Unterwegs
zog mit Stan los, um einen Arzt zu suchen, während Dean im Auto blieb und sich umzog. Die Eingangshalle der Klinik wimmelte von armen Mexikanerinnen, etliche waren schwanger, andere waren krank oder brachten ihre kleinen kranken Kinder. Es war ein trauriger Anblick. Ich musste an die arme Terry denken und fragte mich, was sie wohl machte. Stan musste eine ganze Stunde warten, bis ein Assistenzarzt kam und sich seinen geschwollenen Arm ansah. Es gab einen Namen für die Infektion, die Stan hatte, aber wir machten uns nicht die Mühe, ihn uns zu merken. Man gab ihm eine Penizillinspritze.
Unterdessen zogen Dean und ich los, um die Straßen im mexikanischen Teil von San Antonio zu checken. Es war ein milder Abend – nie habe ich mildere Luft erlebt – und voller Düfte, dunkel, geheimnisvoll und von Gemurmel erfüllt. Mädchen mit weißen Kopftüchern tauchten unvermittelt aus dem summenden Dunkel auf. Dean schlich dahin und sagte kein Wort. «Oh, das ist zu wunderbar, um etwas zu unternehmen!», flüsterte er. «Schleichen wir einfach weiter und schauen uns alles an. Sieh nur! Sieh! Wahnsinn, eine Billardkneipe in San Antonio.» Wir gingen hinein. Drei Tische, an denen ein Dutzend Jungen spielten, alles Mexikaner. Dean und ich kauften uns eine Coke und warfen Fünf-Cent-Münzen in die Jukebox, ließen Wynonie Blues Harris und Lionel Hampton und Lucky Millinder laufen und hüpften dazu herum. Dean stieß mich an, um mich auf etwas aufmerksam zu machen.
«Sieh mal, nur eben so aus dem Augenwinkel, und lassen wir unterdessen Wynonie von seinem weichen Baby schmalzen und schnuppern wir die so milde Luft, wie du sagst – aber sieh dir den Jungen an, den verkrüppelten Jungen, der an Tisch eins die Kugeln schiebt, er ist die Zielscheibe aller Neckereien in der Kneipe, siehst du, er ist sein Leben lang die Zielscheibe gewesen. Die anderen Typen sind gnadenlos, aber sie lieben ihn.»
Der verkrüppelte Junge war eine Art verwachsener Zwerg mit einem großen und wunderschönen Gesicht, der Kopf viel zu groß, mit riesigen, feucht schimmernden braunen Augen. «Siehst du, Sal, ein mexikanischer Tom Snark in San Antonio, die gleiche Geschichte überall auf der Welt. Schau, wie sie ihm den Billardstock über den Hintern ziehen. Ha-ha-ha! – hörst du, wie sie lachen? Sieh mal, er will das Spiel gewinnen, er spielt eine Viererkombination. Pass auf! Pass auf!» Wir beobachteten, wie der engelhafte Zwergenjunge alle vier in den Taschen versenken wollte. Es misslang. Die anderen grölten. «O Mann», sagte Dean, «und jetzt pass auf.» Sie hatten den Kleinen beim Genick gepackt und stießen ihn spielerisch herum. Er kreischte. Dann schlich er in die Nacht hinaus, nicht ohne vorher einen scheuen, zärtlichen Blick über die Schulter zu werfen. «O Mann, wie gern würde ich den irren kleinen Typ kennenlernen und wissen, was er so denkt und was für Mädchen er hat – o Mann, die Luft hier macht mich ganz besoffen.» Wir schlenderten nach draußen und erforschten ein paar dunkle geheimnisvolle Straßen. Unzählige Häuser, versteckt hinter grünenden, fast dschungelartigen Gärten. Wir sahen Mädchen in Wohnzimmern, Mädchen auf den Veranden, Mädchen mit jungen Männern im Gebüsch. «Ich hab ja nie geahnt, wie irre dieses San Antonio ist! Stell dir vor, wie’s erst in Mexiko sein wird. Gehen wir! Gehen wir!» Wir eilten zurück zum Krankenhaus. Stan war fertig und es ging ihm, wie er sagte, viel besser. Wir legten beide die Arme um ihn und erzählten ihm, was wir erlebt hatten.
Und jetzt waren wir bereit für die letzten zweihundertfünfzig Kilometer bis zur magischen Grenze. Wir sprangen ins Auto und fuhren los. Ich war so erschöpft, dass ich den ganzen Weg über Dilley und Encinal nach Laredo verschlief und erst aufwachte, als der Wagen um zwei Uhr nachts vor einem Imbiss hielt. «Ah», seufzte Dean, «das Ende von Texas, das Ende Amerikas, mehr wissen wir nicht.» Die Hitze war ungeheuerlich; der Schweiß floss in Strömen. Kein nächtlicher Tau, nicht ein Windhauch, nichts außer Millionen Nachtfaltern, die überall gegen die Lampen klatschten, und der widerliche, ranzige Geruch eines aufgeheizten Flusses irgendwo in der Nähe der Nacht – der Rio Grande, der in den kühlen Schluchten der Rocky Mountains entspringt und schließlich Weltentäler aushöhlt, um seine warmen Wasser mit dem Schlamm des Mississippi im weiten Golf zu vermischen.
Laredo war an diesem Morgen eine finstere Stadt. Taxifahrer und rattenhafte
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