Unterwegs
und auch die Stelle, wo der alte Mister Wall, Eds Vater, im Auto hinter einer verlaufenen Kuh über die Steppe geholpert war und gebrüllt hatte: «Dich kriege ich noch, Gott verdammt!» «Er brauchte alle sechs Monate einen neuen Wagen», lachte Dean. «Ihm war’s egal. Wenn ein Tier sich verlaufen hatte, ratterte er bis zum nächsten Wasserloch hinterher und sprang hinaus und lief zu Fuß weiter. Hat jeden Cent umgedreht und im Kasten gehortet. Verrückter alter Rancher. Ich werde dir ein paar von seinen Autowracks hinter der Arbeiterbaracke zeigen. Hierher kam ich, als ich auf Bewährung entlassen wurde, nach meinem letzten Gastspiel im Knast. Von hier habe ich die Briefe an Chad King geschrieben, die du gelesen hast.» Wir bogen von der Straße ab und holperten auf einem Feldweg durch die Winterweide. Mehrere Kühe reckten plötzlich ihre traurigen weißen Gesichter ins Scheinwerferlicht. «Ja, das sind sie. Das sind die Kühe von Ed Wall. Da kommen wir niemals durch. Wir müssen aussteigen und sie verjagen. He-he-heee!» Es war aber gar nicht nötig, und vorsichtig schoben wir uns zwischen den Tieren hindurch, die muhend und manchmal leise gegen die Tür polternd wie ein Meer unser Auto umwogten. Dahinter sahen wir das Licht des Ranch-Hauses. Um dieses einsame Licht erstreckten sich Hunderte von Kilometern leerer Ebenen.
Eine so schwarze Nacht, wie sie sich über die Prärie senkte, ist unvorstellbar für uns im Osten. Da waren keine Sterne, kein Mond, keine Lichter – nur der schwache Lichtschein aus Mrs. Walls Küche. Jenseits des von dunklen Schatten erfüllten Hofes dehnte sich eine endlose Welt, von der bis zum Morgengrauen nichts zu sehen sein würde. Wir klopften, wir riefen im Dunklen nach Ed Wall, der im Stall die Kühe melkte. Ich tat ein paar vorsichtige Schritte, vielleicht zehn Meter, nicht weiter, in die Finsternis und glaubte Kojoten zu hören. Ed Wall meinte, es sei wahrscheinlich eines der Wildpferde seines Vaters gewesen, das in der Ferne wieherte. Ed Wall war ungefähr in unserem Alter, hoch gewachsen, schlank, mit kleinen, spitzen Zähnen und wortkarg. Er und Dean hatten in Denver oft an der Curtis Street herumgestanden und den Mädchen nachgepfiffen. Jetzt führte er uns freundlich in sein dunkles, braunes, anscheinend selten benutztes Wohnzimmer und tappte umher, bis er eine trübe Lampe fand, die er anmachte. Dann sagte er zu Dean: «Verdammt, was ist mit deinem Daumen passiert?»
«Habe Marylou eins auf die Schnauze gegeben, und der Daumen hat sich so sehr entzündet, dass ein Stück davon amputiert werden musste.»
«Verdammt, warum tust du so etwas?» Mir wurde klar, dass Ed einmal so etwas wie ein großer Bruder für Dean gewesen war. Er schüttelte den Kopf; der Melkeimer stand noch vor seinen Füßen. «Du warst schon immer ein verrückter Spinner.»
Inzwischen bereitete Eds junge Frau in der riesigen Ranch-Küche ein tolles Essen. Für die Eiskrem entschuldigte sie sich: «Ach, nichts als Sahne und Pfirsiche, zusammen in den Kühlschrank gestellt.» Es war natürlich das einzige wahre Eis, das ich je im Leben gegessen habe. Sie begann sparsam und endete verschwenderisch: Während wir aßen, erschienen immer neue Köstlichkeiten auf dem Tisch. Sie war eine stattliche Blonde, und wie alle Frauen, die isoliert in entlegenen Gegenden leben, klagte sie über die Langeweile. Sie zählte die Radioprogramme auf, die sie normalerweise abends um diese Zeit hörte. Ed Wall saß dabei und betrachtete seine Hände. Dean aß mit Heißhunger. Er flunkerte, und ich sollte den Schwindel mitmachen, dass ich der Besitzer des Cadillacs sei, ein reicher Mann, und er mein Freund und Chauffeur. Ed Wall ließ sich nicht beeindrucken. Jedes Mal, wenn sich das Vieh im Stall regte, hob er den Kopf und lauschte.
«Na gut, hoffentlich kommt ihr gut nach New York.» Er glaubte kein Wort von dem Märchen, dass ich der Besitzer des Cadillacs sei. Er war überzeugt, dass Dean den Wagen gestohlen hatte. Ungefähr eine Stunde blieben wir auf der Ranch. Ed Wall hatte den Glauben an Dean verloren, genau wie Sam Brady – er sah ihn vorsichtig an, wenn er ihn überhaupt ansah. In wilden alten Zeiten waren die beiden, nach der Heuernte in Wyoming, Arm in Arm durch die Straßen von Laramie gestolpert, doch das war lange vorbei und vergessen.
Dean rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl. «Tja, nun ja, ich glaube, wir sollten besser fahren, morgen Abend müssen wir in Chicago sein, und wir haben schon mehrere
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