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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Wir hielten südlich der Stadt am Highway an, um etwas zu essen. Der Abend schien noch Millionen Kilometer entfernt, als wir in Richtung Coleman und Brady weiterfuhren, durch das Herz von Texas: Nur Wildnis und Buschland, gelegentlich ein Haus an einem verdurstenden Bach und eine Umleitung von achtzig Kilometern über unbefestigte Straßen und endlose Hitze. «Wir sind noch weit, weit vom schönen alten Mexiko», sagte Dean schläfrig vom Rücksitz, «also lasst die Karre laufen, Jungs, dann werden wir heute Abend noch Señoritas küssen, denn diese alte Kiste rollt ewig, wenn man ihr gut zuredet und sie richtig zu behandeln weiß – nur dass ihr Hinterteil bald abfallen wird, aber macht euch keine Sorgen, bis wir da sind.» Und schon schlief er wieder ein.
    Ich setzte mich ans Steuer und fuhr bis Fredericksburg, und wieder einmal ging es quer über die gute alte Landkarte, durch denselben Ort, wo Marylou und ich 1949 an einem verschneiten Morgen Händchen gehalten hatten – und wo war Marylou jetzt? «Blow!», schrie Dean im Traum, und ich nehme an, er träumte vom Jazz in Frisco und vielleicht vom mexikanischen Mambo, der nun bald kam. Stan redete und redete. Dean hatte ihn am Abend zuvor aufgezogen wie ein Uhrwerk, sodass er kein Ende mehr finden konnte. Er war inzwischen in England angelangt, erzählte von Tramper-Abenteuern auf Britanniens Straßen, von London nach Liverpool mit langem flatterndem Haar und zerfetzter Hose, und von seltsamen englischen Lastwagenfahrern, die ihn ein Stück mitnahmen in der düsteren Leere Europas. Wir alle hatten rote Augen von den ständigen Mistralwinden am Arsch von Texas. Es ging uns schon auf den Geist, aber wir wussten, dass wir vorankamen, wenn auch nur langsam. Das Auto quälte sich zitternd vor Anstrengung mit fünfundsechzig Stundenkilometern dahin. Hinter Fredericksburg ging es hinab in die weiten Hochebenen des Westens. Nachtfalter klatschten gegen unsere Windschutzscheibe. «Jetzt kommen wir ins heiße Land, Leute, ins Land der Wüstenratten und des Tequila. Es ist das erste Mal, dass ich so weit im Süden von Texas bin», fügte Dean staunend hinzu. «Gott verdammt! Und hier kriecht mein alter Herr im Winter unter, der schlaue alte Vagabund.»
    Jetzt fuhren wir in absolut tropischer Hitze am Fuß eines fast zehn Kilometer langen Hügels entlang und sahen vor uns die Lichter von San Antonio. Man merkte es deutlich, all dies war einst mexikanisches Territorium gewesen. Die Häuser am Straßenrand waren anders, die Tankstellen verwahrloster, weniger Straßenlaternen. Dean übernahm begeistert das Steuer, um uns nach San Antonio hineinzufahren. Wir kamen in eine Wildnis von windschiefen Mexikanerhütten, Bretterbuden ohne Keller und mit klapprigen Schaukelstühlen auf der Veranda. Wir hielten an einer irren Tankstelle und ließen den Wagen abschmieren. Mexikaner standen im heißen Licht der Glühbirnen, die schwarz waren von den Sommerinsekten aus der Ebene, langten lässig in einen Eiskasten und holten Bierflaschen raus und warfen dem Tankwart die Münzen rüber. Ganze Familien lungerten so herum. Überall sah man Bretterbuden und schlaffe, welkende Bäume; ein aufregender Zimtgeruch hing in der Luft. Sagenhafte mexikanische Teenager kamen mit jungen Burschen vorbei. «Hooo!», schrie Dean. «Si! Mañana!» Musik tönte von allen Seiten, und alle Arten von Musik. Stan und ich tranken mehrere Flaschen Bier und wurden langsam high. Wir waren schon beinahe raus aus Amerika, und doch noch entschieden drin, und zwar da, wo es am verrücktesten ist. Frisierte Tourenwagen dröhnten vorbei. San Antonio, aaah-ha!
    «Jetzt hört mir mal zu, Leute, wir könnten ebenso gut ein paar Stunden in San Antonio rumhängen, also werden wir erst mal ein Krankenhaus suchen, für Stans schlimmen Arm, und dann werden du und ich, Sal, die Szene checken und uns die Straßen anschauen – sieh mal, die Häuser hier gegenüber, da kannst du direkt ins Wohnzimmer reingucken, wo all die zuckerscharfen Töchter mit ihren True-Love -Heftchenrumliegen, hihi! Komm, fahren wir!»
    Wir fuhren ein Weilchen ziellos umher und fragten Leute nach dem nächsten Krankenhaus. Es war in der Innenstadt, wo alles geschniegelter und amerikanischer wirkte, ein paar halbe Wolkenkratzer, viel Neonreklame und eine Menge Drugstores, aber die Autos, die aus der Dunkelheit am Stadtrand kamen, schmetterten durch die Straßen, als gäbe es keine Verkehrsregeln. Wir parkten den Wagen in der Einfahrt zum Krankenhaus und ich

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