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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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damit sie die Schlauchboote ständig auf ausgestreckten Armen tragen konnten. Als ihnen die Arme allmählich weich wurden, begann der Holzboden des Schlauchboots ihnen gegen den Kopf zu schlagen, und alle hatten das Gefühl, ständig einen Riesenhammer über sich zu haben.
    Luigi Bertonis Gruppe enthielt die kleinsten Männer. Die anderen Angehörigen der Klasse 181 hatten sie »die Knirpse« getauft. Sie hielten jedoch immer noch mit. Keiner aus ihrer Gruppe war ausgefallen, und inzwischen waren nur noch sechs oder sieben Gruppen übrig.
    Luigi konzentrierte sich eine Weile darauf auszurechnen, wieviele es insgesamt waren. Er brauchte jedoch fast die ganze Laufstrecke, um zu erkennen, daß sieben mal acht sechsundfünfzig sind. Da sie zu Anfang zehn Gruppen gewesen waren, mußte zehn mal acht… mußte das achtzig ergeben. Folglich hatten schon vierundzwanzig Mann aufgegeben. Oder waren es vierunddreißig? Sie mußten schon ziemlich am Ende sein, an einem der letzten Tage. Nein, es war ihm unmöglich zu sagen, welcher Tag es war.
    Als sie den Strand auf der anderen Seite erreichten, wurde ihnen befohlen, die Schlauchboote in den Sand zu legen und Ruhestellung einzunehmen. Mehrere der Kameraden machten den Eindruck, als schliefen sie schon, bevor sie den Boden erreicht hatten. Die meisten waren schon nach einer Minute eingeschlafen, aber Luigi wagte es nicht, da ihm diese Ruhepause allzu unmotiviert vorkam. Er lag still da und betrachtete die Ausbilder mißtrauisch mit halbgeschlossenen Augen. Keine Minute später brach die Hölle los: Trillerpfeifen, Sprengungen, Tränengas. Der gesamte Trupp erhielt Order, sich sofort ins Wasser zu begeben und um eine zweihundert Meter draußen liegende Boje herumzuschwimmen. Diesmal sollten sie die Uniformen und Stiefel beim Schwimmen anbehalten, und die Gruppe, die als letzte zurückkam, würde zur Strafe eine Extrarunde drehen müssen.
    Luigis Gruppe lief eine Zeitlang Gefahr, als letzte wieder an Land zu sein, da einer der Bauernburschen aus Montana oder Nebraska kaum schwimmen zu können schien, aber die Rettung nahte, als jemand weiter vorn einen hysterischen Anfall bekam und schreiend an Bord eines der Begleitboote gezogen wurde. Medizinisches Personal kümmerte sich um ihn. Anschließend wurde er zur Basis zurückverfrachtet und von den weiteren Ausscheidungskämpfen ausgeschlossen.
    HOO YAH! brüllten sie, als sie schließlich an Land torkelten, um sich so lange auszuruhen, wie die dezimierte Gruppe brauchte, um nochmals die Boje zu umrunden. HOO YAH!
    Niemand wußte, woher die SEAL-Truppen diesen Schlachtruf hatten. Er war vermutlich ebenso alt wie das Korps. Anschließend liefen sie acht Meilen in losem Sand mit den nassen Uniformen um die Basis herum. Der Uniformstoff klebte und riß an den Schürfwunden. Die Männer liefen in leichtem Laufschritt, halb trottend, ein wenig breitbeinig und streckten die Arme möglichst weit vom Körper aus, da Sand, Salzwasser und die ständige Reibung in den Achselhöhlen am unerträglichsten waren. Luigi zog von Zeit zu Zeit die Arme an den Körper, wenigstens ein paar Schritte lang, damit der Schmerz Zorn und Verzweiflung steigerte.
    Aber auch das wirkte auf doppelte Weise. Als es weh tat, wurde er zwar etwas klarer im Kopf und sah deutlicher. Der Schmerz verstärkte jedoch auch sein Gefühl von Sinnlosigkeit und Beleidigung. IMMERHIN HATTE ER DAS HIER SCHON VIERMAL MITGEMACHT, VERDAMMT NOCH MAL!
    Niemand sonst hatte… doch, einige andere hatten schon. Aber jetzt gab es ja nichts mehr zu beweisen, falls das überhaupt der Sinn der Hell Week war, die zu Anfang einmal Motivation Week geheißen hatte; die sechste Woche des SEAL-Programms, die Woche, in der die Spreu vom Weizen getrennt wurde, die Männer von den Jungen, und wie die Sprüche sonst noch alle lauteten.
    Gegen Ende des Laufs, nach etwas mehr als einer Stunde, als die Männer eher torkelten als liefen, hatten die Knirpse und zwei weitere Gruppen das gleiche Problem. Sie mußten einen der Kameraden mehr oder weniger hinter sich her schleifen, da die nassen Stiefel und der Sand die Schürfwunden unerträglich machten. Die Gruppe aber, die jetzt Gefahr lief, eine neue Runde zu drehen, würde auch weitere Zusammenbrüche riskieren. Einer der Ausbilder tauchte plötzlich neben Luigis Gruppe auf und brüllte etwas, was dieser nur zum Teil verstand. Es lief jedoch darauf hinaus, daß es zwar traurig ist zu verlieren, aber wenn man bei einem Auftrag verliert, ist man tot.
    Sie waren

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