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Unternehmen Wahnsinn

Unternehmen Wahnsinn

Titel: Unternehmen Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresia Volk
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riskieren lässt? Führungskräfte werden genau dafür gebraucht und bezahlt, dass sie die unentscheidbaren Fragen be- und verantworten und so Orientierung geben. Denn auch fundamentale Geschäftsentscheidungen sind heute über objektivierende Verfahren nicht mehr zu fällen. Die Faktenlage ist nie eindeutig. Dieselben Zahlen könnten als Argument dafür dienen, ein Werk oder eine Filiale zu schließen – oder gewaltig in sie zu investieren. Und die Interessenlagen sind selbstverständlich immer mindestens genau so diffus.
    Wo die Faktenlage eindeutig ist, da hat man es mit entscheidbaren Fragen zu tun – aber da bedarf es interessanterweise keiner Entscheidungen mehr, nur Schlussfolgerungen. Dass 2 + 2 = 4 ergibt, ist eine logische Schlussfolgerung, Entscheidungen sind aber genau deswegen Entscheidungen, weil die Lösung nicht hergeleitet, sondern entschieden werden muss. Das ist nicht trivial. Woran soll man sich orientieren?
    Kurzer Exkurs zu Maß und Ziel
    Was ist ein Maß? Erstens wird die Maßeinheit selber so genannt: die Einheit zum Messen von Größen, Mengen, Gewichten und vielem anderen. Zweitens die durch Messen ermittelte Größe, also zum Beispiel: Jemand hat Hutmaß 57.
    Es scheint so zu sein, dass wir das Messen von Quantitäten mittlerweile ganz gut hinbekommen, beim Messen von Qualitäten wird es schwieriger: Was ist die passende Maßeinheit für die Qualität eines Unternehmens? Ist es die Erfüllung der ISO-Normen oder sind es die freigesetzten Glückshormone beim Kunden? Und was ist die Maßeinheit für Unternehmenserfolg? EBIT oder niedrige Fluktuation oder …? Und für persönliche Zufriedenheit? Die Anzahl der durchgeschlafenen Nächte, die Summe der Menschen, die sich zum Geburtstag melden? Oder vielleicht doch das Jahreseinkommen?
    Die Frage nach der besten Messeinheit lässt sich nur sinnvoll beantworten, wenn man die Frage nach dem Ziel stellt. Wer mit dem Auto vom Schwarzwald nach Wien will, für den ist das (Kilo)Metermaß der geeignete Orientierungsapparat. Wer Sonden zu unserer nächstgrößeren Nachbargalaxie, der Andromeda-Galaxie, schicken will, der rechnet besser in Lichtgeschwindigkeit. Das Maß ist mehr als alles andere eine Verhältniskategorie, es setzt etwas zueinander in Beziehung: zum Beispiel den zurückgelegten Weg zur noch verbleibenden Strecke. Die kürzeste Wegstrecke von Yach, einem Dorf im Südschwarzwald, nach Wien ist 700 km lang. Die nach Florenz oder Berlin aber auch. Und wer dieselben 700 km nach Westen fährt, hat den Atlantik erreicht. Wer sich also ins Auto setzt und losfährt, für den ist die km-Anzeige im Tacho eine gute Orientierung über die verbleibende Wegstrecke, und vermutlich schafft er die Tour an einem Tag. Aber er sollte eben vorher entschieden haben, ob er nach Österreich oder ans Meer will.
    Ein Maß orientiert (noch 700 km …), aber nur insofern eine Grundorientierung über ein Ziel (… bis nach Wien) gegeben ist.
    Verhältnismäßig viel Unverhältnismäßigkeit
    Wenn wie aktuell oft Maßlosigkeit oder Unmäßigkeit angeprangert wird, dann trifft das den Problemkern nicht präzise. Die Welt ist voll von Messgrößen und Maßangaben aller Art, sie nützen allerdings nichts, wenn nicht klar ist, worauf sie sich beziehen. Das Problem ist also eine allgemeine Un-Verhältnis-Mäßigkeit. Die Maßeinheiten wären schon vorhanden, zuhauf sogar – allein, sie sagen nichts aus, weil dazu kein Ziel im Verhältnis angegeben wird bzw. ganz unterschiedliche Ziel-Maß-Verhältnisse unterstellt werden.
    Unmäßigkeit tritt dort auf, wo es keinen Zusammenhang zum Ziel gibt. 5 kg Zuckerguss – ist das viel? 500 Mrd. Euro – ist das angemessen? Kommt drauf an. Für einen Apfelkuchen mögen
5 kg Zuckerguss überdimensioniert sein. Richtig bewerten lässt sich das aber nur, wenn man die 5 kg mit einem bestimmten Kuchen ins Verhältnis setzt. Es muss klar sein, ob der Kuchen für einen zweisamen Nachmittagskaffee oder für das Guinnessbuch der Rekorde gebacken wird. Die Verhältnismäßigkeit fragt nach dem Ziel und bemisst danach die Mittel. Die Messgrößen an sich
– 3 Billionen Peanuts, 2 Grad Erwärmung, 80 Stunden – sind sinnlos.
    Die Welt ist voll davon, sie tragen zur Informationsflut bei, orientieren aber keineswegs. Dabei spielt keine Rolle, ob sie quantitativer oder qualitativer Art sind. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter – nehmen wir einmal an, sie konnte durch gute qualitative Methodik ermittelt werden – was bedeutet sie? Ist sie etwa

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