf, kochten ihre Mahlzeiten auf Mendez’ altem Coleman-Kocher, schlürften Mendez’ bitteren Kaffee und starrten schweigend in das knisternde Feuer aus duftenden Wüstensträuchern. Dann krochen sie in ihre Schlafsäcke, lagen auf dem Rücken und suchten den Himmel nach Meteoren ab. Mendez behauptete, alle zwanzig Minuten käme einer vorbei, selbst in den fadesten Nächten. Leidy wußte von all dem nichts. Manchmal sah er einen, manchmal schlief er, niemals aber konnte er darauf schwören, daß er zwanzig Minuten lang wachgelegen war.
Im Spätsommer gab es einen Meteorschauer, er sah sie überall um sich herum
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