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Unternehmen Wahnsinn

Unternehmen Wahnsinn

Titel: Unternehmen Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresia Volk
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selber das Hauptziel? Oder gibt es ein übergeordnetes Unternehmensziel? Nur wenn man das kennt und zudem unterstellt, dass die Zufriedenheit der Mitarbeiter zur Erreichung dieses Ziels beiträgt (was ja nicht immer der Fall sein muss), hat man eine Orientierung darüber, was zu tun ist – und kann sich eventuell auch an einem entsprechenden Messwert erfreuen.
    Es müssen also ein Maß und ein Ziel ins Verhältnis gesetzt werden, nicht etwa zwei Messgrößen. Genau das passiert heute in den Organisationen aber oft und wird dann sogar als Erfolg gefeiert: »Doppelt so schnell wie …« ist so eine Formel fürs Ins-Verhältnis-Setzen zweier Maße. Es sagt eigentlich nichts aus. Denn was bedeutet »doppelt so schnell«, wenn es in die falsche Richtung geht? Oder »doppelt so viel«, aber vom Falschen? Richtungsfragen sind Zielfragen. Wohin will ich? Ist die Zielfrage erst einmal beantwortet – mit allen Priorisierungen, es geht schließlich um das Gesamtziel aller Teilziele –, dann wird schnell deutlich, welche quantitativen und qualitativen Maßeinheiten die passenden sind. Es kann gemessen und geschätzt (auch wertgeschätzt!) werden – und Status, Fort-Schritt, die noch notwendigen Zutaten oder ausstehenden Streckenabschnitte werden erkennbar. Jetzt kann man auch von Orientierung sprechen.
    Wie mache ich es richtig?
    Was ist richtig? Woher die Grundorientierung und demzufolge das Maß fürs richtige Denken, Handeln, Entscheiden nehmen? Die Frage »Wie mache ich es richtig?« ist zutiefst menschlich, sagt der Philosophieprofessor und Experte für Handlungstheorie Harry Frankfurt. 98 Das eigene innere Referenzsystem ist das einzige, worauf der Mensch sich letztendlich beziehen kann und wonach er entscheiden muss, wenn sich außerhalb seiner die Fakten- und Interessenlagen doch ständig widersprechen.
    Tatsächlich sind wir umzingelt von Vorstellungen, Bedürfnissen und Erwartungen anderer. Da gibt es die Anforderungen in Schule und Studium, da sind diverse Prüfungen, die Anspruchshürden der ersten Stellen, die überwunden werden müssen, fachliche Notwendigkeiten, um bestimmte Lösungen zu erzielen, strategische Erwägungen und opportunistische Rücksichten, um etwas durchzusetzen u. v. m. Wir sind beschäftigt damit, einem Zweck nach dem anderen zu dienen. Überall wird dabei gemessen und bewertet, auch wir selber bewerten andauernd, ob wir etwas gut genug gemacht haben, ob wir vorankommen etc.
    Manch einer gelangt allerdings weit und hoch, indem er immer nur die Erwartungen der anderen erfüllt, ohne sich je die Frage gestellt zu haben, was er tun würde, wäre er wirklich verantwortlich. Er reflektiert seine Maßstäbe nicht und vernachlässigt das Eigene. Nicht selten schafft es so jemand bis in den Vorstand einer Organisation. Oft erst sehr spät in einer Karriere fragt er (oder sie) sich, ob es richtig ist, was er tut und getan hat bzw. was er selber eigentlich zutiefst will. Das kann mit tiefen Krisen oder großen Selbstenttäuschungen einhergehen, die existentielle Fragen aufwerfen: Was habe ich falsch gemacht? Wozu das alles?
    Das Eigenmaß oder die Entwicklung
des inneren Referenzsystems
    »Sich selbst ernst zu nehmen« 99 , nennt Harry G. Frankfurt das menschliche Bestreben, »dass unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Entscheidungen und unser Verhalten Sinn ergeben« sollen. Diese Beschäftigung mit sich selber, mit der Frage, ob das eigene Tun richtig oder falsch ist, woran wir es messen etc. unterscheidet uns von Tieren: »Ich denke darüber nach, wie man leben soll. Ich frage mich, welche Ziele ich anstreben und welche Grenzen ich respektieren soll. Es ist mir wichtig zu verstehen, was mir wichtig ist.«
    Gemeint sind damit gerade nicht jene unzähligen instrumentellen Zwecke, denen wir uns widmen. Damit können wir uns beschäftigt halten – und tun es unentwegt. Aber sie stellen uns nicht zufrieden. Der Mensch braucht Endzwecke, die nicht nur funktionalen Wert haben. Anders kann er nicht zu jenem »Einverständnis mit sich selbst« gelangen, von dem Spinoza sagt, dass es das Gut des Menschen sei, auf das sich seine größte Hoffnung richten kann (acquiescentia in se ipso). Das Maß des Einverständnisses mit mir selber ist also der Wert, an dem ich erkenne, ob ich richtig liege.
    Zwei Dinge folgen daraus: Erstens gilt es, beizeiten sein eigenes inneres Referenzsystem (mit einem definierten Endzweck und daraus abgeleitet die eigenen Maßstäbe) zu entwickeln und immer wieder zu überprüfen.

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