Unterwegs
«Morgen werden wir massenhaft Geld verdienen; heute wollen wir uns keine Sorgen machen.» Wir fuhren zurück und sammelten Terry und ihren Bruder und das Kind auf und rollten unter den abendlichen Straßenlaternen nach Fresno. Wir hatten alle einen Bärenhunger. In Fresno holperten wir über die Bahngleise und stürzten uns in die wilden Straßen der Mextown von Fresno. Seltsame Chinesen hingen aus den Fenstern und begafften das Straßentreiben am Sonntagabend; Scharen von Mädchen stolzierten in langen Hosen herum; Mamborhythmen dröhnten aus Musikboxen; Lichtergirlanden waren über Straßen gespannt wie zu Halloween. Wir gingen in ein mexikanisches Restaurant und bestellten Tacos und Bohnenpüree, in Tortillas gerollt; es schmeckte köstlich. Ich zückte meinen letzten Fünf-Dollar-Schein, der zwischen mir und den Gestaden von New Jersey stand, und zahlte für Terry und mich. Jetzt hatte ich noch ganze vier Bucks. Terry und ich sahen uns an.
«Wo werden wir heute Nacht schlafen, Schatz?»
«Ich weiß nicht.»
Rickey war betrunken; er sagte nur noch: «Na bitte, Mann – na bitte, Mann», mit sanfter und müder Stimme. Es war ein langer Tag gewesen. Keiner von uns hatte eine Ahnung, was nun werden sollte oder was der liebe Gott mit uns im Sinn hatte. Der arme kleine Johnny war auf meinem Arm eingeschlafen. Wir fuhren zurück nach Sabinal. Unterwegs bremsten wir mit quietschenden Reifen vor einem Rasthaus am Highway 99. Rickey brauchte noch ein letztes Bier. Hinter dem Rasthaus standen Wohnwagen und Zelte und auch ein paar heruntergekommene Buden, die zu einer Art Motel gehörten. Ich erkundigte mich nach dem Preis, er betrug zwei Dollar. Ich fragte Terry, was sie meinte, und sie fand es gut, weil wir jetzt das Kind hatten und es ihm bequem machen mussten. Nach ein paar Bieren vorn im Saloon, wo mürrische Erntearbeiter zur Musik einer Cowboy-Band herumtorkelten, gingen wir in ein Motelzimmer und wollten uns auf die Matte hauen. Ponzo hing noch draußen herum; er wusste nicht, wo er schlafen sollte. Rickey schlief bei seinem Vater in der Hütte am Weingarten.
«Wo wohnst du, Ponzo?», fragte ich.
«Nirgendwo, Mann. Eigentlich bei Big Rosey, aber sie hat mich rausgeworfen gestern Abend. Muss meinen Laster holen und die Nacht drin schlafen.»
Gitarren klimperten. Terry und ich schauten uns die Sterne an und küssten uns. « Mañana », sagte sie. «Morgen kommt alles in Ordnung, glaubst du nicht, Mann, Sallie-Schatz?»
«Klar, Baby, mañana .» Es hieß immer mañana . In den nächsten Tagen hörte ich nichts als mañana – ein herrliches Wort, das wahrscheinlich Himmel bedeutet.
Der kleine Johnny hüpfte mit Kleidern und allem ins Bett und schlief ein; Sand rieselte aus seinen Schuhen, weißer Sand von Madera. Terry und ich standen mitten in der Nacht auf und wischten den Sand vom Laken. Am andern Morgen stand ich auf, wusch mich und sah mich draußen um. Wir waren acht Kilometer außerhalb von Sabinal, zwischen Baumwollfeldern und Weinbergen. Ich fragte die dicke fette Frau, der dieser Campingplatz gehörte, ob noch Zelte frei wären. Das billigste, für einen Dollar pro Tag, war frei. Ich fischte einen Dollar aus der Tasche und zog ein. Es gab ein Bett, einen Ofen, und an einer Stange hing ein gesprungener Spiegel. Es war wunderbar. Ich musste mich bücken, um einzutreten – und da waren auch schon mein Schatz und der Kleine. Wir mussten warten, bis Rickey und Ponzo mit ihrem Lastwagen kamen. Sie brachten Bierflaschen mit und fingen an, sich im Zelt zu besaufen.
«Was ist mit dem Dung?»
«Zu spät für heute. Morgen, Mann, morgen werden wir massenhaft Geld verdienen; heute lass uns mal ein paar Bier trinken. Willst du auch ein Bier?» Das brauchte man mich nicht zweimal zu fragen. «Na bitte – na bitte!», brüllte Rickey. Mir wurde langsam klar, dass aus unserem Plan, mit dem Dung-Laster Geld zu verdienen, nichts werden würde. Der Lastwagen parkte vor dem Zelt. Er stank wie Ponzo.
An diesem Abend gingen Terry und ich in der milden Nachtluft unter dem taufeuchten Zeltdach ins Bett. Ich war schon beinahe eingeschlafen, da sagte Terry: «Liebst du mich jetzt?»
Ich sagte: «Was ist mit Johnny?»
«Er hat nichts dagegen. Er schläft.» Aber Johnny schlief nicht – und er sagte nichts.
Am nächsten Tag kamen die Jungs mit dem Dung-Laster wieder und fuhren los, um Whisky aufzutreiben; sie kamen zurück und ließen es sich im Zelt gutgehen. Abends meinte Ponzo, es sei zu kalt, und legte sich auf den
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