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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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unter den Monumenten einer beliebigen europäischen Großstadt real existierende Frauen der langen europäischen Geschichte zeigen? Vermutlich keine einzige! Diejenigen Brunnen und Denkmalssockel, auf denen die Anwesenheit von Damen nur ein Vorwand ist, lüstern entblößte Weiblichkeit zu zeigen, sollen ausdrücklich nicht mitgezählt werden.
    Die Eroberung der Welt
    Immer gibt es jemanden, den man nicht mag. Diese Barbaren! Auch so ein Wort, das aus dem alten Griechenland stammt. Damals bezeichnete man damit jene ebenso bedauerns- wie verachtenswerten Menschen, die nicht ordentlich Griechisch sprachen. Ihre raue Rede klänge wie »br br«. Daher das Wort barbaroi . Interessanterweise sind es ja immer die anderen, drüben, jenseits der Grenze. Man selbst hat selbstverständlich immer recht. Aus diesem sehr eingeengten Blickwinkel auf das Fremde entstehen oft gröbere Irrtümer. Man sieht förmlich einen Politiker der römischen Zeit vor sich stehen, der im vierten Jahrhundert unserer Zeit inbrünstig die ewige Macht Roms beschwört und seine Rede mit den Worten enden lässt: Diese Barbaren werden niemals genug Macht erringen, um Rom gefährlich zu werden, denn sie sind unfähig zu jeder höheren kulturellen Entwicklung. Und wenig später erringen sie dann die Macht, und dann sind sie da. Oft stellt sich in der Folge heraus, dass der vermeintliche Barbar die jetzt Bezwungenen und vermeintlich Zivilisierten selber für Barbaren hält. Merke: Die Barbaren von früher sind gar nicht selten die Herrscher der Zukunft. Dann errichten sie ein neues Reich und missachten neue Barbaren an den Grenzen.
    Auch dies kann man aus der Geschichte lernen: wie oft der Mensch darin zu kurz gedacht hat. Wenigen segensreichen Einsichten stehen lange Perioden totaler Verblendung gegenüber. Immer wieder haben Menschen sinnlose Feindschaften gepflegt, Kriege geführt, Mitbürger aus den aberwitzigsten Gründen ermordet. Es ist noch gar nicht so lange her, da konnten Frauen nicht wählen, da waren Arbeiter und Bauern nur dazu da, um den Mächtigen ein angenehmes Leben zu garantieren. Die Geschichte zeigt dem interessierten Betrachter in einem bunten Bilderbogen, was geschieht, wenn man so einfältig denkt. Wie steril und tot eine Gesellschaft ist, aus deren Mitte man die Frauen verdrängt! Wie krisengeschüttelt eine Ausbeutergesellschaft, in der jeder nur seinen Vorteil wahrnimmt und den Schwarzen Peter nach unten durchreicht! Wie aggressiv und am Ende selbstzerstörerisch der Hass auf alles Fremde und Andere sich äußert! Man kann sich angesichts dieser Vorgeschichte immerhin vornehmen, es besser zu machen, auch wenn durchaus nicht sicher ist, dass es einem auch gelingt.
    Oft erreicht man ja genau das Gegenteil des ursprünglich Gewollten. Sehen Sie sich einmal um. Wir stehen auf dem Petersplatz, an einem lauen römischen Frühlingstag, und dort drüben, das sind die Mauern des Vatikans. Lange ging es in den ehrwürdigen vatikanischen Palästen trotz der göttlichen Berufung ihrer Bewohner überaus irdisch zu, da wurden Kinder gezeugt, Gifte an Konkurrenten ausprobiert, kurz: Der Papstpalast war ein Abbild der Welt, nur etwas konzentrierter. Machiavelli, der toskanische Theoretiker der Politintrige, dessen Name längst sprichwörtlich geworden ist, hat aus der Beobachtung unter anderem dieser Zustände seine Theorien vom Machterhalt entwickelt. Und über den hatten die Päpste allerdings vieles zu berichten, ebenso wie über die Erweiterung ihrer Macht. Bizarrerweise wandelte sich unter ihrer Herrschaft die friedliche Botschaft des jüdischen Philosophen Jesus zu einem angriffslustigen Dogma. Dieser Leiter einer jüdischen Splittergruppe hatte wenige Jahrzehnte nach dem Jahr eins seine Ansichten immer weiter reformiert und seinen sehr wenigen Anhängern radikale Wahrheiten von der Gnade Gottes und von der Feindesliebe verkündet. Mehr als tausend Jahre später überzogen völlig andere Menschen in seinem Namen die Welt mit Krieg. Ohne Jesus keine Bergpredigt und keine Christen, ohne Christentum kein Papst in Rom, keine Kreuzzüge, keine Ketzerverfolgung und kein europäischer Kolonialismus. So war das doch eigentlich nicht gedacht.
    Die großen Eroberungszüge der europäischen Neuzeit boten für alle Beteiligten eine befriedigende Mischung aus heiligem Auftrag, Abenteuerlust, Gier und der Hoffnung auf einen

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