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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Rechtsabteilung ungerührt fort. »Die italienische Gesetzgebung auf diesem Gebiet ist, soviel ich weiß, sowohl strikt als auch umfassend. Entführungen sind in Italien ja ein nicht ganz seltenes Problem. Unter anderem ist es dort gesetzlich verboten, mit Entführern zu verhandeln. Ich vermag für schwedische Behörden keine Möglichkeit zu sehen, dieses Verbot zu übertreten. Wir sollten die Angelegenheit also an die betreffenden italienischen Behörden übergeben. Eine andere rechtlich akzeptable Lösung gibt es nicht.«
    Sie betonte das Wort rechtlich auf eine Weise, die den Außenminister ahnen ließ, daß sie sarkastisch noch andere, tieferstehende und somit politische Möglichkeiten andeuten wollte.
    »Wie sieht deine Meinung dazu aus, Peter?« fragte der Außenminister, ohne auch nur mit einer Miene erkennen zu lassen, was er über eine wie auch immer geartete Rechtslage dachte.
    Peter Sorman kannte seinen Chef sehr gut. Sie arbeiteten schon seit Jahrzehnten in der Partei zusammen, und er begriff, in welche Richtung der Karren gezogen werden sollte.
    »Nun ja«, sagte Peter Sorman zögernd, fast lustvoll zögernd, da er an den Blicken der anderen erkannte, daß von ihm eine Lösung des Problems erwartet wurde, »nun ja, es dürfte wohl unzweifelhaft sein, daß wir als erste Maßnahme mit den italienischen Behörden Kontakt aufnehmen müssen. Als zweite Maßnahme könnte man sich vielleicht vorstellen, daß wir uns bei ihnen erkundigen, was sie von einem Versuch halten, mit den Entführern zu verhandeln, ob wir das sozusagen tun können, ohne hinter ihrem Rücken zu agieren, aber doch so, daß die Italiener beide Augen zudrücken. Zunächst aber müssen wir mit den italienischen Behörden Kontakt aufnehmen. In diesem Punkt sehe ich keine andere Wahl, darin hat Agnes recht.«
    »Hm«, sagte der Außenminister. »Was hältst du von dieser Vorgehensweise, Agnes?«
    »Die Maßnahmen, die in Zusammenarbeit mit den Justizorganen in Italien getroffen werden können, dürfen mit unserer nationalen Gesetzgebung natürlich nicht in Konflikt geraten«, erwiderte sie schnell und fast säuerlich.
    »Aha, dann werden wir ja sehen, was sie sagen. Was meinst du zu der ganzen Geschichte, Lasse?« gab der Außenminister den Ball weiter. Was Lars Kjellsson äußern würde, war die Ansicht des Ministerpräsidenten, die nicht ganz bedeutungslos war.
    »Im Augenblick kann ich keine andere Möglichkeit erkennen, als daß wir die Sache den italienischen Behörden übergeben, wie Agnes vorgeschlagen hat. Das schließt natürlich auch das Material ein, also diesen Brief«, erwiderte Lars Kjellsson abwartend. Sein Tonfall ließ erkennen, daß er für irgendein abenteuerliches Vorgehen in Palermo keinerlei Begeisterung aufbrachte.
    »Vielleicht sollten wir die Polizei trotzdem erst mal feststellen lassen, wem der Zeigefinger gehört«, erklärte Peter Sorman in abwartendem Tonfall.
    »Du kannst trotzdem nicht verhindern, daß wir die Sache den Italienern übergeben müssen«, konterte Lars Kjellsson schnell, als ahnte er einen Versuch des Staatssekretärs, den schmalen legalen Weg zu verlassen.
    »Gut, dann verfahren wir so. Ich berufe ein neues Treffen ein, wenn ich die Ansicht der Italiener kenne«, sagte der Außenminister und erhob sich. Damit war die Konferenz beendet.
    Nachdem die anderen gegangen waren, bat er Peter Sorman zu bleiben und schloß die Tür fast demonstrativ hinter denen, die er offenbar als die gegnerische Mannschaft ansah.
    »Diese Paragraphenreiter!« fauchte er. »Hier stehen Menschenleben auf dem Spiel, und außerdem haben wir ein Wahljahr. Nein, ich will nicht zynisch sein.«
    »Das bist du aber«, lächelte Peter Sorman ironisch. »Als Leistungen werden im Wahlkampf nur Siege gewertet, das weißt du genau. Wenn wir Erfolge einstreichen, ist alles in Butter. Mißlingt uns das, haben wir das Elend. Die Chancen dürften wohl fünfzig zu fünfzig stehen.«
    »Mag sein, aber in der jetzigen Lage haben wir nicht gerade etwas zu verlieren. Hast du die jüngsten Meinungsumfragen gesehen? Die Zahlen, die heute morgen gekommen sind?«
    »Nein. Ich lese keine Meinungsumfragen mehr.«
    Sie setzten sich unter abwartendem Schweigen. Der Außenminister rückte einen kleinen silbernen Fisch zurecht, den er am Revers trug. Er war begeisterter Sportfischer und versuchte beim Wahlvolk daraus Kapital zu schlagen, indem er es so oft wie möglich vorführte. Nachdenklich knabberte er an einem der Pfefferkuchen, die während der

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