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Unternehmen Hongkong

Unternehmen Hongkong

Titel: Unternehmen Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Perlschnüren. Dann kicherte sie plötzlich.
    »Dummköpfe«, rief sie höhnisch.
»Nichts als Dummköpfe seid ihr. Ich hab’ getan, als habe mich Kahns Tod tief
getroffen, und Sie sind darauf hereingefallen. Meinen Sie vielleicht, dieses
Ekel hat mir auch nur einen Pfifferling bedeutet ?«
    Immer noch bewegte sie sich
langsam rückwärts. Sie stieß gegen eine Kiste, die an der Wand stand, und ging
unbeholfen darum herum.
    »Narren !« begann sie wieder. »Ich hab’ Sie geködert und genau so lange an mich gefesselt,
wie ich wollte, Andy Kane. Und Kahn hing ebenso hilflos an der Angel, solange
er mir nützlich war .«
    Mir kam plötzlich ein Gedanke.
    »Und Carter ?« rief ich. »Carter ist doch wohl nicht auf Sie hereingefallen, oder ?«
    »Nein«, gestand sie haßerfüllt.
»Aber mit Carter habe ich kurzen Prozeß gemacht.« Sie sah den Ausdruck des
Entsetzens auf Tess’ Gesicht und lachte. »Richtig«, rief sie. »Ich habe ihn
erschossen.«
    Sie tastete sich an der Kiste
vorbei, und ihr Fuß setzte auf einem Flecken Leim auf, der noch nicht ganz
getrocknet und offenbar während der Arbeitszeit heruntergetropft war. Ihr Fuß
glitt aus, und sie versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht wiederzugewinnen.
Dann ließ sie die Aktentasche fallen und taumelte auf die Wand zu. Hilfesuchend
streckte sie die Hand aus und prallte dann mit ihrem ganzen Gewicht in ein
Gewirr gummiverkleideter Drähte. Unter der Wucht des Aufpralls platzte die
brüchige Isolierung.
    Ein blendend blauer Blitz
flammte auf. Natalie schrie schrill. Ihr ganzer Körper zuckte krampfhaft. Aus
der Pistole in ihrer Hand löste sich eine Kugel und prallte an die Decke, so
daß ein Regen weißen Kalks herabrieselte. Sie mußte innerhalb von zwei Sekunden
tot gewesen sein.
    Ich rückte die Kiste über den
Boden, bis sie an ihre Knie stieß. Ihre Hand löste sich von den Drähten, ihr
Körper fiel leblos zu Boden. Dann hob ich die Aktentasche auf und trug sie zum
Arbeitstisch zurück.
    »Unten stehen Maschinen, die
viel Strom brauchen«, flüsterte Wong. »Ich wollte die Isolierung immer schon
erneuern lassen .«
    Ich öffnete die Aktentasche und
blickte auf das Durcheinander von Banknoten. Ganze Bündel lagen in chaotischer
Unordnung darin.
    »Ist es wirklich eine Million
Dollar, Wong ?« fragte ich.
    »Ja«, bestätigte er. »Eine
Million Dollar — aber chinesisches Geld.«
     
    Im ersten Augenblick
registrierte ich seine Bemerkung gar nicht. Dann wandte ich meinen Blick von
den Geldscheinen und sah ihn an.
    »Chinesisches Geld«,
wiederholte ich. Meine Kehle war wie zugeschnürt. »Sie meinen
nationalchinesische Währung ?«
    »Richtig«, erklärte er schwach.
    »Das ist keinen roten Heller
wert .«
    »Ihr Amerikaner habt einen
Ausdruck, der jetzt genau auf mich paßt«, sagte Wong rauh .
»Sich totlachen !«
     
    Tess trat zum Tisch und blickte
in die Aktentasche, nahm ein paar Notenbündel heraus, sah sie an und ließ sie
fallen.
    »Er hat recht«, meinte sie
tonlos. »Alles nationalchinesisches Geld. Wollen Sie daraus ein Freudenfeuer
machen, oder soll ich ?«
    Ich trat vom Tisch weg und
schritt durch den Korridor zwischen der Wand und den Arbeitstischen.
Gedankenvoll blickte ich auf Natalies Leiche hinunter. Zuerst war es Carter,
dachte ich, dann Kahn. Dann Cheng, dann Corvo , dann
Wong — und alles für nichts!
    Geistesabwesend blickte ich auf
die entblößten Drähte, und meine Augen folgten ihnen bis hinauf zur Decke und
dann an der Wand entlang zur Tür. Oben an der Decke war die Isolierung
erneuert. In der Nähe der Tür befand sich ein Kontakt, von dem aus die Drähte
gerade in die Höhe liefen und durch die Decke hindurch ins Obergeschoß führten.
Doch seltsamerweise verliefen auch jenseits des Kontakts noch fünfzig bis
achtzig Zentimeter Isolationsmaterial. Wozu? Ich schob die Kiste weiter über
den Boden, bis ich mich unter dem Kontakt befand, und stieg dann darauf. Ich
suchte mein Messer und schützte ein Stück der Isolierung auf.
    »Andy«, rief Tess entsetzt.
»Sind Sie wahnsinnig ?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Wong?«
    Er antwortete nicht.
    »Wong !« wiederholte ich lauter.
    »Er ist tot, Andy«, sagte Tess.
    Ich grub mein Messer wieder in
die Isolierung und zog sie zur Seite. Fünf kleine Rollen fielen auf den Boden.
Ich stieg von der Kiste und hob sie auf.
    Plötzlich hörte ich
Stimmengewirr und das Geräusch von Schritten. Gleich darauf betraten
Polizeibeamte den Arbeitsraum. Unterinspektor Cross blickte auf Natalies

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