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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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ist damit auch, dass es nicht nur das eine Troja gab, dem das Pferd den Untergang brachte, sondern dass der Ort in vielen verschiedenen Epochen der Geschichte präsent war, mehrfach erobert, durch Feuer und Erdbeben beschädigt, von seinen Bewohnern verlassen und immer wieder neu aufgebaut wurde. Zehn Siedlungsschichten wurden bisher nachgewiesen, die bis ins dritte, nach jüngsten Funden vielleicht sogar bis ins fünfte Jahrtausend v. Chr. zurückreichen.
    Der berühmte (sogenannte) »Schatz des Priamos«, den Schliemann als Indiz und Zeitzeichen für den Trojanischen Krieg betrachtete, wird heute der Siedlungsschicht II (2600 – 2300 v. Chr.) zugeordnet. Damit ist er ein Jahrtausend älter als die offenbar von gravierenden Zerstörungen betroffene Schicht Troja VII b, die nach Meinung der meisten Experten den historischen Hintergrund für Homers Dichtungen abgeben könnte. Sie wird auf ungefähr 1200 v. Chr. datiert.
    Das westlich zentrierte Troja-Bild Heinrich Schliemanns, der den Trojanischen Krieg fast für eine Art innergriechischer Angelegenheit hielt, ist inzwischen gründlich korrigiert worden. Stattdessen richtete sich der Blick der Forscher nach Osten: auf die Hethiter, neben Assyrern und Ägyptern die dritte Großmacht der Bronzezeit, die den größten Teil Anatoliens beherrschte und frühzeitig über Eisenwaffen verfügte.
    In hethitischen Texten ist mehrfach von einer Stadt namens Wilusa die Rede. Wilusa aber, folgt man den Sprachwissenschaftlern, ist identisch mit Troja, das die Griechen zeitweise auch Wilios , Ilios oder Ilion nannten, woraus wiederum der Titel von Homers »Ilias« abgeleitet ist. Außerdem wurde 1995 am Hügel Hisarlik ein Siegel in luwischer Sprache gefunden, die auch bei den Hethitern üblich war.
    Das Ilion der späten Bronzezeit, so lässt sich schlussfolgern, lag also in direkter Nähe, genauer gesagt am Westrand des hethitischen Reiches. Möglicherweise war Wilusa ein vom starken Nachbarn abhängiger Vasallenstaat oder ein kleines autonomes Königtum. Auf jeden Fall befand es sich in der Einflusssphäre der Hethiter und gehörte eher dem anatolischen als dem mediterranen Kulturkreis an.
    Gegen die verheerende und diesmal endgültige Zerstörung Trojas war das kein Schutz. Im Rückblick zeigt sich eher eine Schicksalsgemeinschaft. Die Auslöschung des kleinen, aber wehrhaften Ilion und der Untergang des großen Hethiterreiches gehören beide zu jenem umfassenden Katastrophenszenario, das die ominösen »dunklen Jahrhunderte« einleitet. Die Welt des östlichen Mittelmeerraums gerät aus den Fugen. Und der Name Troja wird später – durch die Epen Homers – zur markantesten Chiffre für eine Welt, die sich in Auflösung befindet.
    Die Bösewichte, die dieses Chaos zu verantworten haben, gelten seit Langem als ausgemacht. Es sind die »Seevölker«. Aber da sie schwer zu identifizieren und eher ein »Phänomen«, um nicht zu sagen ein Seegespenst, geblieben sind, ist der Steckbrief unvollständig geblieben.
    Auf jeden Fall leisten sie ganze Arbeit, auch wenn nicht alles, was umstürzt oder auseinanderbricht, auf ihr Konto geht. Oft wirken mehrere Faktoren zusammen, aber stets stehen sie mit auf der Täterliste. Und es geht Schlag auf Schlag.
    Um 1200 v. Chr. wird das hethitische Hattusa, die Hauptstadt mit dem Löwentor, von seinen Bewohnern verlassen. Das Reich Hatti, wie sie es nannten, geht unter. Mit grandiosen Bildwerken, einer fortschrittlichen Rechtsprechung, einem maßvollen Umgang mit fremden Menschen und Göttern sowie einer Reihe lautmalerisch-zungenbrechender Herrschernamen wie Hattusili, Mursili, Telipinu, Tudhalija oder Suppiluliuma, die – zugegeben – immer schon schwer zu behalten waren. Schon in der griechischen Antike sind die Hethiter vergessen. Ihre Königsgräber harren immer noch der Entdeckung. Die Debatte über innere und äußere Bedrohungen als Ursache des Untergangs hält an.
    Ungefähr zur selben Zeit beginnt auch die mykenische Kultur, deren Kriegsherren Homer nach Troja schickt, zu verfallen: Überfälle, Plünderungen und Brände zerstören ihre wichtigsten Zentren auf dem griechischen Festland und auf Kreta. Andere Stätten erleiden einen längeren, qualvollen, glanzlosen Niedergang. Die letzten mykenischen Paläste werden 1070 v. Chr. aufgegeben.
    Die kassitische Dynastie,

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