Unterwegs in der Weltgeschichte
Ende der griechischen Unabhängigkeit.
Wie war es dazu gekommen, was war geschehen?
Als Philipp II. 359 v. Chr. von der makedonischen Heeresversammlung zum König gewählt wurde, bot sich ihm tatsächlich keine ermunternde Ausgangssituation für das, was sich in den nächsten zwanzig Jahren abspielen sollte: Das Heer war in einem desaströsen Zustand, von Infrastruktur oder einer funktionierenden Verwaltung konnte keine Rede sein. Doch der raubeinige König hatte GroÃes vor, er war ehrgeizig, und mithilfe der reichhaltigen Goldvorkommen in Thrakien begann er mit einer beeindruckenden Aufrüstung. Seine Armee sollte die schlagkräftigste in ganz Griechenland werden. Die Adelsreiterei, die Hetairen , wurde zur Elitetruppe ausgebildet, die FuÃtruppen organisierte er in starren Phalanxen mit vier bis fünf Meter langen Speeren aus besonders stabilem Zedernholz, für deren Einsatz ein intensives Training nötig war.
So ungehobelt Philipp gewesen sein mag, zeigte er sich doch auch als geschickter Diplomat. Zur Stabilisierung seiner Bündnispolitik soll er â sich an seinen aktuellen strategischen Plänen orientierend â die jeweils dazu passende Frau geheiratet haben. Um 357 v. Chr. ging Philipp seine vierte Ehe mit Polyxena, einer Prinzessin aus Epirus, ein, die nach der Hochzeit den Namen Olympias bekam. Ziel dieser EheschlieÃung war es, die Allianz zwischen Epirus und Makedonien zu besiegeln.
Olympiasâ königliches Elternhaus leitete seine Abstammung von dem mythischen Helden Achilles her, sie selber behauptete auÃerdem eine direkte Linie zur schönen Helena.
Olympias galt als exzentrisch, herrschsüchtig, stolz und auch grausam. Religiös exaltiert, war sie eine begeisterte Anhängerin des Dionysos-Kultes und trat bei den orgiastischen Feiern zu Ehren des Gottes schon in ihrer Heimat Epirus als Tänzerin und Bacchantin auf. Laut Plutarch spielten bei diesen Kulthandlungen Schlangen eine wichtige Rolle, was bei Philipp wohl zu Irritationen führte und auch dazu beigetragen haben soll, dass die Ehe nicht besonders harmonisch verlief. Peter Bamm sagte zur Hochzeit dieser beiden: »Es heiratete der Wolf eine Löwin.«
356 v. Chr. wurde Alexander, der gemeinsame Sohn, geboren, und eine weltumstürzende Geschichte nahm ihren Lauf. Ob seine Kindheit glücklich war, lässt sich kaum entscheiden. Auf jeden Fall war sie sehr bewegt: Philipp befand sich seit Alexanders Geburt fast ununterbrochen auf Kriegszügen. Er gewann 352 v. Chr. den Krieg gegen die Phoker, auf deren Gebiet sich die Stadt Delphi mit dem Orakel befand, besetzte Thessalien und eroberte 342 v. Chr. Thrakien.
Alexander blieb in der Zeit von Philipps Feldzügen in der Obhut seiner Mutter Olympias, die in ihm den einzig rechtmäÃigen Thronerben sah und ihn zu ihrem Geschöpf machen wollte. Zeit seines Lebens hatte sie einen starken Einfluss auf ihn und brachte ihm wohl auch den Glauben an eine göttliche Abstammung nahe. Auf dem Jungen lagen also von Anfang an ein starker Druck und hochgesteckte Erwartungen: hier seine ehrgeizige Mutter, dort der machtbesessene Vater, dazu noch das kriegerische Volk. Nicht zu unterschätzen waren auch Alexanders eigene hohe Ansprüche.
Er wuchs am Hof von Pella auf und wurde dort auf die Rolle als Nachfolger seines Vaters gut vorbereitet. Philipp engagierte, als Alexander dreizehn Jahre alt war, den berühmten Philosophen Aristoteles als Lehrer, der zuständig sein sollte für Bildung und Erziehung nach griechischem Ideal. Alexander erwies sich als talentiert, neugierig und intelligent. Worin genau Aristoteles ihn unterrichtete, weià man nicht. Fest steht, dass er Alexanders Interesse an griechischer Kultur und Literatur, an Forschung und Wissenschaft geweckt hat. Der junge Prinz wurde ein Verehrer Homers; ein Exemplar der »Ilias«, aus der er auswendig rezitieren konnte, lag später angeblich immer zusammen mit einem Kurzschwert unter seinem Kopfkissen.
Doch auch die militärische Ausbildung sollte nicht zu kurz kommen: Philipp selber übernahm hier die Ãberwachung. Stellen Sie sich einen selbstbewussten jungen Mann vor, der sehr gegensätzliche Züge in sich vereinigte. Am hervorstechendsten waren jedoch Alexanders urwüchsiger Elan und eine beispiellose Willenskraft, die sich in unermüdlich tätiger Energie äuÃerte. Mit ihr hingen auch Schnelligkeit und Zähigkeit seines Handelns
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