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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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hupte und hupte und drängte uns ab und schrie. Der Taxifahrer wurde weiß im Gesicht.
    «Nur ein Freund von mir», sagte ich. Dean hatte genug von uns und zog plötzlich mit hundertvierzig Sachen in einem gespenstischen Wirbel von Staub und Auspuffgasen an uns vorbei. Er bog in Frankies Straße ein und hielt vor dem Haus; genauso plötzlich fuhr er wieder los, wendete und raste zurück Richtung Stadt, während wir ausstiegen und den Taxifahrer bezahlten. Kurz darauf, während wir noch besorgt im dunklen Hof warteten, kam er zurück, wieder mit einem anderen Auto, einem zerbeulten Coupé, bremste in einer Staubwolke vor dem Haus, kam taumelnd heraus und ging schnurstracks ins Schlafzimmer, wo er sturzbetrunken aufs Bett fiel. Und da saßen wir nun, mit einem gestohlenen Auto vor der Tür.
    Ich musste ihn wecken; ich schaffte es nicht, den Wagen zu starten und irgendwo loszuwerden. Er torkelte aus dem Bett, nur in Unterhose, und während die Kinder kichernd aus den Fenstern hingen, stiegen wir ein und fuhren holpernd und fliegend los, quer über die hartgebackenen Alfalfa-Reihen am Ende der Straße, wumm-ti-wummp, bis das Auto endlich schlappmachte und unter einem uralten Cottonwood-Baum bei der alten Mühle seinen Geist aufgab. «Weiter geht’s nicht», sagte Dean lakonisch und stieg aus und marschierte über das Maisfeld zurück, fast einen Kilometer weit, in seiner Unterhose im Mondschein. Wir kehrten ins Haus zurück, und er legte sich schlafen. Alles war ein grässliches Durcheinander: ganz Denver, die Freundin, die Autos, die Kinder, die arme Frankie, das mit Bier und Bierdosen verwüstete Wohnzimmer – und ich versuchte zu schlafen. Eine Grille hinderte mich am Einschlafen. Bei Nacht sind die Sterne in dieser Gegend des Westens, wie ich schon in Wyoming gesehen hatte, groß wie Leuchtkugeln und so einsam wie der Dharma-Prinz, der den heiligen Hain seiner Ahnen verloren hat und nun zwischen den Deichseln des Großen Wagens durch die Sphären irrt, um ihn wiederzufinden. So kreisten sie langsam durch die Nacht, und lange bevor die Sonne wirklich aufging, zog fern über dem dunklen öden Land im Westen von Kansas das mächtige rote Licht auf, und über Denver fingen die Vögel an zu singen.

acht
    Am Morgen war uns nur noch schlecht. Als Erstes ging Dean auf das Maisfeld hinaus, um zu sehen, ob der Wagen uns noch Richtung Osten tragen würde. Ich war dagegen, aber er ging trotzdem. Bleich vor Schreck kam er wieder. «Mann, das ist ein Polizeiwagen, und jedes Revier in der Stadt kennt meine Fingerabdrücke, seit damals, als ich fünfhundert Autos in einem Jahr geknackt hab. Du siehst ja, was ich damit mache, ich will nur rumfahren, Mann! Hör zu, wir landen noch im Gefängnis, wenn wir nicht augenblicklich von hier verschwinden.»
    «Verdammt recht hast du», sagte ich, und mit fliegenden Händen packten wir unsere Sachen. Mit flatterndem Schlips und baumelnden Hemdenzipfeln nahmen wir Abschied von unserer lieben kleinen Familie und stolperten los, auf die schützende Straße zu, wo niemand uns kannte. Die kleine Janet weinte, als sie uns oder mich, oder was auch immer verschwinden sah – und Frankie war höflich, und ich küsste sie und entschuldigte mich bei ihr.
    «Wirklich ein irrer Kerl!», sagte sie. «Erinnert mich enorm an meinen durchgebrannten Mann. Genau der gleiche Typ. Ich hoffe nur, dass mein Mickey nicht in die Richtung schlägt, tun sie ja heute alle.»
    Ich sagte goodby zu Little Lucy, die ihren Lieblingskäfer in der Hand hielt, der kleine Jimmy schlief noch. All dies im Zeitraum von Sekunden, an einem lieblichen Sonntagmorgen bei Sonnenaufgang, und schon stolperten wir mit unserem lumpigen Gepäck davon. Wir mussten eilen. Jede Minute konnte ein Streifenwagen um eine Straßenbiegung kommen, der auf der Suche nach uns war.
    «Falls die Frau mit der Schrotflinte dahinterkommt, sind wir geliefert», sagte Dean. «Wir müssen ein Taxi nehmen. Dann sind wir in Sicherheit.» Wir wollten schon die Leute in einem Farmhaus wecken und bitten, bei ihnen kurz telefonieren zu dürfen, aber der Hund verscheuchte uns. Jeden Moment wurde es für uns gefährlicher; ein ländlicher Frühaufsteher konnte das gestrandete Auto im Maisfeld finden. Eine reizende alte Dame ließ uns endlich telefonieren, und wir bestellten ein Taxi aus Denver, aber es kam nicht. Wir trotteten weiter die Straße entlang. Der erste Morgenverkehr begann, jedes Auto sah aus wie ein Streifenwagen. Dann kam plötzlich ein Streifenwagen auf

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