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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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Routinearbeit machten, die ein plötzlicher Todesfall mit sich bringt. Sie nahmen sich die Jugendlichen in den Klassenräumen nacheinander vor. Ich kannte das Vorgehen. Name. Adresse. Wann sind Sie angekommen, was haben Sie gesehen, kennen Sie jemanden, der etwas ge ­ gen Miss Ferrell hatte?
    Und die Frage, die mich belastete und das Pochen in mei ­ nen Schläfen verursachte, betraf natürlich die unaus ­ weichliche Schlus s folgerung: Wer hasste sowohl Keith An ­ drews und Miss Ferrell?
    Ich setzte mich auf eine der Bänke und beantwortete stumpf Schulz’ Fragen. Wann war ich angekommen? Wer war zu dieser Zeit noch in der Schule? Wer hatte heute mor ­ gen Zutritt zur Küche? In meinem Hinterkopf pochte nach wie vor ein dumpfer Schmerz, aber ich fühlte mich auch er ­ leichtert. Dieser Horror lag nun in den Händen der Poli ­ zei. Sie waren jetzt wohl gerade dabei, in der Küche alles sorgfältig unter die Lupe zu nehmen: Fotos zu schießen, Notizen zu machen, überall schwarzes Graphitpulver zu ver ­ stäuben, um Fingerabdrücke zu nehmen. Julian kam durch eine Tür, ging durch den Raum und ließ sich neben mir auf die Bank fallen. »Achtundneunzig Prozent der Leute, die hier waren, lassen sich ausklammern«, hörte ich Tom Schulz zu einem Kollegen sagen. Julian und ich saßen schweigend da, während die anderen Schüler der Abschlussklasse, die endlich gehen durften, einer nach dem anderen finster an uns vorbeigingen. Ich spürte die Blicke der Schüler auf mir. Ich sah nicht auf. Ich hörte lediglich mein Herz schlagen.
    Als die Eingangshalle wieder leer war, setzte Schulz sich auf die Bank neben Julian und mich. Er sagte, dass Julian und sein Freund Neil heute morgen als erste nach dem grau ­ haarigen Lehrer g e kommen seien, der George Henley hieß. Henley hatte offenbar bei seinem Eintreffen kurz vor acht die Außentüren unverschlossen vorgefunden. Er hatte ei ­ nen Satz Schlüssel von Direktor Perkins bekommen, aller ­ dings angenommen, dass Miss Ferrell, die ihm an diesem Morgen bei den Prüfungsvorbereitungen helfen sollte, »ir ­ gendwo« sei, da ihre Klassentür offen, aber das Licht aus ­ geschaltet war. Nein, er hatte sich über die unverschlosse ­ nen Türen nicht g e wundert, da der Direktor, wie er immer lautstark verkündete, viel von einer »Umgebung des Ver ­ trauens« hielt.
    »Wonach wir suchen«, erklärte Schulz müde, »ist ein möglicher Zusammenhang mit dem Andrews-Mord. Wisst ihr, ob jemand Probleme mit dieser Frau hatte? Jemand, der vielleicht auch Keith nicht mochte?«
    Ich wiederholte, was ich ihm bereits über Egon Schlicht ­ maier und seine angebliche Liebesbeziehung mit Suzanne Ferrell erzählt hatte. Er fragte, ob wir irgendein Gespräch zwischen ihnen b e obachtet hätten – das hatten wir nicht. Oder zwischen ihr und jemand anderem.
    »Es ist in der Schule passiert. Und wegen der Dinge, die hier bereits vorgefallen sind, müssen wir zuerst in der Schule suchen«, beharrte Schulz. »Gibt es sonst noch etwas?«
    Es gab eine ganze Reihe Leute, sagte ich ihm matt, die etwas gegen Miss Ferrell gehabt haben könnten. Wieso, wollte Schulz wissen. Weil sie den Zeugnissen, den Emp ­ fehlungen und der Collegefrage eine so hohe emotionale Bedeutung beimaßen. Sie war schließlich die Studienbera ­ terin. Und vielleicht wusste sie manches. Nach allem, das ich in den letzten Wochen über die Schule erfahren hatte, schien das hier eine wahre Fundgrube für Geheimnisse zu sein.
    »Herrje«, schimpfte Schulz. »Wann hat hier eigentlich je ­ mand Zeit zu lernen? Was ist mit dem Direktor? Gab es da Animos i täten?«
    »Nicht, dass ich wüsste«, sagte ich und wandte mich an Ju ­ lian, der seine Hände geöffnet nach oben streckte und be ­ nommen den Kopf schüttelte.
    »Wir werden mit ihm reden.« Schulz sah mich an. Ich las ihm die Belastung durch diesen zweiten Mordfall innerhalb einer Woche an den geröteten Augen und dem abge ­ spannten Gesicht ab. »Sie ist seit etwa sechs Stunden tot. Unsere Wache kann bestätigen, wann du das Haus verlas ­ sen hast, du stehst also nicht unter Ve r dacht.«
    »Diesmal nicht«, meinte ich trocken. Ich verspürte aller ­ dings keine Erleichterung.
    »Sieht einer von euch sich in der Lage, zu fahren?« fragte Schulz.
    Neil Mansfield mit seinem Käfer voller Aufkleber war längst fort. Julian sagte: »Lass’ mich Goldy in ihrem Lie ­ ferwagen nach Hause bringen.« Sein Gesicht war kreide ­ bleich. »Rufst du uns später an?« fragte

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